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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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tadellos abgestrickt ist, kannst du sie mir zeigen. Dann kommt die Belohnung.« Großmama machte ein verheißungsvolles Gesicht.
    Eine Belohnung - eifrig beugte sich der goldene Lockenkopf wieder über die Arbeit. Wieder klapperten die Stricknadeln.
    Jetzt noch drei Maschen, nun bloß noch zwei - wirst du wohl nicht von der Nadel rutschen, du alte Masche - hallo, noch glücklich erwischt - und »Großmuttchen, ich bin fertig!« brüllte Nesthäkchen plötzlich, daß Großmama vor Schreck zusammenfuhr.
    In strahlender Erwartung hielt das Enkelchen ihr sein mühsames Werk hin. Großmama war zufrieden.
    »Für den Anfang ganz nett, Herzchen. Zweimal hast du allerdings nur eine halbe Masche aufgenommen. So, nun stricke die zweite Nadel.«
    »Was, noch eine?« Annemaries rundes Kindergesichtchen wurde lang.
    Sie hatte geglaubt, als Belohnung brauche sie nun überhaupt nicht mehr zu stricken.
    »Ei, bist du der Sache schon überdrüssig?« fragte Großmama. »Schade, ich wollte dir jetzt gerade als Belohnung eine schöne Geschichte erzählen. Aber wenn du ja nicht mehr stricken magst -«
    »Doch, Großmuttchen, ich will; wenn du mir was erzählst, stricke ich bis heute abend, dann ist es kein bißchen langweilig!« Nesthäkchen sprang vor Freude von dem Stühlchen auf. Da sprangen auch gleich ein paar Maschen vor Freude von der Nadel. Aber Großmama wurde nicht ungeduldig, den Schaden immer wieder zu heilen. Bald klapperten aufs neue eifrig die Stricknadeln von Großmama und Enkelchen. Und Großmama erzählte ...
    Als die Geschichte vom goldenen Rehbock zu Ende war, hatte das kleine Mädchen bereits vier Nadeln abgestrickt und keinen einzigen Prudel darin.
    »Noch eine, bitte, Großmuttchen«, bat die Kleine, einen tiefen Atemzug ausstoßend, als Großmama mit »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute«, schloß.
    Die gute Großmama dachte ein Weilchen nach, dann begann sie von neuem. Diesmal war es das schöne Märchen vom Regenbogenprinzesschen.
    Klein-Annemarie wußte kaum noch, daß sie strickte. Sonst hatte sie stets bei jeder Masche ein Gesicht geschnitten, heute aber war sie mit Lust und Liebe dabei. Darum glückte es auch.
    Als die zweite Geschichte zu Ende ging, war Klein-Annemaries Seifenlappen um ein ganzes Stück gewachsen. Da aber machte Großmama eine Pause. Denn man soll nichts übertreiben. Auch den Arbeitseifer nicht.
    Großmama und Nesthäkchen gingen zusammen spazieren und erholten sich dabei von ihren Anstrengungen. Aber am Nachmittag, nachdem die Schokoladenspeise herrlich gemundet, saß Annemarie wieder bei ihrer Arbeit. Vorher aber hatte sie sich von selbst die Händchen gewaschen.
    Eifrig klapperten Nesthäkchens Stricknadeln, galt es doch, die liebe Großmama, die ihr Mittagsschläfchen hielt, durch den heimlichen Fleiß zu überraschen. Es war, als wüßten die Stricknadeln, was Annemarie für eine gute Absicht hatte, denn sie halfen ihr nach Kräften dabei. Keine war widerspenstig, keine ließ eine Masche herunterrutschen, glatt und sauber sah das Strickzeug aus. Die Überraschung glückte über Erwarten gut.
    Als Fräulein Lena abends ihre kleine Annemarie abholte, wollte sie es gar nicht glauben, daß Nesthäkchen, welches in der Schule so prudelte und zu Hause nur mit Tränen zum Stricken zu bringen war, das alles allein gemacht habe.
    »Weißt du, Fräulein, daran sind nur Großmamas schöne Geschichten schuld«, meinte die Kleine, erfreut über das Lob.
    »Nein, Herzchen, nicht Großmamas Märchen, sondern Annemies Lust und Liebe zur Arbeit hat das Wunder zuwege gebracht. Und außerdem, es ist ja ein Wunderknäuel! Stricke nur zu Hause fleißig weiter, wenn das Knäuel aufgearbeitet ist, gibt es am Ende noch eine Überraschung«, sagte Großmama geheimnisvoll beim Abschied.
    Jetzt war Klein-Annemaries Neugierde geweckt. Und da ihr das Stricken nun, wo die erste Schwierigkeit überwunden war, auch anfing, Freude zu machen, saß sie täglich bei ihrem Wunderknäuel. Puppe Gerda war ordentlich eifersüchtig auf das alte, weiße Ding, für das ihre kleine Mama jetzt mehr Interesse hatte als für sie und ihre Schwestern.
    Wie aber erstaunte die Puppe, als das Wunderknäuel zu Ende gearbeitet war und ein kleiner, goldener Ring mit blauem Stein als Belohnung zum Vorschein kam.
    Der schmückte von nun an die fleißigen Fingerchen von Nesthäkchen.

Die erste Zensur
     
    Die wenigen Wochen bis zu den Oktoberferien vergingen im Nu. Bei Doktor Brauns im Hause herrschte große

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