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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Kollegen.
    »Und? Schaut das in Ihren Augen etwa nach einem Mord aus?« Danzer gab noch eine Runde Kuchen aus. »Rita kocht nicht besonders gut, aber backen kann sie wie ein Weltmeister.«
    »Der Abschiedsbrief ist vielleicht etwas kurz und unpersönlich, und es wundert mich ein bisschen, dass diese Weigl sich in eine Schlucht gestürzt hat – sie hatte als Krankenschwester doch Zugriff auf Medikamente. Warum hat sie denn nicht einfach eine Überdosis genommen? Das wäre doch viel typischer für eine Frau.« Morell machte sich über das neue Kuchenstück her.
    »Frau Weigl wird schon ihre Gründe gehabt haben. Dem Arzt ist jedenfalls nichts aufgefallen, das auf Fremdverschulden hinweist.«
    Morell wusste, dass unerfahrene Ärzte einen Toten meist nicht sehr genau untersuchten, wenn die Todesursache offensichtlich erschien – zu gut erinnerte er sich an den Fall eines 85 jährigen herzkranken Mannes, dessen Hausarzt im Totenschein einen natürlichen Tod durch Herzversagen eingetragen hatte. Der Bestatter, der den Leichnam waschen wollte, war daher ziemlich überrascht, als er im Rücken mehrere Stichwunden fand … Morell beschloss, nichts darüber zu sagen – Danzer schien ein anständiger Kerl zu sein, der schon wusste, was er tat. Zudem sprach nichts gegen einen Selbstmord. Zugegeben – es gab da ein paar klitzekleine offene Fragen, aber es war nichts da, das laut MORD schrie.
    Die beiden Polizisten plauderten noch eine Weile über den Umgang mit Betrunkenen, Kuchen und Zimmerpflanzen, als Danzer plötzlich mitten im Satz innehielt. »Mir ist da gerade etwas eingefallen«, sagte er und fuchtelte mit dem Zeigefinger in der Luft herum. »Ich habe seit ein paar Wochen ein kleines Problem – vielleicht können Sie mir damit weiterhelfen, wenn Sie schon mal hier sind.« Er stand auf, verließ den Raum und kam kurz darauf mit einem Karton wieder zurück.
    »Da bin ich ja mal gespannt.« Morell kratzte die letzten Brösel auf seinem Teller zusammen, schob sie sich in den Mund und räumte dann den Teller samt Tasse beiseite.
    Danzer stellte die Kiste auf dem Schreibtisch ab und hob den Deckel. Morell beugte sich vor, schaute hinein und schreckte zurück. Aus dem Inneren des Kartons starrte ihn ein augenloser, dreckig-brauner Schädel an, der auf ein paar zerschlissenen, alten Knochen lag.
    »Was ist das?!«
    »Ein menschliches Skelett«, stellte Danzer so unaufgeregt fest, als wäre es das normalste der Welt, Kisten voller Knochen herumstehen zu haben.
    »Das ist schon klar, aber von wem? Und warum liegt es in dieser Bananen-Kiste?«
    »Wir hatten gerade nichts anderes zur Hand – die einzige Alternative wäre ein Wurstkarton gewesen. Und von wem? Das ist ja das Problem – ich weiß es nicht. Ein paar Teenager haben unseren Freund hier vor ein paar Tagen in einem alten, vergessenen Bunker im Wald gefunden.« Danzer lachte kurz auf. »Die drei neunmalklugen Typen dachten, sie wären superschlau und hätten das perfekte Versteck zum Kiffen gefunden – ich hätte zu gern ihre Gesichter gesehen, als sie merkten, dass sie nicht ganz allein dort unten sind.«
    Morell schob den Karton sachte von sich weg – Tote, egal ob mit oder ohne Fleisch daran, verschafften ihm eine Gänsehaut.
    »Die Knochen stammen sicher von irgendeinem Wehrmachtsoldaten, der in dem Bunker gestorben ist.« Danzer, der Morells Unbehagen bemerkt hatte, packte den Deckel zurück auf die Kiste und stellte sie auf den Fußboden. »Ich weiß nicht, wem ich den Fund melden soll. Der Staatsanwaltschaft? Oder der Gerichtsmedizin? Und wie wird das mit einer Bestattung gehandhabt?«
    »Sie haben also in den letzten Tagen noch gar nichts unternommen?«
    »Ich war total mit gestohlenen Skiern und einem Autounfall beschäftigt und bin darum noch nicht dazu gekommen, mich um Mr Chiquita zu kümmern.« Danzer juckte sich an der Nase. »Und außerdem ist der Typ seit mehr als 60  Jahren tot, da machen ein paar Tage mehr oder weniger auch nichts mehr aus. Wenn da …« Er beendete den Satz nicht, sondern durchsuchte einen Stapel mit Papieren.
    »Wenn da …?«, fragte Morell.
    »Wenn da nicht die Presse wäre.« Danzer reichte Morell die aktuelle Ausgabe des St. Gröbner Kuriers. »Die haben irgendwie Wind von dem Fund bekommen – wahrscheinlich von den Teenagern – und heute einen Artikel darüber gebracht. Jetzt wollen sie unbedingt eine Stellungnahme, und ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll.«
    Morell gab ihm die Zeitung wieder zurück.

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