Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim

Titel: Nesthäkchen 03 - Nesthäkchen im Kinderheim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
gutwillig durch, sie kamen ganz nach vorn.
    Vor Tante Lenchen aber und den beiden kleinen Mädchen an ihrer Seite schloß sich die Menschenmenge wieder, sie wurden von Frau Clarsen getrennt.
    Wenn sie bloß alle mitkamen!
    Wunderschön stieg die Morgensonne aus den östlichen Meeresfluten. Aber keiner hatte heute Augen für dieses herrliche Schauspiel. Alles spähte nur nach dem Schiff aus, das bereits in Sicht war.
    »Tante Lenchen, sehen Sie bloß, da kommt die Inselbahn noch mit tausend Menschen an, wie sollen die alle auf das Schiff hinaufgehen!« rief Annemarie ängstlich.
    »Aber wenn wir mit der ,Königin Luise‘ fahren, dann holt mich bestimmt mein Freund, der Matrose Willem.« Das Schiff legte an, es war nicht die »Königin Luise«. Die Menschenmassen drängten nach vorn. Jeder sah, daß das Schiff kaum die Hälfte fassen konnte, und keiner wollte zurückbleiben.
    Klein-Annekathrein fing an zu weinen, sie wurde fast zerquetscht. Tante Lenchen nahm das Kind auf den Arm.
    »Bleib dicht an meiner Seite, Annemarie«, rief sie.
    Ja, das war leichter gesagt als getan.
    In wahnsinniger Aufregung stürmte die Menschenmenge zum Schiff. Annemarie wurde von Tante Lenchens Seite gerissen und rückwärts aus der Landungsbrücke herausgedrängt.
    »Ich fall' ins Wasser - ich falle ja ins Wasser!« Nesthäkchen schrie wie am Spieß.
    »Aber seien Sie doch vernünftig, meine Herrschaften, Sie können doch das Kind nicht ins Meer stoßen«, rief ein Herr empört.
    Nein, Annemarie fiel nicht ins Wasser, aber jemand anders lag plötzlich in den Meeresfluten - Puppe Gerda. Die war Annemarie bei dem furchtbaren Gedränge aus dem Arm gerissen worden.
    »Meine Puppe - meine Gerda…« Nesthäkchen brüllte noch viel lauter. Doch wer kümmerte sich in diesen Augenblicken, wo jeder nur an sich selbst dachte, um eine ins Meer gefallene Puppe?
    Annemarie aber faßten plötzlich starke Arme. Vadder Hinrich hob die schreiende Annemarie in die Höhe und bahnte sich mit ihr durch all die Drängenden hindurch einen Weg zum Schiff.
    Gott sei Dank - sie waren oben. Neben Frau Clarsen und Tante Lenchen stand sie unter einer Unmenge von rufenden Menschen, Tausenden von Gepäckstücken.
    Vadder Hinrich und Modder Antje reichten das Handgepäck der Frau Clarsen hinauf und winkten dem in See stechenden Schiff die letzten Grüße nach. Die Landungsbrücke war noch immer schwarz von Zurückgebliebenen. Wie mochten die heimbefördert werden?
    Mit feuchten Augen sah die weißhaarige Frau den Strand mehr und mehr entschwinden. Nesthäkchen aber weinte bitterlich um ihre ertrunkene Gerda.
    Würde der Quallenkönig die arme Gerda holen?

Nesthäkchens Heimkehr
     
    Es war eine wunderbare Seefahrt im rosigen Morgenlicht. Aber trotzdem atmete jeder auf, als endlich das Festland erreicht war. Die Mole herab zur Kleinbahn, die von Dagebüll nach Niebüll führte, ging es in rasender Hetze. Diesmal hatte Tante Lenchen Kurt auf dem Arm. Nur zwei elektrische Wagen standen für die große Menschenmenge zur Weiterbeförderung zur Verfügung. Aber unsere Reisenden hatten Glück - sie kamen alle mit.
    »So - nun sind wir geborgen«, sagte Tante Lenchen mit erhitztem Gesicht, tief aufatmend. »Von Niebüll an haben wir Eisenbahn, da wird das Mitkommen leichter sein.«
    »Dort werden wir erst mal Kaffee trinken, es ist gleich neun, und wir sind noch alle nüchtern«, ließ Frau Clarsen sich hören. »Wir haben genügend Zeit dazu.«
    Auch die Kinder hatten vor Angst und Aufregung bisher nichts essen mögen. Bei Annemarie kam noch die Trauer um die ertrunkene Gerda dazu.
    Auf der Station in Niebüll bestellten die Damen Kaffee und Kakao. Die Kinder zogen ihre Brote aus den Taschen, und man wollte es sich eben schmecken lassen, da - fuhr ein Zug ein.
    »Wir müssen unser Frühstück im Stich lassen und den Zug nehmen, es ist unbestimmt, ob der Nachzug noch geht«, damit scheuchte Tante Lenchen, die sich bei einem Beamten erkundigt hatte, ihre Gesellschaft wieder in die Höhe.
    Derselbe Andrang wie am Schiff, die Abteile überfüllt. Nesthäkchen verlor Tante Lenchen und Frau Clarsen in dem Gedränge. Gleich sollte der Zug abgehen.
    »Tante Lenchen - Tante Lenchen« - das kleine Mädchen irrte unter den vielen nach Platz Suchenden laut heulend hin und her.
    Da griffen wieder ein Paar rettende Arme nach Nesthäkchen, diesmal gehörten sie einem freundlichen alten Herrn.
    »So ein Kleines kann hier schon mit rein - weine nicht, Kindchen, in Hamburg findest du deine

Weitere Kostenlose Bücher