Neue Bündnisse
angeschlossen hat oder nicht.«
»Ich wünschte, ich könnte es versprechen, aber das ist unmöglich«, entgegnete er. »Ich erwarte den ersten Angriff auf meine Versorgungsleute spätestens drei Tage nachdem ich mich von Lord Brynes Heer abgesetzt habe. Jeder Herr und jeder Knecht wird glauben, er könnte nachts ein paar Pferde ergattern, mir einen Nadelstich versetzen und sich dann verstekken.«
»Ich rede nicht davon, daß Ihr Euch verteidigen sollt, und das wißt Ihr«, sagte sie fest, »Euer Wort, Talmanes. Sonst werde ich Eure Übereinkunft mit Roedran nicht erlauben.« Die einzige Möglichkeit, sie aufzuhalten, bestand darin, sie zu verraten, aber sie würde keinen Krieg zurücklassen, einen Krieg, den sie begonnen hätte, indem sie Talmanes hierher gebracht hatte.
Er betrachtete sie, als sähe er sie zum ersten Mal, und beugte schließlich den Kopf. Seltsamerweise schien diese Geste formeller als seine vorherige Verbeugung. »Es wird nach Eurem Willen geschehen, Mutter. Sagt mir, seid Ihr sicher, daß Ihr nicht auch ein Ta'veren seid?«
»Ich bin der Amyrlin-Sitz«, erwiderte sie. »Das genügt jedermann.« Sie berührte erneut seinen Arm.
»Das Licht bescheine Euch, Talmanes.« Dieses Mal schloß sein Lächeln beinahe auch seine Augen mit ein.
Obwohl sie flüsterten, war ihr Gespräch unvermeidlich bemerkt worden. Vielleicht auch weil sie flüsterten. Das Mädchen, das die Amyrlin zu sein behauptete, eine Aufrührerin gegen die Weiße Burg, im Gespräch mit dem Anführer zehntausend Drachenverschworener. Hatte sie Talmanes' Plan mit Roedran erschwert oder erleichtert? War ein Krieg in Murandy jetzt weniger wahrscheinlich, oder hatte sie das Gegenteil bewirkt? Siuan und ihr verdammtes Gesetz der Unbeabsichtigten Konsequenzen! Fünfzig Blicke folgten ihr und wurden jäh wieder abgewendet, als sie durch die Menge schritt, sich die Hände an ihrem Becher wärmend. Nun, die meisten wandten sich jäh wieder ab. Die Gesichter der Sitzenden waren ganz alterslose, vorgebliche Gelassenheit, aber Lelaine hätte eine braunäugige Krähe sein können, die einen in seichtem Wasser zappelnden Fisch beobachtete, während Romandas nur unwesentlich dunklere Augen Löcher in Eisen hätten bohren können.
Egwene versuchte, die Sonne draußen im Blick zu behalten, während sie den Pavillon langsam im Halbkreis durchschritt. Die Adligen bedrängten die Sitzenden noch immer, zogen von einer zur anderen, als suchten sie bessere Antworten, und sie nahm allmählich kleine Dinge wahr. Donel blieb auf seinem Weg von Janya zu Moria stehen und verbeugte sich tief vor Aemlyn, die mit einem huldvollen Nicken reagierte. Cian, die sich von Takima abwandte, vollführte einen tiefen Hofknicks vor Pelivar, der mit einer leichten Verbeugung antwortete. Und da waren noch andere, wobei sich stets ein Murandianer vor einem Andoraner verbeugte, der ebenso formell reagierte. Die Andoraner gaben sich alle Mühe, Bryne bis auf das seltsame Stirnrunzeln zu ignorieren, aber unzählige Murandianer suchten ihn auf, einer nach dem anderen und in reichlicher Entfernung von allen übrigen, und nach ihrer Blickrichtung zu urteilen, sprachen sie eindeutig über Pelivar oder Arathelle oder Aemlyn. Vielleicht hatte Talmanes recht gehabt.
Auch vor ihr wurden Hofknickse und Verbeugungen vollführt, obwohl sie nicht so tief gerieten wie jene vor Arathelle und Pelivar und Aemlyn, geschweige denn jene vor den Sitzenden. Ein halbes Dutzend Frauen erzählten ihr, wie dankbar sie wären, daß die Angelegenheit friedlich beigelegt wurde, obwohl tatsächlich fast ebenso viele nichtssagende Äußerungen machten oder unbehaglich die Achseln zuckten, wenn sie die gleiche Empfindung ausdrückte, als seien sie sich nicht sicher, daß wirklich alles friedlich enden würde. Ihre entsprechenden Versicherungen wurden mit einem inbrünstigen »Das Licht gebe es!« oder einem ergebenen »Wenn das Licht es will!« erwidert. Vier nannten sie Mutter, eine ohne anfängliches Zögern, und drei weitere sagten, sie sei recht hübsch, sie habe wunderschöne Augen und eine anmutige Haltung - in dieser Reihenfolge. Es waren vielleicht passende Komplimente für Egwenes Alter, aber nicht für ihre Stellung.
Sie fand zumindest in einer Hinsicht ungetrübtes Vergnügen. Segan wurde nicht als einzige von ihrer Ankündigung bezüglich des Novizinnenbuchs verlockt. Das war eindeutig der Grund, warum die meisten Frauen zuerst mit ihr sprachen. Immerhin mochten sich die anderen Schwestern zwar
Weitere Kostenlose Bücher