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Neues Vom Watership Down

Titel: Neues Vom Watership Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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erzählte er dem Kälbchen immer Geschichten über sein Gehege und über die Abenteuer, die er vor seiner jetzigen Suche erlebt hatte. Als er ihm eines Tages von dem Streich erzählte, den er dem Hund Rowsby Wuff gespielt hatte, flog die Goldammer zum Wacholderbusch und sang:
    Der Sommer schwindet schon dahin, El-ahrairah muß jetzt weiterziehn.
    »O kleiner Vogel!« rief El-ahrairah. »Sag nicht, ich soll meine Freunde verlassen. Ich bin hier so glücklich.«
    Doch die Goldammer antwortete nur singend: Der Winter kommt mit Schnee und Eis, was El-ahrairah sehr gut weiß. Er muß noch vor dem Frost hier weichen, um seine Ziele zu erreichen.
    Also teilte El-ahrairah seinen Freunden traurig mit, daß es für ihn nun Zeit wäre, wieder aufzubrechen, um die Dritte Kuh zu finden.
    »Sei vorsichtig, El-ahrairah«, sagte der weiße Stier. »Sei vorsichtig und wachsam, denn nach allem, was ich höre, hat die Dritte Kuh nicht ihresgleichen. Sie lebt am Ende der Welt und kann die ganze Welt mit allem, was sie enthält, verschlingen. Warum willst du dich solch einer fürchterlichen Gefahr aussetzen? Bleib bei uns und sei glücklich.«
    Das war eine große Versuchung für El-ahrairah, und er dachte lange darüber nach, kam aber am Ende zu dem Schluß, daß die Goldammer ihm die Wahrheit gesagt hatte und daß es nun tatsächlich Zeit für ihn sei, die Dritte Kuh zu finden.
    »Dann nimm Weißhorn mit«, sagte die Zweite Kuh. »Er wird dein Gefährte und Beschützer sein und dir Gesellschaft leisten. Ich bitte dich allerdings nur, gut auf ihn aufzupassen. Er ist unserem Herzen sehr nahe. Aber es gibt nichts, was ich nicht für dich tun würde, mein liebes Kaninchen.«
    So brachen die beiden auf, und wie mir berichtet wurde, war das die schlimmste Phase in allen Ausflügen von Elahrairah, denn der Weg führte über Gebirge und durch angsterregende Regionen, die dick mit Eis verkrustet waren. Der Winter war hereingebrochen, und sie litten oft unter Hunger und Kälte. Hätte er sich nicht nachts an Weißhorn schmiegen können, wäre El-ahrairah gewiß erfroren. Selbst der kleine Vogel war gezwungen, sie zu verlassen, denn die Nächte waren kälter, als er es aushalten konnte.
    Es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor, bis der Winter zu Ende ging, aber schließlich kamen Weißhorn und El-ahrairah, dünn wie Wiesel, langsam das Hügelland hinunter und befanden sich im Land der Dritten Kuh.
    Nun ist die Dritte Kuh allerdings selber das Ende der Welt. In diesem Land ist nichts, das nicht Dritte Kuh ist – Hörner und Hufe und Schwanz und Ohren. Sie hätten immer weiter wandern können und hätten sich stets auf dem Körper der Dritten Kuh befunden, denn sie füllte die ganze Welt aus und ist die ganze Welt. Viele Tage lang suchten sie den Kopf der Kuh, und schließlich fanden sie ihn auch – riesige Augenund Nüsternformen und ein gigantisches aufgerissenes Maul, das wie eine Höhle war. Und die Kuh sprach zu ihnen mit der Stimme einer Höhle.
    »Was willst du, El-ahrairah? Was suchst du?«
    »Ich suche meine Jugend«, antwortete El-ahrairah. »Ich habe sie verschlungen«, erwiderte die Dritte Kuh.
    »Ich habe sie verschlungen, wie ich alles verschlinge, was in der Welt ist. Mein Name ist Zeit, und kein Geschöpf entgeht mir.« Und damit gähnte sie und verschluckte den halben Tag.
    In der Stille wandte sich El-ahrairah an Weißhorn, der schaudernd neben ihm stand.
    »Ich werde meine Jugend finden.«
    »Geh nicht, El-ahrairah«, bat ihn Weißhorn. »Sonst bist du verloren, ich weiß es. Bleib bei mir. Gehen wir doch zurück zu meinen lieben Eltern und leben dort auf der grünen Wiese.«
    El-ahrairah sagte nichts mehr. Als die Dritte Kuh das Maul bei einem lauten Schnarcher aufmachte, stürzte er sich hinein und verschwand in der roten Höhle.
    Niemand weiß, was El-ahrairah alles im Herzen und Magen der Dritten Kuh zugestoßen ist, denn es ist nie erzählt worden und wird nie erzählt werden. Es gibt keine Worte, um die greulichen Abenteuer dort unten zu beschreiben, die ihn wie gestaltlose Träume befielen, denn er befand sich mitten in allen Dingen, die vergangen waren, in allem, was die Dritte Kuh in vielen, vielen Jahren verschlungen hatte. Welche Gefahren hat er überstanden? Welche schauderhaften Spottgeburten hat er dort getroffen und in die Irre geführt? Was hat er da zu fressen gefunden? Wir werden es nie erfahren. Er wurde selber zum Traum, zu einem wandernden Bruchstück der Vergangenheit. Und ob er sich überhaupt daran erinnern

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