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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Kaum eine Grundregel des Lebens ist einfacher: Wer zudreht und verliert, lässt den Gegner zwei Punkte schreiben. Zumindest zwei. Denn, und das ist nicht minder einfach: Hat der Gegner vor dem Zudrehen keinen Stich, so gehen drei bei ihm, wie landläufig gesagt wird. Er schreibt drei Punkte. Einfach, oder?
    Soweit beherrscht auch Herr Ludwig, der keinesfalls Herr Ludwig gerufen werden will, die Grundregeln des Lebens. Des Schnapserlebens, um präzise zu sein. Herr Ludwig, der, wie wir nun bereits wissen, keinesfalls Herr Ludwig gerufen werden will, hatte sich auch an diesem verhängnisvollen Frühlingsdonnerstagabend des Jahres achtundneunzig beim Meinhart droben in Wenisbuch eingefunden. (Menschen, die sich donnerstags den Grundregeln des Lebens verschreiben, kennen im Norden von Graz keine bessere Gaststätte als den Meinhart droben in Wenisbuch, aber das nur nebenbei.) Alles schien wie immer und auf Gegenseitigkeit bedacht – das wolfsäugige Funkeln in den Augen der Kontrahenten, kleine Blitze, die das rauchgeschwängerte Dickicht durchdrangen wie ein Nebellicht die trübe See; dazu das übliche Dozieren; dazu die üblichen Belehrungen; dazu der übliche Unflat. Und doch hing ein unheilvoller Schatten über Herrn Ludwig, der keinesfalls Herr Ludwig gerufen werden will. An diesem Donnerstagabend widerfuhr ihm, was ihm in keiner der zahllosen Amtsstuben, die er in all den Jahren seit Eintreten in den Polizeidienst durchwandert hatte, je widerfahren war: Herr Ludwig konnte ein Bummerl nicht zu Ende spielen. i
    Keine große Sache, ließe sich jetzt und hier sagen. Unbedeutend. Mag sein. Nicht jedoch für einen wie Herrn Ludwig, der keinesfalls. . ., aber das hatten wir ja schon, und auch nicht unter diesen Umständen. Sie müssen wissen: Gezählt wird von Sieben abwärts der Null entgegen. Das ist Standard, von Scheibbs bis Palermo. Herr Ludwig für seinen Teil zählt durchwegs von Null aufwärts der Sieben zu. Auch daran haben sich schon immer die Geister geschieden. Von der korrekten, weil einzig wahrhaften Zählwarte aus besehen, stand Herr Ludwig also auf drei und war (einer mehr als nur glücklichen Blattfügung zufolge) einen Punkt voran, als das Schicksalhafte im Klingelton meines Handys, wenn Sie so wollen, akustische Gestalt annahm. Später, womöglich tags darauf, womöglich auch erst nach Wochen oder Jahren, sollte er glauben zu verstehen, was sich zugetragen hatte an diesem Donnerstagabend, nach dem nichts mehr war, wie es war.
    Herr Ludwig hatte soeben das kompakte Päckchen in zwei gleich starke geteilt, die Karten im Zangengriff schräg zueinander gehalten, nach unten zum Bogen gespannt, die oberen Schmalseiten blitzschnell über die Daumenkuppen rasseln und ineinander gleiten lassen. Pfrrrrt. Beim richtigen Mischen fange es an, Leimböck, hatte er noch gesagt, da werde einer wie ich bereits das erste Mal aufgemischt, dazu das gleichfalls übliche Geplänkel des Abhebens vom Kartenpäckchen mit Weisheiten allerlei. (Hebst seicht, gwinnst leicht, hebst schwaa, gwinnst aa, et cetera) Er hatte gerade noch ausgegeben, drei Karten für mich, drei für ihn, eine aufgedeckt auf den Tisch, Schell-Bube, Verliererkarte, hatte Herr Ludwig gerufen, typisch für einen wie dich, Leimböck, dann wieder zwei für mich und zwei für ihn, automatisierte Routine, und so nebenher ein wahres Scheißblatt.
    So gesehen kam er also mehr als gelegen, dieser Anruf. Wb ich denn schon wieder sei, doch nicht etwa beim Meinhart, oder doch?, doch nicht etwa mit dem Kollegen beim Meinhart, oder doch? Ich nickte, als hätte ich geahnt, dass es zur Bildtelefonie nicht mehr weit war. Hallo, Leimböck, WO SIND SIE!? Doch, doch. Also beim Meinhart? Ja, ja. Mit ihm? Wem? Dem Kollegen? Ja, ja. Der Hut brenne, eine Sache von allerhöchster Brisanz, ich solle alles liegen und stehen lassen. Wir sitzen. Dann eben sitzen, Leimböck, Bier, Schnaps, Karten, alles liegen lassen. Die Karten liegen, Bier und Schnaps stehen, der Kollege sitzt. Also gut, Leimböck, Karten liegen, Getränke stehen und ihn sitzen lassen, und sofort abbrechen, das Spiel, den Kontakt und überhaupt, alles Weitere folge nach meiner Ankunft in der Polizeidirektion, ja, im Paulustor, die binnen zwanzig Minuten zu erfolgen habe, folgen und erfolgen, haha, sei das nicht doppelbödig?
    Doppelbödig ist auch die Moral, wenn die Stimme verleugnet, was das Auge verrät. Was denn sei, fragte Herr Ludwig. Nichts weiter, Herr Ludwig, ich müsse nur noch mal rein ins Paulustor.

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