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Neue Bündnisse

Neue Bündnisse

Titel: Neue Bündnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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finden, sie - und ihren Rat - von Egwene fernzuhalten.
    Die Kälte außerhalb des Zeltes traf Egwenes Gesicht und drang unter ihren Umhang. Ihr Nachtgewand schützte nicht besser als Halimas. Trotz festen Leders und guten Tuchs fühlten sich ihre Fuße an, als ginge sie barfuß. Ranken frostiger Luft ringelten sich um ihre Ohren, spotteten dem ihre Kapuze säumenden dichten Fell. Sie sehnte sich nach ihrem Bett, und sie mußte alle vorhandene Konzentration aufbringen, die Kälte zu ignorieren. Wolken trieben über den Himmel, und ihre Schatten schwebten über dem schimmerndem Schnee, der den Boden bedeckte, eine weiße Decke, durchbrochen von den dunklen Erhebungen der Zelte und den größeren Umrissen mit Segeltuch bespannter Wagen, die jetzt lange hölzerne Kufen anstatt Räder aufwiesen. Viele der Wagen waren nicht mehr abseits der Zelte abgestellt, sondern dort belassen worden, wo sie entladen worden waren. Niemand brachte es fertig, den Wagenlenkern am Ende des Tages diese besondere Mühe zuzumuten. Nichts außer diesen fahlen, gleitenden Schatten regte sich. Die breiten Rinnen, die als Wege durch das Lager niedergetreten worden waren, lagen verwaist. Es herrschte entschiedene und so tiefe Stille, daß sie fast bedauerte, sie zu brechen.
    »Was ist geschehen?« fragte sie leise und warf einen wachsamen Blick zu dem kleinen Zelt neben ihrem, das sich ihre Dienerinnen Chesa, Meri und Selane teilten. Es war ebenso ruhig und dunkel wie alle anderen. Die Erschöpfung lag so dicht über dem Lager wie der Schnee. »Keine weitere Eröffnung wie die Schwesternschaft, hoffe ich.« Sie schnalzte verärgert mit der Zunge. Sie war durch lange kalte Tage im Sattel und zu wenig tiefen Schlaf ebenfalls erschöpft, sonst hätte sie das nicht gesagt. »Es tut mir leid, Siuan.«
    »Ihr müßt Euch nicht entschuldigen, Mutter.« Siuan sprach ebenfalls leise und sah sich nach Lauschern in den Schatten um. Sie wollten beide nicht dabei beobachtet werden, wie sie über die Schwesternschaft sprachen. »Ich weiß, ich hätte es Euch schon früher sagen sollen, aber es schien nicht wichtig. Ich hätte niemals erwartet, daß diese Mädchen auch nur mit einer von ihnen sprechen. Es gibt zu vieles, was ich Euch berichten möchte. Ich muß versuchen, mich auf das Wichtige zu beschränken.«
    Egwene unterdrückte mühsam ein Seufzen. Das war fast wörtlich die Rechtfertigung, die Siuan schon mehrere Male zuvor gebraucht hatte. Sie wollte damit versuchen, Egwene in wenigen Monaten gewaltsam ihre zwanzig Jahre Erfahrung als Aes Sedai und mehr als zehn davon als Amyrlin einzutrichtern. Egwene fühlte sich manchmal wie eine für den Markt gemästete Gans. »Nun, was ist heute nacht wichtig?«
    »Gareth Bryne wartet in Eurem Arbeitszelt.« Siuan sprach nicht lauter, aber mit einer gewissen Schärfe, wie immer, wenn sie von Lord Bryne sprach. Sie zog sich die Kapuze ihres Umhangs tiefer ins Gesicht und gab einen katzenähnlich fauchenden Laut von sich. »Der Mann kam mit schneetropfender Kleidung herein, scheuchte mich aus dem Bett und ließ mir kaum Zeit, mich anzukleiden, bevor er mich hinter sich auf den Sattel hob. Er sagte kein Wort, er ließ mich nur am Rande des Lagers herunter und trug mir dann auf, Euch zu holen, als wäre ich eine Dienerin!«
    Egwene unterdrückte energisch eine aufsteigende Hoffnung. Es hatte zu viele Enttäuschungen gegeben, und was auch immer Bryne mitten in der Nacht hierher geführt hatte, weitaus wahrscheinlicher war es eine mögliche Katastrophe als das, was sie sich wünschte. Wie weit war es noch bis zur Grenze nach Andor? »Wir sollten uns anhören, was er will.«
    Sie ging auf das Zelt zu, das allgemein als das Arbeitszelt der Amyrlin bezeichnet wurde, ihren Umhang fest um sich geschlossen. Sie zitterte nicht, aber sich nur zu weigern, Hitze und Kalte an sich heranzulassen, vertrieb sie nicht. Man konnte sie bis zu dem Moment ignorieren, bis der Sonnenstich das Gehirn siedete oder Erfrierungen Hände und Füße verfaulen ließen. Sie überlegte, was Siuan gesagt hatte.
    »Ihr habt nicht hier in Eurem eigenen Zelt geschlafen?« fragte sie vorsichtig. Die Beziehung der anderen Frau zu Lord Bryne war auf eigentümliche Art tatsächlich die einer Dienerin, aber Egwene hoffte, daß sich Siuan von ihrem dickköpfigen Stolz nicht dazu verleiten lassen würde, ihn Vorteil daraus ziehen zu lassen. Sie konnte es sich weder von ihm noch von ihr vorstellen, aber vor noch nicht allzu langer Zeit hätte sie sich auch nicht

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