Neobooks - Die Zitadelle der Träume
verlieren.«
Sanft strich sie über die Narbe auf seiner Wange und den immer noch sichtbaren Abdruck des Seils an seinem Hals. »Was macht euch Männer eigentlich glauben, dass nur ihr immer für uns kämpfen dürft? Du hast es bestimmt als selbstverständlich hingenommen, dass Rhonan zu Caitlins Rettung eilte, aber wenn sie jetzt dasselbe für ihren Mann tun will, versuchst du, es ihr auszureden, und sprichst von Unvernunft und Dummheit. Ich soll morgen bleiben, weil du Angst um mich hast, aber du wirst natürlich gehen, gleichgültig, welche Angst ich deinetwegen ausstehen müsste. Nein, so geht es nicht, Canon. Du wirst es bei der Schlacht erleben: Nicht wir benötigen euren Schutz, sondern ihr den unseren. Wir können uns gegen Magie wehren, ihr nicht. Nur gemeinsam werden wir siegreich sein können. Du bist Feldherr, und ich bin eine Nebelfrau. Mir wäre es auch lieber, du wärst ein Bauer und ich deine Bäuerin, aber so ist es nun einmal nicht. Ich habe unendlich lange auf dich gewartet. Wenn ich jetzt morgen auch noch eine Schlacht gewinnen muss, um dich endlich für mich zu haben, dann werde ich auch das noch tun. Küss mich noch einmal, Canon! Ich möchte an dich denken, wenn ich gleich einschlafe.« Erwartungsvoll sah sie hoch in sein Gesicht. Er strich ihr zärtlich über den Rücken, sah den Widerschein des Kaminfeuers in ihren Augen und zog die Spangen aus ihrem Knoten. Ihr rehbraunes Haar fiel weit über die Schultern. Seine Finger spielten mit den seidigen Strähnen, und er blickte sie mit unübersehbarem Verlangen an. »Ich hätte da noch einen Vorschlag, wie du ganz sicher an mich denkst, während du in den Schlaf hinübergleitest. Dazu müsstest du mich nur mit auf dein Zimmer nehmen. Meine …«
»Canon! Canon, wo bist du? Ich habe doch eben noch deine Stimme gehört. Weißt du, wo Derea ist?« Morwenas Stimme hallte durch die Hallen.
»Irgendwann erwürge ich ihn«, stöhnte er und sackte leicht zusammen.
Hylia presste sich leise lachend an ihn. »Ich wollte heute ohnehin bei Caitlin schlafen. Die arme Kleine leidet mehr, als sie es sich ansehen lässt. Schließlich muss sie morgen gegen ihre Mutter kämpfen, um ihren Mann zu retten. Schnell, küss mich, bevor …«
Derea hatte Juna endlich in einer dunklen Ecke des Burghofs entdeckt, wo sie versonnen Wasser einer Pferdetränke durch ihre Hände rinnen ließ und mit den Tropfen das Spiegelbild des Mondes auf der Wasseroberfläche kräuselte.
»Könnt Ihr auch keinen Schlaf finden?«
Sie sah hoch und seufzte. »Nach so viel netter und vor allem lauter Unterhaltung benötigte ich noch etwas Ruhe.«
»Hat Euch das Umwerben zahlreicher Flammenreiter etwa nicht gefallen? Ich hatte eher den Eindruck, dass Ihr die Aufmerksamkeit sehr genossen habt.«
»Es war ganz nett, aber irgendwann auch langweilig. Sie sagen mir alle nur immer wieder, wie schön ich bin, aber das weiß ich selbst.« Sie legte die Hand auf den Mund und unterdrückte offensichtlich nur mühsam ein Gähnen.
Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Ihr empfindet wirklich schnell Überdruss, nicht wahr?«
»Ja, sehr schnell!«
»Dann wäre das unendliche Leben, das Ayala anstrebt, wohl nichts für Euch«, vermutete er mit humorvollem Unterton.
»Warum nicht? Mit genügend Abwechslung«, gab sie ernst zurück. »Eigentlich finde ich die Vorstellung, ewig zu leben, sogar unwiderstehlich. Stellt Euch vor, was man alles entdecken könnte, wenn man mehr als ein Menschenalter zur Verfügung hätte. Reizt der Gedanke Euch etwa nicht?«
Seine Antwort kam sehr schnell und bestimmt. »Nein! Allein der Gedanke, dass alle, die ich liebe, dann vor mir sterben würden, verursacht mir eine Gänsehaut. Ich würde mich gar nicht verlieben wollen, wenn ich ganz sicher wüsste, ich müsste meine Liebe unweigerlich irgendwann den Göttern überlassen. Nein, unendliches Leben kann doch nur in Einsamkeit enden, und diesen Gedanken finde ich erschreckend.«
»Ihr seid ein unbelehrbarer Träumer, was die Liebe betrifft, nicht wahr Hauptmann?« Ihre Augen funkelten, und ihre Stimme klang rauchig.
Erst jetzt bemerkte er die Wassertropfen, die auf ihrem Hals und in ihrem Ausschnitt glitzerten, schluckte unwillkürlich und fragte unvermittelt: »Was macht Ihr eigentlich hier, so weit weg von Eurem geliebten Zuhause?«
Sie lachte wegen seiner Gedankensprünge erheitert auf. »Mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern, Heerführer!«
»Liebenswert wie eh und je. Warum wollt Ihr mir nicht
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