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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Finger, aber das schien ihn nur zu amüsieren.
    »Du bist ja eine richtige kleine Wildkatze! Wenn man bedenkt, wie viel Schlaf- und Betäubungsmittel du im Körper hast, ist das eine richtig große Leistung.«
    Er versuchte, sie zu küssen. Angewidert drehte sie ihr Gesicht weg.

84
    Zwischen dem großen Rollladen und der Fensterbank lagen noch Glasscherben. Tanja nutzte die dadurch entstandene Lücke, schob die Spitze ihrer Harke rein und versuchte, den Rollladen hochzuhebeln. Das gelang ihr auch für ein paar Zentimeter. Dann packte Leon zu und rüttelte an den Rollläden, um sie hochzuschieben. Aber oben im Kasten staute etwas. Es knirschte und krachte. Mehr als dreißig, vierzig Zentimeter konnte er die Lamellen nicht zusammenschieben.
    »Halt fest, ich schlüpf durch«, sagte Tanja, doch beim ersten Versuch musste sie erkennen, dass die Splitter noch wie Messerspitzen aufgereiht aus dem Rahmen nach oben standen.
    Sie trat dagegen und brach ein paar Spitzen ab.
    »Vielleicht beeilst du dich mal ein bisschen«, schlug Leon stöhnend vor. »Ich kann das hier nicht ewig halten.«
    Tanja zog ihr Bein zurück und zwängte ihren Oberkörper in den Spalt. Sie warf die Harke in den Raum. Gemeinsam stemmten sie den Rollladen so hoch, dass sie mühelos einsteigen konnten.
    Hinter ihnen krachte das Ding herunter und hing jetzt schräg, so dass von außen Lichtstrahlen hereinfielen und dem Wohnzimmer eine gespenstische Beleuchtung gaben.
    Pit stand in der Ecke bei der Vitrine und kicherte. »Herzlich willkommen.«
    Sein weißes Hemd war voller Blut, und er hielt die alte Schrotflinte seines Opas auf Leon und Tanja gerichtet. Es war ein doppelläufiges Gewehr, und Pit grinste: »Ich bin kein guter Schütze, aber hiermit muss ich auch nicht zielen. Es ist 12/76er Munition, mit einer Streukraft, die ausreicht, um die ganze Schrankwand zu durchlöchern.«
    »Wo ist Johanna?«, fragte Leon.
    »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    »Irrtum. Wir lieben uns, und ich bin gekommen, um sie zu holen.«
    Der Satz Wir lieben uns traf Tanja völlig unvorbereitet, und sie spürte eine Welle von Eifersucht in sich aufsteigen. Erst dadurch merkte sie, dass sie sich in diesen Leon ganz schön verknallt hatte.
    Leon ging auf die Tür zu.
    »Niemand verlässt diesen Raum. Erwähnte ich das nicht bereits? Zumindest verlässt ihn niemand lebend«, fügte Pit grinsend hinzu.
    Tanja wollte es nicht riskieren, sich zu bücken, um die Harke hochzuheben. Aber sie stand jetzt ziemlich günstig. Sie konnte die Zacken mit dem Fuß erreichen.
    Sie trat drauf. Der Holzstiel federte hoch. Sie schnappte ihn und stürzte sich mit einem irren Schrei auf Pit.
    Der riss das Gewehr in ihre Richtung, doch bevor er abdrücken konnte, krachte der Holzstiel auf die Gewehrläufe. Mit seiner verletzten rechten Hand hatte er nicht mehr genug Kraft. Die Schrotflinte fiel auf den Wohnzimmerteppich, ohne dass sich ein Schuss löste.
    Schon holte Tanja zu einem zweiten Schlag aus.
    Leon rannte in den Flur und schrie: »Johanna? Johanna?!«
    Er hörte oben ein Stöhnen und stürmte die Treppe hoch.
    Im Wohnzimmer kämpften jetzt Pit und Tanja um die Harke. Jeder zog an einem Ende. Tanja ging einfach mit der Kraft. Sie gab plötzlich nach; statt weiter zu ziehen, stieß sie den Stiel in Pits Richtung und rammte ihn heftig gegen seine Brust.
    Pit fiel hin, und schon hatte Tanja das Gewehr in der Hand.
    Sie zielte auf Pit. »So, du Schwein. Jetzt rechnen wir ab. Du hast meine Schwester auf dem Gewissen!«
    »Du schießt sowieso nicht«, sagte er, und im gleichen Moment kam ihm der Satz ziemlich blöd vor. Er hatte ihn in einem Film gehört, und jetzt wusste er, wie schlecht dieser Film gewesen war, denn der Satz stimmte nicht.
    Tanja leckte sich über die Lippen. Ihr Mund war trocken, und ihre Stimme krächzte wie die einer sehr alten, heiseren Frau.
    »Irrtum. Ich werde schießen. Und es wird mir eine große Freude sein, dich verrecken zu sehen. Ich verstehe übrigens auch nichts von Gewehren und habe so ein Ding noch nie abgefeuert. Aber ich hörte, man muss gar nicht so genau zielen, weil die Streuweite von diesen Schrotpatronen so groß ist. Klasse, was?«
    Pit hob die Arme wie ein Mensch, der sich ergeben will, gleichzeitig wirkte er aber angriffslustig, als würde er nur auf eine günstige Situation warten. Seine Gesten sagten: Ich ergebe mich , sein Gesicht: Ich mach dich kalt .
    Tanja zielte auf seine Brust.

    Endlich war Leon bei Johanna. Der Anblick raubte ihm fast

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