Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
da war's wunder-wunderschön!«
    Die kleinen Mädchen ringsum, die noch eben mitleidige Gesichter gemacht hatten, weil Ilse Hermann hatte in Berlin bleiben müssen, hörten jetzt voll Interesse zu. Ja, wenn die Ilse bei ihrer Großmama gewohnt hatte, da mußte es wunderschön gewesen sein. Manch eine hätte das auch lieber getan und auf ihre Reise verzichtet.
    »Also, wie habt ihr denn nun bei der Großmama die Ferien verlebt?« erkundigte sich Fräulein Hering.
    »Morgens früh durften wir Großmama im Haushalt helfen, das hat uns sehr viel Spaß gemacht. Denn Großmamas Anne sollte doch nicht zuviel Arbeit durch uns haben. Jedes Kind hatte seine bestimmten Pflichten. Ich mußte den Kaffeetisch abräumen, die Krümelchen abkehren und sie den Vögeln auf das Fenstersims schütten. Und die Blumen hatte ich ganz allein zu pflegen. Auch beim Gemüseputzen und Obstverlesen durften wir helfen, bis Großmama gar nichts mehr zu tun hatte. Dann sagte sie: »So, nun spielen wir Fremde in Berlin. Was wollen wir heute vormittag besichtigen?' Einen Tag durfte meine Schwester Lisbeth einen Vorschlag machen und am anderen ich. Großmama ging mit uns ins Museum und in die Kunstausstellung. Im Aquarium waren wir und auch im Panoptikum.
    Aber das Allerfeinste war, wie Großmama mit uns nach Potsdam fuhr und uns dort die Schlösser zeigte. Ach, war das herrlich. Und am Nachmittag haben wir immer einen Spaziergang oder eine Landpartie unternommen.«
    Als das kleine Mädchen schwieg, fanden alle Kinder, daß Ilse Hermann die hübschesten Ferien verlebt hatte, trotzdem sie gar nicht verreist war.
    Die Schulglocke machte der hübschen Stunde leider ein Ende.
    »So, nun werden wir, nachdem wir uns frische Kräfte in den Ferien geholt haben, wieder mit Lust und Eifer unsere Pflicht tun und lernen, ja, wollt ihr das?« fragte Fräulein Hering ihre kleine Schar.
    »Ja, ja!« rief es allenthalben.
    Es wurde jetzt fleißig in der Klasse gearbeitet. Die kleinen und die großen Buchstaben waren den Kindern bereits sämtlich vorgestellt. Und wenn sich auch mal eins der Kleinen in der Benennung dieser Herrschaften irrte, im Großen und Ganzen konnte Fräulein Hering mit den Leistungen ihrer Klasse zufrieden sein.
    Die Fibel war fast durchgearbeitet, denn jedes Kind wollte doch gern das Ziel erreichen, das die Lehrerin den Kleinen als Ansporn gesetzt: Die Weihnachtsbücher sollten sie schon dieses Jahr allein lesen können!
    Mit dem richtigen Schreiben haperte es allerdings noch ziemlich. Bei den Diktatheften konnte Fräulein Hering nicht mit roter Tinte sparen. Da gab es reichlich Fehler anzustreichen, denn so leicht wie im Anfang war jetzt das Diktat nicht mehr. Es war gut, daß die Himbeermizi in Johannisbad nicht viel weiter in der Rechtschreibung war als Annemarie. Sonst hätte sich Nesthäkchen vor ihr schämen müssen. Der Brief, den sie ihr bald darauf schrieb, war ja herzensgut gemeint, aber er wimmelte von Fehlern.
    Trotzdem war die kleine Mizi glückselig, als sie folgendes Schreiben erhielt, denn es war ja das erste Mal in ihrem Leben, daß sie überhaupt einen Brief bekam.
    »Libe Mizi«, buchstabierte sie mühsam, »Ich Sente dir vile griesse. hir ist es nicht so hibsch wie in johahnisbat. Besuche Mich balt und Bringe deine kazen mitt. meine Gerta lest dich grießen. Griesse auch biete alle mehrgänzchen.
    deine freundin Annemie.«
    Nesthäkchen war ungeheuer stolz, als sie ihren ersten Brief auf dem kleinen rosa Bogen, der das Bild eines niedlichen Kätzchens trug, mit großer Mühe niedergeschrieben hatte.
    Aber als Fräulein Lena das Schreiben zu sehen bekam, war sie lange nicht so begeistert davon wie Annemarie selbst. Ja, sie wollte nicht erlauben, daß Nesthäkchen es abschickte, weil sie sich vor Mizi schämte, daß so viele Fehler darin waren. Erst Mutti, zu der das Töchterchen seine Zuflucht nahm, bewirkte mit ihrer Fürsprache die Absendung des wichtigen Schriftstückes. Freilich meinte sie, der Brief würde wohl doppeltes Porto kosten, weil all die Fehler gar zu schwer ins Gewicht fielen.
    Aber in der Rechenstunde war Annemarie Braun die Allerbeste. Keine rechnete so flott wie sie. Das Einmaleins bis zur Zehn saß fest in dem kleinen Lockenkopf. Dies hatte sie Bruder Hans zu verdanken, der sie täglich examinierte und ihr zur Belohnung für zehn richtige Antworten stets etwas aussetzte: ein buntes Löschblatt, eine neue Stahlfeder oder gar ein altes Notizbuch. Ihren ersten Platz hatte Annemarie daher noch inne.
    Denn die

Weitere Kostenlose Bücher