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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Benehmen am besten zeigt, wie kindisch es noch ist und daß man es noch nicht ernst nehmen kann«, wandte sich jetzt auch die Mutter gegen das impulsive Töchterchen. »Geh auf dein Zimmer und komm dort erst mal zur Besinnung, wie man mit seinen Eltern spricht. Alles Weitere wird sich später finden.«
    »Das Weitere wird halt sein, daß ich ein Machtwort spreche, daß du zum Ersten als Banklehrling in die Dresdner Bank eintrittst. Ich habe schon mit meinem Bekannten, dem Bankdirektor Hildebrandt, alles Notwendige beredet. Solche gute Chancen hat nicht jedes Mädel. Zur Opernsängerin kriegst meine Einwilligung nimmer - merk dir'!« fügte der Vater nachdrücklich hinzu.
    »Und zur Bank geh' ich nimmer - da kneif ich einfach aus!« schmetterte Ursel ihren Trumpf darauf und zugleich die Tür ins Schloß.
    »So ein Balg! Temperament genug hätte sie fürs Theater -« ließ sich Hansi anerkennend hören.
    Als Hans die Eltern in das Zimmer des Vaters verschwinden sah, verschwand auch er schleunigst. Es eilte ihm durchaus nicht damit, sein Zeugnis vorzuzeigen. Erst mußten die von Ursel aufgewirbelten Wogen abgebraust und die Stimmung wieder eine normale sein. Auch daß die Ursel in ihrer unüberlegten Art seine vorläufig noch nicht offiziellen Zukunftsabsichten hineingemischt hatte, war höchst überflüssig. Alles, was die Gemüter erregen konnte, schob man am besten auf. Annemarie ließ sich heute nicht in ihrem Sessel nieder. Sie setzte sich zu ihrem Mann und streichelte seine bereits leicht angegrauten Schläfen. Ohne daß er was sagte, wußte sie, daß die Unterredung mit seiner Jüngsten ihm stärker nachging, als er zeigen mochte. Eine wunderbare Beruhigung ging von ihren Fingern aus. Rudi griff nach ihnen und zog sie an seine Lippen.
    »Da haben wir nun den Salat, Frauli. Kommt einem das Mädel mit solchen Hirngespinsten. Und hält ihre Eltern ganz gewiß noch für Gott weiß was für Tyrannen, daß wir ihr mit dem notwendigen Nachdruck entgegentreten. Das Mädel haben wir nicht straff genug genommen, das rächt sich halt jetzt.«
    »Wir - Rudi?« Annemaries Gesicht überzog ein eigenes Lächeln. »Wer hat mich denn immer, 'Rabenmutter' genannt, wenn ich mir mal zu sagen erlaubte, daß wir Ursels Eigensinn unbedingt brechen müßten. Gegen die beiden andern warst du viel konsequenter als gegen Ursel -«
    »Nun ja, weil es halt unser Nesthäkchen ist. Und weil sie mich mit deinen lieben Augen anschaut, Annemarie. Sie ist grad' wie du.«
    »Erlaube mal, mein Herr Gemahl, den Eigensinn, den Starrkopf, den hast du ihr vererbt!« widersprach Annemarie heftig. »Eigensinnig bin ich niemals gewesen, auch als Kind nicht. Bloß wütend.« Rudi lachte herzlich.
    »Und jetzt ist mein Weible sanft wie eine Taube geworden, gelt?«
    »Nee, damit wart' ich noch, bis ich mal alt und abgeklärt bin. So rasch geht das nicht, mein Täuberich«, gab sie schlagfertig zurück. Sie hatte es wie meist wieder erreicht, Rudi in heitere Stimmung zu versetzen. Als schlaue Evastochter beschloß sie, diese sogleich für ihr Nesthäkchen auszunutzen und ein gutes Wort für dasselbe einzulegen. »Rudi, ich weiß doch nicht, ob wir der Ursel so scharf entgegentreten und ihre künstlerischen Wünsche gänzlich unterdrücken sollen«, meinte sie sinnend. »Um so mehr wird sie sich nur daran festhalten. Und ich weiß von meinen Mädchenjahren her, daß ich so lange gebohrt habe, bis der Vater schließlich eingewilligt hat, daß ich mit den Freundinnen in Tübingen studieren durfte. Ein Glück, daß ich's durchgesetzt habe, sonst hätte ich meinen alten Brummbären nie zu sehen bekommen.« Sie zauste ihn zärtlich an den Ohren. »Wer kann wissen, ob wir der Ursel nicht ihr Lebensglück unterbinden, wenn wir sie in einen ihren Neigungen nicht entsprechenden Beruf zwingen«, steuerte Annemarie weiter auf ihr Ziel los.
    »Und vielleicht hat sie wirklich das Zeug dazu, eine tüchtige Sängerin zu werden - eine von den Großen.«
    »Eitle Mutter!« schalt der Professor. »Man wird leichter eine tüchtige Bankbeamtin als eine große Sängerin. Wenn halt auch du unvernünftig bist, dann hab' ich freilich einen schweren Stand. Gegen zwei Frauensleut' komm ich nimmer auf.«
    »Nein, Rudi, du weißt es ja, daß ich ganz auf deiner Seite stehe. Nur in der Form nicht. Nicht so kraß, nicht so schroff deine väterliche Autorität ausüben. Dagegen bäumt sich ihr Unverstand auf. Ich möchte dir vorschlagen, Ursel soweit entgegenzukommen, daß du ihr gestattest,

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