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Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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biß es mit Riesenappetit in das leckere Brot, das Hanne inzwischen für »ihr Kind« bereitet hatte. Denn Annemarie war, obgleich sie nun schon zehn Jahre alt wurde, als Nesthäkchen noch immer der Liebling vom ganzen Haus.
    Nanu -und der, welcher sein Herzblatt am meisten vergötterte, der Vater, wollte heute gar nichts von ihr wissen?
    »Drei Schritte vom Leibe, Lotte - potztausend, ich sage dir doch, du sollst nicht an mich herankommen!« so rief er ihr aufgebracht zu.
    Annemarie, die dem aus der Praxis heimkehrenden Vater wie immer an den Hals geflogen war, machte ein bestürztes Gesicht. Warum war denn Vater so ärgerlich auf sie? Das Töchterchen schob beleidigt die Unterlippe vor. Vater aber ging in sein Zimmer und kleidete sich um. Bei Tisch war das Plappermäulchen so einsilbig, daß es den Brüdern auffiel.
    »Was ausgefressen, Annemie?« fragte Hans, der ältere, mitleidig.
    »I wo!« Annemarie sah unsicher zum Vater hin. Sie wußte wirklich nicht, was sie verbrochen haben sollte.
    Nach der Mahlzeit packte Vater sein Nesthäkchen bei den Rattenschwänzchen.
    »Du mußt dir das nicht so zu Herzen nehmen, meine Lotte, daß ich dich vorhin angefahren habe. Ich kam von Scharlachkindern, da hatte ich Angst, daß du dich anstecken könntest, wenn du so dicht an mich herankommst.«
    Seine Lotte lachte bereits wieder über das ganze Gesicht. Wenn Vater nicht ärgerlich auf sie war, ach, dann war ja alles gut! Dann ließ sie sich sogar gern ein bisschen von ihm anfahren.
    »Ach, Vatchen«, beruhigte sie ihn zärtlich, »du brauchst keine Angst zu haben. Ich bekomm bestimmt nicht Scharlach.«

In Vaters Klinik
     
    Eine Woche war es nur noch bis zu den Osterzensuren. Man sprach jetzt in der Schule eigentlich von nichts anderem mehr. Höchstens in der Klasse von Fräulein Hering. Da war der bevorstehende Geburtstag von Annemarie, und wen sie wohl einladen würde, beinahe ebenso wichtig wie die Versetzung. Denn Annemarie war allgemein beliebt in der Klasse.
    Aber die Kindergesellschaft durfte nur stattfinden, wenn Annemarie »lobenswert« im Betragen bekam. Annemarie hoffte, daß Fräulein Neudorf den Radau neulich vor der Rechenstunde vergessen haben würde -und mit ihr hofften es all ihre Freundinnen.
    Überhaupt irgendwelche Sorgen pflegte sich der lustige Wildfang nie lange zu machen. Wie kam es dann nur, daß Annemarie jetzt gar nicht so ausgelassen sein konnte wie sonst? Daß sie unlustig zur Arbeit wie zum Spielen war, daß sie sich sogar mit dem Lieblingsbruder Hans nicht vertrug und losheulte, wenn man sie bloß schief ansah? Gerade ihr liebenswürdiges Wesen gewann ihr doch sonst alle Herzen. Auch mit Freundin Margot hätte es sicherlich Streit gegeben, wenn diese nicht solch ein sanftes Kind gewesen wäre.
    Nicht einmal die Handarbeitsstunde, in der Puppenkleider genäht wurden, und auf die sie sich so gefreut hatte, machte ihr Spaß. Ihre Negerpuppe Lolo, die sie zur Schule begleitet hatte, grinste aber schon vor Freude über das neue Sonntagskleidchen, das sie bekommen sollte. Es war ein drolliges Bild, wie die fünfzig kleinen Schulmädel voll Eifer ihren Puppenkindern nach Fräulein Herings Angaben Maß nahmen. Jeder Schülerin sah man die Freude an der hübschen Beschäftigung an. Nur Annemaries Gesicht schaute unlustig drein. Anstatt die Schulterbreite von Lolo zu messen, stützte sie ihren Blondkopf in die Hand. Wie der brannte und schmerzte! Und die Augenlider waren ihr so schwer, daß sie sie am liebsten geschlossen hätte. Aber nein, sie wollte doch ihre Lieblingslehrerin nicht ärgern. Mit Anstrengung riß die Kleine die drückenden Blauaugen wieder auf.
    Nanu, was fiel denn ihrer Puppe Lolo ein? Die streckte ihr ja ganz weit die rote Zunge heraus. Ja, war das denn überhaupt noch die Lolo? War denn das nicht der große braune Affe, den sie neulich im Zoologischen Garten gesehen hatte? Jetzt fletschte er sogar noch die Zähne und -ein lauter Aufschrei gellte von Annemaries Lippen durch die Klasse.
    Die neben ihr sitzende Margot packte die Freundin erschreckt beim Arm - wie konnte die Annemarie nur so ungezogen sein und mitten in der Stunde losschreien!
    Aller Augen wandten sich halb lachend, halb erstaunt der Ersten zu - was die Annemarie Braun doch auch immer für Ulk machte!
    Fräulein Hering aber trat kopfschüttelnd zur ersten Bank.
    »Annemarie, ist dir was?« fragte sie.
    »Nein - ich weiß nicht -mein Kopf tut so doll weh - und - und ich graule mich so vor meiner Puppe.« Annemarie begann

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