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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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»Wo ist mein Bus«, und dann lief er weg, den Deich hinunter Richtung Stadion. Frank schaute nach dem Demonstranten, der nun mit hängendem, blutendem Kopf auf allen vieren auf dem Asphalt hockte wie ein trauriger Hund. Frank kniete sich neben ihn und fragte, ob alles in Ordnung sei, aber jetzt gerade schwebte über ihnen in nicht allzu großer Höhe ein Hubschrauber und was immer der Mann sagte, war nicht zu verstehen. Weiter drüben, am ausgebrannten Bus, lag der Hauptfeldwebel auf dem Rücken und hatte unter seinen Beinen einen Stahlhelm, was Frank so deutete, daß er wohl einen Schock erlitten hatte oder zumindest der Verdacht darauf bestand. Neben ihm hockte ein Sanitäter und redete auf ihn ein.
    »Warte mal«, sagte Frank zu dem Demonstranten, der immer noch auf allen vieren hockte.
    »Ich muß hier weg«, sagte der Demonstrant. Jetzt erkannte Frank ihn an seiner Stimme und auch an seinem Irokesenhaarschnitt, der ihm vorher gar nicht aufgefallen war: Es war Mike, Wollis Punk-Freund. Mike wischte sich das Blut aus den Augen. »Die buchten mich sonst ein.«
    »Ja, warte mal«, sagte Frank. »Ich will auch weg. Warte noch eben, wir können gleich zusammen gehen.«
    »Wer bist du eigentlich?«
    »Ich bin’s«, sagte Frank und ging neben ihm in die Hocke. »Frank. Frankie. Du weißt schon, der bei Wolli wohnt.«
    »Frankie, was machst du denn hier?«
    »Ich bin hier beruflich«, sagte Frank und lachte bitter. »Lauf mal nicht weg, ich bin gleich wieder da.«
    Frank ging zum Hauptfeldwebel und beugte sich über ihn. »Hauptfeld!« sagte er. »Hören Sie mich?«
    »Ja«, sagte der Hauptfeld. Er sah sehr blaß aus, soweit man das bei dem wenigen Licht erkennen konnte.
    »Ich bin’s, Lehmann. Schön liegenbleiben, Hauptfeld! Ich wollte nur sagen: Ich gehe dann mal!«
    »Was?« sagte der Hauptfeld, während der Sanitäter, der ein ziviler Sanitäter war, Frank verständnislos anblickte.
    »Ich gehe dann mal, Hauptfeld. Ich melde mich ab.«
    »Wo sind die anderen, Lehmann?«
    »Keine Ahnung«, sagte Frank. »Die sind irgendwo anders, die sind alle weggelaufen. Ich gehe jetzt jedenfalls nach Hause.«
    »Das geht doch nicht so einfach, Lehmann!« sagte der Hauptfeld leise.
    »Was soll ich denn sonst machen, Hauptfeld? Mir einen suchen, mit dem ich hier für die Nacht ein Zelt aufbauen kann?«
    »Nein. Egal«, stöhnte der Hauptfeldwebel.
    »Laß den jetzt mal in Ruhe«, sagte der Sanitäter. »Der sollte mal besser nicht reden.«
    »Mach ich«, sagte Frank. »Bis denn dann, Hauptfeld. Gute Besserung!«
    Der Hauptfeld drehte den Kopf zur Seite und übergab sich.
    »Hau schon ab«, sagte der Sanitäter.
    Frank ging zurück zu Mike. Der hatte sich inzwischen aufgerappelt.
    »Wie siehst du denn aus?« sagte Mike.
    »Ich hab doch gesagt: Ich bin beruflich hier«, sagte Frank. »Laß uns mal gehen.« Er schaute sich um. Niemand beachtete sie, aber er hatte ein bißchen die Befürchtung, daß das nicht so bleiben würde. Von weiter vorne sah er Baumann kommen, und er wußte, wo Baumann war, da konnten die anderen nicht weit sein.
    »Schnell«, sagte er. Er fand einen Stahlhelm in der Nähe liegen und gab ihn Mike. »Setz den auf, schnell.«
    »Wieso das denn?«
    »Frag nicht. Und zieh die Lederjacke aus.«
    Frank setzte Mike selbst den Stahlhelm auf und Mike schrie vor Schmerz kurz auf, als der Helm seinen Kopf berührte, aber wenigstens war der Irokesenschnitt jetzt nicht mehr zu sehen. Mike trug Stiefel und Bundeswehrhosen, das war schon mal ganz praktisch, fand Frank. Er öffnete Mikes Lederjacke und half ihm da raus. Mike wehrte sich nicht, er fragte nur: »Was soll das? Was willst du mit meiner Jacke.«
    »Hast du da noch irgendwas drin, was du brauchst?«
    »Nein.«
    »Auch keinen Ausweis oder sowas? Wo dein Name drauf ist oder so?«
    »Nein.«
    Frank durchsuchte die Taschen, fand aber nur eine Schachtel Zigaretten, die er einsteckte. Dann ließ er die Jacke fallen.
    »Dann laß uns mal abhauen«, sagte er.
    »Was macht ihr denn hier?« sagte Baumann, der in diesem Augenblick zu ihnen stieß.
    »Ich muß den mal eben zum Verbinden bringen«, sagte Frank und zeigte auf Mike.
    »Was ist denn das für einer?« sagte Baumann mißtrauisch.
    »Das ist ein Bekannter von mir. Der ist vom Pionierbataillon 8.«
    »Wie sieht der denn aus?«
    »Den hat’s voll erwischt.«
    »Und wo ist der Hauptfeld?«
    »Da drüben.«
    »Soll ich dir helfen?«
    »Nein, geh du mal zum Hauptfeld, ich bringe den mal zu seiner Einheit«, sagte

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