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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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versuchen stets sicherzustellen, ob es niemand sonst gibt, der die finanzielle Verantwortung für das Kind übernehmen könnte. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir den Steuerzahlern Rechenschaft schuldig sind. In der Tat wird es in dieser Angelegenheit wohl zu einer Anhörung kommen, wieso ein Kind mit einer Familie, die willens und imstande ist, für es zu sorgen, überhaupt erst in die Obhut des Armenhauses gelangen konnte.«
    »Diese Anhörung …«, unterbrach ich ihn, »… diese Anhörung ist Bestandteil einer polizeilichen Ermittlung, welche stattfindet, während wir hier sitzen und uns miteinander unterhalten.«
    Was auch immer die Gentlemen vom Ausschuss wollten – am wichtigsten war ihnen, nicht in polizeiliche Ermittlungen wegen irgendwelcher Straftaten gezogen zu werden.
    Mr. Stoner meldete sich zu Wort, wobei er sich mit Schnupftabak bekleckerte, den er mit einer automatischen Bewegung von seiner Weste streifte. »Wie mein Kollege bereits gesagt hat, wir versuchen uns stets zu vergewissern, ob es Verwandte gibt, die ihren finanziellen Beitrag zur Unterstützung verwaister Kinder zu leisten vermögen. Doch es ist sehr schwierig, diese Leute zum Bezahlen zu bewegen, selbst wenn es uns gelingt, sie ausfindig zu machen. Die Angelegenheit ist für jedermann peinlich. Wenn wir zu viele Fragen stellen …« Er schnaufte und hustete in sein Taschentuch. »Die Babys würden einfach auf unserer Türschwelle ausgesetzt. Das geschieht auch so von Zeit zu Zeit, nicht wahr, Mr. Potter?«
    »Das tut es«, sagte der Kollege Stoners. »Die Aufnahme von derart verlassenen Kindern beschert den Mitgliedern des Ausschusses endlose Scherereien. Sie haben nichts, das imstande wäre, uns weiterzuhelfen: keine Geburtsurkunde, keine Taufurkunde, nichts. Die meisten dieser Kinder sind unehelich geboren. Wenn Namen genannt werden, dann wissen wir mit großer Sicherheit, dass sie mehr oder weniger ausnahmslos falsch sind. Der Beamte, der das Kind angenommen hat, muss eine ganz schnelle Entscheidung treffen. Er kann nicht verantwortlich gemacht werden für einen Fehler – irgendeinen Fehler. Haben Sie eigentlich eine Vorstellung, wie viele Fälle in einem Waisenhaus wie dem von Whitechapel beim Ausschuss vorgetragen werden? Wir versinken in einer Flut von Arbeit, Gentlemen, wir versinken! Wir geben uns die größte Mühe.«
    »Ja, ja!«, räumte Charles Roche ungeduldig ein. »Wir wollen lediglich das Kind finden!«
    Doch Mr. Potter machte immer noch keine Anstalten. »Ich kann unsere sämtlichen Aufzeichnungen nachschlagen«, sagte er. »Wir besitzen vollständige schriftliche Berichte über die mittellosen Armen, die in unsere Obhut gelangen. Das System ist ein Modell an Effizienz. Ich sollte Sie allerdings warnen, dass Neugeborene, die in unsere Fürsorge gelangen, nicht immer überleben, trotz aller möglichen Pflege und Vorsichtsmaßnahmen.«
    Mein Mut sank, und ich bemerkte Konsterniertheit im Gesicht von Charles Roche. Würden wir hier und jetzt herausfinden, dass Lucy Cravens Baby am Ende doch gestorben war?
    Potter erhob sich und ging zur Wand, wo ein Regal mit handschriftlichen Büchern vollgestapelt war, die unter einer Schicht von grauem Puder ruhten. Die Putzfrau mit dem Mopp und dem Eimer betrachtete das Abstauben offensichtlich nicht als zu ihren Pflichten gehörend. »April, hmmm …«, murmelte Potter vor sich hin, indem er mit den Fingern über eine Reihe strich und schließlich einen dicken Band hervorzog. Er brachte ihn zu meinem Tisch und schlug ihn auf, um die Seiten in schmerzhafter Langsamkeit zu durchblättern. Überhaupt schien er fest entschlossen, alles mit dieser Geschwindigkeit zu erledigen, restlos.
    »Ah …« Der Vorderfinger, mit dem er über die Seite gefahren war, kam unvermittelt zur Ruhe. Ich hatte seine Bemühungen in fiebriger Ungeduld verfolgt und war erneut irritiert von dem Dreck, der sich unter seinem Fingernagel gesammelt hatte. »Das besagte Kind scheint als Waise unter Armenrecht zu uns gekommen zu sein und ist bereits Nummer siebenundzwanzig, die wir dieses Jahr aufnehmen. Sie wurde von einem Mann namens Brennan abgegeben, von Beruf umherziehender Rattenfänger. Dieser Mann behauptete, das Kind verlassen im Treppenhaus des Hauses gefunden zu haben, in welchem er logierte. Wir befragten ihn, doch er blieb eisern bei seiner Geschichte. Das fragliche Haus befindet sich in Flynn Court. Da keinerlei andere Identität genannt wurde, legte der Beamte, der sie aufnahm, den

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