Neobooks - Die Zitadelle der Träume
sahen sich an und zuckten die Achseln. Sie hatten mit nichts anderem gerechnet, aber ihre Mutter gab nicht so schnell auf. »Das wahre Übel ist doch die Quelle, Pthameni. Camora bediente sich ihrer Macht, um die abscheulichsten Verbrechen zu begehen. Denkt nur an die grausam gezüchteten Schattenkrieger. Und jetzt wollen es die Nebelpriesterinnen ihm gleichtun. Auch ihnen geht es dabei nur um Macht. Eure Schlacht wird vergebens gewesen sein, Eure Stammesbrüder werden für nichts gestorben sein, wenn Ihr uns jetzt den Rücken kehrt.«
»Es ist nicht verwerflich, nach Macht zu streben. Verwerflich kann nur sein, was man mit ihr anfängt. Camora hat den falschen Weg gewählt. Wir werden sehen, zu welchem Zweck die große Königin Ayala die Macht der Quelle nutzen wird. Erst dann werden wir neu beschließen.«
Morwena fuhr ihr letztes Geschütz auf. »Ihr seid dem gefolgt, der die Eisklinge führt. Wollt Ihr ihn jetzt dem sicheren Tod überantworten?«, fragte sie mit leiser, eindringlicher Stimme, wobei sie keinen Blick von ihm ließ.
»Er hat den Schatten vernichtet und gab sich dann freiwillig in die Hand der Priesterinnen. Jetzt wird geschehen, was seine Bestimmung ist. Es ist nicht an uns, darüber zu entscheiden.«
»Ist das Euer letztes Wort?«
»In dieser Angelegenheit schon!«
Die Königin nickte. »Dann werden morgen erneut viele tapfere Krieger sterben müssen, und Ihr werdet damit leben müssen. Ich wünsche Euch eine gute Nacht.«
Die Stimmung war sehr gedrückt, nachdem der Echsenführer sich verabschiedet hatte und neue Pläne für die Schlacht entworfen werden mussten.
Remo kam irgendwann herein, um zu verkünden, dass das Rind jetzt schon fast verkohlt wäre und alle warten würden.
Caitlin glaubte fast zu träumen, als sie sich wenig später auf dem Burghof umsah. Menschen und Echsenmenschen saßen um ein riesiges Lagerfeuer herum und prosteten sich mit ihren Bechern zu, und wie selbstverständlich saßen Morwena, ihre Söhne und Marga mitten zwischen den Kriegern und redeten, offensichtlich gut gelaunt, mit ihren Nachbarn.
Obwohl sie alle wussten, dass der morgige Tag vielen oder sogar allen von ihnen den Tod bringen konnte, schienen alle lustig und vergnügt zu sein.
Sie schüttelte den Kopf, als sie plötzlich begriff. Nein, es war genau anders herum: Gerade weil sie um die Bedrohung wussten, genossen sie den vielleicht letzten Abend ihres Leben. Caitlins Gedanken wanderten unwillkürlich wieder zu Rhonan. Tief versunken nahm sie ihre Umgebung kaum noch wahr, bis sie plötzlich eine Stimme hinter sich hörte: »Du bist die Frau des Mannes, der die Eisklinge führt, nicht wahr?«
Sie drehte sich erschrocken um, sah in das ausdruckslose Gesicht Pthamenis und nickte.
»Du trägst sein Kind?«
Sie nickte erneut und wunderte sich darüber, dass der Echsenmann das wusste.
»Wirst du die Krieger morgen begleiten?«
»Ja, natürlich!«
»Warum? Strebst auch du nach der Macht dieser Quelle?«
Caitlin sah ihn nachdenklich an und schüttelte dann den Kopf. Ihre Stimme war leise, als sie antwortete: »Nein! Macht bedeutet mir nichts. Ich will nur meinen Mann zurück.«
»Warum?«
Caitlin wollte ihn schon unwirsch darauf hinweisen, dass ihn das nichts anginge, entschied sich aber um und erwiderte: »Weil ich ihn liebe. Ich will mit ihm zusammen unser Kind großziehen.«
Sie blickte in das gefühlsleere Gesicht ihres Gegenübers und fragte leise. »Sind Euch Gefühle wie Liebe und Freundschaft fremd?«
Der Echsenkrieger schüttelte den Kopf. »Nein, das sind sie nicht. Ich kenne deinen Mann. Er wollte nicht mein Freund sein. Weißt du, warum?«
»Nein, ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten. Rhonan schließt nicht schnell Freundschaft. Freundschaft bedeutet für ihn nämlich, immer für den anderen einzustehen. Rhonan ist zur Nebelinsel gekommen, um mich und Hylia zu retten. Er hätte es auch für Gideon, Derea oder Marga getan, weil sie seine Freunde sind. Jederzeit würde er sein Leben aufs Spiel setzen, um einem Freund zu helfen. Daher ist er bei der Auswahl seiner Freunde wählerisch.«
Sie sah ihn jetzt direkt an. »Ich bin froh darüber, dass Ihr nicht sein Freund seid. Ihr verschanzt Euch hinter Beschlüssen. Allein der Gedanke, etwas Gutes zu tun oder auch nur anderen zu helfen, zählt bei Euch nicht. Weder Canon noch Derea, Marga, Hylia oder Königin Morwena dürstet es nach Macht. Sie wollen nur meiner Mutter Einhalt gebieten, die die Macht tatsächlich nur
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