Neobooks - Transalp 9
genau diese schleift? Und trifft es zu, dass dieses Gespann an der Zielperson kleben bleibt wie eine Haftmine an einem T34-Panzer? Und Sie verlieren die Spur? Schämen Sie sich überhaupt nicht?«
K. murmelte etwas Unverständliches.
»Ich verspreche Ihnen: Wenn Sie diesen Auftrag nicht zu meiner vollständigen Zufriedenheit lösen, dann wird es nicht nur der letzte für unsere Organisation gewesen sein. Dann war es Ihr letzter überhaupt.«
»Klar.«
»So. Und jetzt bewegen Sie Ihren Arsch auf die Punta-Rocca-Spitze. Da sind die beiden Polizisten. Bleiben Sie an denen dran. Die führen Sie zum Dieb der Erbschrift.«
»Woher …«
»Woher ich das weiß? Sie glauben nicht, dass ich mich auf irgendjemanden verlasse!« Hagen legte auf. Dann sah er hinüber zu seinem großen Flatscreen an der Wand. Das Satellitenbild zeigte einen roten Punkt auf der höchsten Spitze der Marmolata. Er war sehr zufrieden mit sich, dass er dem Trupp aus dem Inngau den Befehl gegeben hatte, an Anselm Planks Rucksack den Transponder anzubringen. Und sie konnten sich glücklich schätzen, dass sie wenigstens das geschafft hatten.
Belluno, 390 Meter, 14.55 Uhr
Die dicke Luft der Täler, das Knattern und der Gestank der Motoren. Spindler sehnte sich nach der reinen Luft und der Stille der Berge zurück. Wäre es nicht viel schöner gewesen, die Tiefe zu Fuß zu gewinnen, statt auf der Hauptstraße in die Stadt zu kommen? Egal, er musste den Mesner aufsuchen und ihn dazu bewegen, ihm den Schlüssel zu überlassen. Der Gifthauch der Mittagshitze machte ihm zu schaffen. In seiner Radfahrerkleidung kam er sich allzu affig vor. Und wie diese Funktionswäsche stank. Da fiel ihm ein, wie sehr er nach einer Woche in den Bergen überhaupt muffeln musste. In einem Geschäft kleidete er sich neu ein. Die Radlermontur, die ihm so gute Dienste geleistet hatte, nahm er mit. Er wollte schon den Mesner aufsuchen, überlegte es sich aber anders. So ungewaschen und unrasiert würde er keinen guten Eindruck machen. Außerdem war Siesta-Zeit, da würde ein älterer Herr, als den er sich den Mesner vorstellte, gewiss ein Verdauungsschläfchen halten.
Die Rezeption des Albergo Dolomiti, zwei Sterne, war nicht besetzt. Spindler ging hinein, und als niemand kam, schnappte er sich einen der Schlüssel, die am Schlüsselbrett hingen. Er ging in Zimmer 14 – es war eines der einfachen, aber dank ihres glänzenden Steinbodens unnachahmlich sauberen italienischen Hotelzimmer. Er zog sich aus und genoss die erste warme Dusche seit München. Handtücher fehlten, wohl, weil keine Gäste erwartet wurden. Nass aus dem Bad herausgekommen, genoss er den warmen Wind, der zum Fenster hereinkam. Er spürte das fast unwiderstehliche Verlangen, sich auf das Bett zu legen und bis morgen früh zu schlafen. Das Fleisch war schwach, sein Wille war stärker. Er wollte auch noch in die Bibliotheca Civica de Belluno. Nicht weil er hoffte, dort entscheidende Informationen für des Rätsels Lösung zu finden. Doch weil er dort seine Ruhe haben würde. Er liebte die Atmosphäre zwischen all den Büchern. Vielleicht käme ihm dort die Inspiration. Er packte seine Sachen, grüßte den wiedererstandenen Portier mit einem sonoren »Salve!«, als wäre er ein Stammgast, und draußen war er. Seine ersten Schritte im gleißenden Nachmittagslicht lenkten ihn zu einer Caffè-Bar. Spindler trat ein und orderte einen Caffè doppio, dann noch einen.
Der Espresso aus der guten Faema war doch etwas ganz anderes als dieses George-Clooney-Gebräu. Nur warm serviert und nicht heiß, damit man es schneller hinunterkippen konnte. Perfekt. Drinnen standen die Einheimischen an der Bar und agierten mit dem üblichen Bravado. Draußen saßen die Touristen, es mussten welche sein, denn Italiener sitzen im Caffè nie.
Und nun in die Bibliothek oder zuerst zum Mesner? Da erst fiel ihm ein, dass heute Sonntag war. Er hatte jedes Kalendergefühl verloren. Die auch sonntags geöffneten Läden Italiens hatten ihn zusätzlich in dem Glauben gewiegt, es sei ein normaler Wochentag.
Wo willst du dann in Ruhe deine Nibelungen studieren? Egal, dann zuerst zum Mesner.
Klagenfurt, 15.15 Uhr
Hagen hatte ein gewaltiges Problem. Eigentlich zwei, nein drei. Erstens war dieser Spindler einfach nicht zu fassen. Quer durch die Alpen entkam er ständig seinen besten Leuten. Zweitens wusste Spindler offenbar mehr als die Bewegung oder die geheime Stabsstelle im Bayerischen Innenministerium.
Hagen hatte darüber hinaus ein ganz
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