Neobooks - Transalp 5
bekommen wollen. Das ist der Grund. Das habe ich Ihnen doch gesagt.«
»Es gibt noch einen zweiten Grund, Herr Staatssekretär. Und den haben Sie mir verheimlicht. Und das ist auch der Grund, warum die zwei Strenggescheitelten hinter uns her sind.«
»Da bin ich mal gespannt, Herr Plank.«
»Ganz einfach: Sie wollen wissen, wo der Spindler hingeht. Und was er da mit dem Buch tut. Und das wollen die Irren auch wissen. Und jetzt sage ich Ihnen auch, warum ich weitermache. Nicht wegen Ihren lächerlichen Drohungen. Und schon gar nicht wegen den Schmeicheleien. Ich bringe das hier zu Ende, weil ich es auch wissen will.«
»Herr Plank, das ist die richtige Einstellung. Danke, dass Sie auf den professionellen Weg zurückgekehrt sind.«
»So einfach gehts nicht. Noch einmal die Frage: Worum gehts hier?«
»Plank, Plank … na gut. Aber kein Wort an Ihre Kollegin. Ehrenwort?«
Plank schwieg.
»Also: Es gibt Gerüchte – ziemlich zementierte Gerüchte –, dass es ein Vermächtnis Hitlers gibt. Nicht eines der beiden Testamente, die überliefert sind. Sondern ein drittes. Eines, das er nur für seine Getreuen, oder besser: Nachfolger, geschrieben hat. Getreue hatte er am Schluss nicht mehr viele da unten im Bunker.«
»Und das Vermächtnis ist in der Handschrift?«
»Nicht das Vermächtnis selbst. Aber ein Hinweis, wo es zu finden ist. Sie müssen wissen, dass die Nibelungenlied-Handschrift am Ende des Krieges nicht in seiner Münchner Wohnung gefunden wurde. Sondern in der Staatsbibliothek. Nur weiß niemand, wie sie dahin gekommen ist. Der Verfassungsschutz und der BND verfolgen seit Jahrzehnten entsprechende Spuren. Und wir gehen davon aus, dass diejenigen, die an diesem Vermächtnis interessiert sind – sagen wir: aus Traditionsgründen –, das ebenfalls tun. Sie könnten unseren Benno Spindler engagiert oder instrumentalisiert haben. So, jetzt wissen Sie's. Reicht das?«
»Fürs Erste schon. Und das sagen Sie alles in eine unverschlüsselte Telefonleitung hinein?«
»Die, die uns abhören, wissen das sowieso, Plank, keine Sorge.«
»Herr Staatssekretär. Wir sehen uns in München.«
Plank legte auf und saß zusammengesunken auf seinem Stuhl. »Herr Ober, noch einen großen Braunen.«
»Haben wir noch nicht genug Braune um uns rum?«, meinte Gärtner.
»Was kann ich dafür, wenn der Kaffee bei denen so heißt. Du kannst ja noch einen doppelten Espresso bestellen, wenn dir das lieber ist.«
»Kriegst du dich jetzt mal wieder ein mit deiner Scheißlaune, Anselm? Langsam machts mir auch keinen Spaß mehr.«
»Wenn du auch diesen Zettel verlierst. Ich bin ganz sicher, dass deine Lösung zu einfach ist. Herr Ober, haben Sie mal Streichhölzer für uns?«
»Was hast du da gerade mit ihm über Handschrift und verschlüsselte Telefonleitungen besprochen?«, insistierte Gärtner.
»Erzähle ich dir später. Nicht so wichtig. Ministeriumsgewäsch.« Er klatschte in die Hände und richtete den Oberkörper auf. »Mysterium ist mir lieber als Ministerium. Lass uns das mit den Steichhölzern noch einmal anschauen.«
Der Kellner brachte den Kaffee und die Anzünder. Wieder legte Plank vier Hölzer über Kreuz auf den Tisch und starrte so lange stur darauf, bis sein Kaffee kalt war. Stephanie Gärtner wagte nicht, ihn in seiner Konzentration zu stören. Dann schaute er in Richtung des Fensters zum Oberen Stadtplatz. Er riss seine Augen auf und ließ die Pupillen aus den Höhlen nach vorne treten. Er sah aus wie ein Basedow-Kranker auf Valium. Dann streckte er die beiden Arme seitlich vom Körper weg und winkelte die Unterarme nach oben, so dass die Hände rechts und links neben seinem Kopf in Höhe der Augen waren. Er begann, mit den Händen zu wackeln und die Finger zappeln zu lassen.
Die wenigen Gäste des Cafés schauten zu ihm hinüber, als säße dort eine leibhaftige lila Kuh. Der Ober roch an dem Kaffee, den er gerade aus der Maschine ließ. Wohl, um zu prüfen, ob diese nicht plötzlich 80-prozentigen »Stroh Rum« fabrizierte.
»Anselm …«, flüsterte Gärtner schließlich.
Der Angesprochene fing lediglich an, jetzt auch noch sachte mit dem Kopf zu wackeln. Nach einer Minute stellte er die seltsame Tätigkeit ein. Er stand auf, ging im Café auf und ab und schaute dann wieder lange aus dem Fenster. Plötzlich durchzuckte es ihn. Er ging zum Tisch, schaute kurz auf die vier Hölzer, die dort unverändert lagen, nahm das rechte und legte es nach links, so dass eine 4 gebildet wurde. »Das Quadrat
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