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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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Prolog
     
    D racheneier. Wulstig, knotig, weich; sie lagen in einem warmen, seichten Tümpel, wo Wasser aus einer heißen Quelle am dunklen Gestein des Tunnels herabrann. Dunkel und warm.
    Drachen, eine Art im Niedergang. Einst mächtig, flammend, waren sie jetzt fast ausgestorben, und doch hatte eine kleine Gruppe diese Tunnels gefunden und sich vermehrt. Die Schwingen verkrümmt, die Reflexe abgestumpft, zwängten sie sich steif durch die nasskalten Gänge, von denen die Klippen unter dieser Stadt durchzogen waren – lebten von den Abfällen der Leute über ihnen oder von den kleineren Kloakenwesen, mit denen sie ihr unterirdisches Reich teilten.
    Die methanerzeugenden Bakterien, die einst die Mägen ihrer Vorfahren kolonisiert hatten, so dass sie Feuer speien konnten, waren längst durch Flora heftiger Art ersetzt – besser vereinbar mit Katakomben-Ernährung und Klima; und ihre Paarungsgewohnheiten, einst von den Sternen gesteuert, kannten nun nur noch die Jahreszeit der Höhle.
    Und so: leise, das Scharren von Krallen auf feuchtem Gestein; Schuppen, scharrend an blinder Höhlenwand, Brunst und Brüllen von Drachengeilheit.
    Während in einem warmen, seichten Tümpel, keine zehn Meter entfernt, von der letzten Paarung nur halb bebrütet, noch nichts ahnend von den sich ringelnden Echsen in der Sackgasse dahinter -
    Dracheneier.
    Wulstig, lockend … hinter dem Rand eines schmalen Abgrunds, am Felsgesims über dem Teich, studierte etwas diese Eier.
    Eine Gestalt ohne Form, ohne Bewegung; eine Schwärze in der Dunkelheit – kauernd, auf die Eier starrend, witternd, mit Blick auf die nahen Drachen, die sich umkreisten und paarten. Als die Riesenreptilien ihre Wildheit steigerten, kroch die formlose Gestalt rasch aus dem Versteck, tappte den glitschigen Kanal zum warmen Tümpel hoch, blickte nach links und rechts; verharrte. Ihre Pupillen verengten sich unter einem Schwall schwarzen Lichts aus einem Nebentunnel, der vom ersten Standort aus nicht zu sehen gewesen war. Sie hatte den Umriss einer Katze. Ihr Name war Isis.
    Wachsam beobachtete Isis die wogenden Schatten der Drachen in ihrer Brunst, die sich ineinander und in der endlosen Nacht mit endloser Gier verklammerten. Sie brüllten Donner. In diesem Augenblick fasste Isis das nächstgelegene Ei mit ihrer Vorderpfote, rollte es den steinigen Abhang hinunter, über das Gesims zu ihrer verborgenen Kluft – und riss es mit zwei raschen Rucken auf.
    Sie leckte gierig am gerinnenden Dotter, kaute die wenigen Knorpelteile, die sich gebildet hatten. Eine seltene Köstlichkeit.
    Als sie fertig war, setzte sie sich nieder, leckte ihre Pfoten, zog sie übers Gesicht, wiederholte das viele Male. Darin war sie besonders gründlich.
    Plötzlich, mitten in der Bewegung, erstarrte sie; das Brausen über ihr – das Paaren – hatte aufgehört. Die Drachenmutter war zu hören, wie sie Schritt für Schritt langsam ins Nest zurückschlurfte; das Nest beraubt.
    Völlig lautlos schob Isis sich durch einen Felsspalt, der sie an seinem anderen Ende über ein Gefälle von einem Meter in einen gewundenen Kanal voll schnell dahinschießendem Wasser führte. Geschickt schwamm sie mehrere scharfe Biegungen dahin und paddelte endlich an einem trockenen, kühlen Quertunnel hinaus, wo sie nur so lange sitzen blieb, bis sie sich ein paar Mal geschüttelt hatte; dann trabte sie ruhig ins Dunkel hinein.

     
Kapitel 1
     
    Worin es zu einer ungewohnten
    Wiederbegegnung kommt
     
    D er Junge lief lautlos den Kalksteinpfad entlang, der sich durch den Urwald schlängelte. Er war kaum fünfzehn Jahre alt und hatte doch Muskeln wie ein Tiger. Auch seine Füße waren beschwielt wie Pfoten von Katzen; und seine Augen, die jede Bewegung selbst in diesem dunklen Nebel erfassten; und sein Instinkt. In die Haut an seinem Brustkorb war ein großer Rubin eingenäht, der bei jeder Bewegung seiner Brustmuskeln aufblitzte. Er loderte hell, dieser Tiger von einem Jungen.
    Es war Nacht im Regenwald, dampfig und schwül. Alles war durchtränkt von einem roten Leuchten, erzeugt von den phosphoreszierenden Algen, die den Boden bedeckten und Tümpel und Weiher füllten. Das Laubwerk umgab den Pfad, auf dem der Junge lief, so dicht und eng, dass er sich ducken musste, um sich nicht zu verfangen. Geduckt hätte er sich wohl auch sonst; er hatte etwas Geducktes an sich.
    Schließlich erreichte er den Fluss Alder. Der Alder lief rückwärts. Das heißt, er stürzte weiß schäumend vom Pazifischen Ozean hinab in

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