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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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die Leber gelaufen war.
    »Du weißt, wie sehr ich jegliche Form von Gewalt verabscheue. Und du weißt auch, wie sehr ich Fleisch hasse, oder?«, unterbrach Morell die Gedanken seines Assistenten, wuchtete sich aus dem Sessel und fing an, die vielen seltenen Pflanzen zu gießen, mit denen sein Büro vollgestellt war.
    Bender nickte – jeder im Dorf wusste, dass der strikte Vegetarier und Hobbygärtner Morell sich vor einigen Jahren extra aus Wien in das kleine, verschlafene Landau hatte versetzen lassen, damit er sich nicht mehr mit Kapitalverbrechen beschäftigen musste.
    »Ich verrate dir ein Geheimnis. Es gibt da eine Sache, die mir noch mehr zuwider ist, als beides zusammen.«
    Bender starrte seinen Chef mit offenem Mund an. »Schlimmer als Mord und tote Tiere? Da bin ich jetzt aber gespannt!«
    Um den dramatischen Effekt noch etwas zu steigern, ließ Morell seinen Assistenten ein paar Augenblicke zappeln, bis er theatralisch verkündete: »Wintersport.«
    »Wintersport?« Bender, der mit irgendwelchen spektakulären Abscheulichkeiten gerechnet hatte, war noch verwirrter als vorher.
    »Ja genau. Wintersport.« Morell verzog das Gesicht und schüttelte sich. »Was finden Menschen nur so toll daran, sich bei Minusgraden irgendwelche Berghänge hinunterzuquälen? Das ist einfach nur anstrengend, gefährlich und kalt. Und weißt du, was mindestens genauso schlimm ist, wie der ganze Sportkram selbst?« Er wartete die Antwort seines Assistenten gar nicht erst ab, sondern schimpfte direkt weiter. Dabei gestikulierte er so wild, dass er einen der Pokale, die er beim jährlichen Wettbewerb des Gartenbauvereins gewonnen hatte, vom Fensterbrett fegte, so dass er scheppernd zu Boden fiel. »Das ganze Drumherum: Überfüllte Parkplätze, Pistenrowdys, Stürze, eingefrorene Finger und last but not least all diese pseudo-urigen Skihütten, in denen unappetitliches, überteuertes Essen verkauft wird – dort tanzen bereits am Mittag besoffene Touristen auf den Tischen, grölen schmutzige Lieder und kotzen anschließend in den Schnee.«
    »Aber …«, setzte Bender an, der selbst äußerst sportlich war und jede freie Minute auf der Piste verbrachte.
    »Kein aber!« Morell, der sich gerade so richtig in Rage geredet hatte, bedeutete ihm zu schweigen. »Ich würde mich liebend gern mit einem blutigen Mord beschäftigen oder sogar eine Leberkässemmel runterwürgen, wenn mir dadurch die kommende Woche erspart bliebe.«
    »Warum fahren Sie denn überhaupt nach St. Gröben, wenn es Sie so sehr davor graust?« Bender, der seinen ansonsten so ausgeglichenen Vorgesetzten nur selten so ungehalten erlebt hatte, sah Morell fragend an.
    »Leander Lorentz und Nina Capelli haben mich und Valerie eingeladen – sozusagen als Dankeschön, weil ich ihnen im Herbst aus der Patsche geholfen habe. Du weißt schon – der Fall des ermordeten Archäologie-Professors.« Morell verdrehte die Augen und stellte die goldene Gartenbau-Trophäe, die die Form eines Blumenkohls hatte, zurück auf ihren Platz. »Valerie war so begeistert von der Idee, dass ich es nicht übers Herz gebracht habe, sie zu enttäuschen.« Er ließ sich mit einem lauten Seufzer in seinen Sessel fallen und umgab sich mit einer Aura der Resignation. »Und jetzt hab’ ich den Salat.«
    Bender, der wusste, dass Morell seiner Freundin keinen Wunsch abschlagen konnte, kratzte sich am Kopf. »Tja«, sagte er, nachdem ihm auch keine Lösung für das Dilemma seines Chefs einfallen wollte. »Was man sich für Frauen nicht alles antut.«
     
    Am späten Nachmittag stieg ein total entnervter Morell gemeinsam mit einer völlig aufgekratzten Valerie in St. Gröben aus dem Auto. Die ganze Fahrt über hatte sie pausenlos darüber geredet, wie sehr sie sich auf das Skifahren, Rodeln und Eislaufen freue, und davon geschwärmt, dass die Pension, in der sie wohnten, wahrscheinlich einen Pool besaß. Bei der Vorstellung, seinen übergewichtigen Körper in eine Badehose quetschen zu müssen, war Morell beinahe das Käsebrot, das er gerade gegessen hatte, im Hals stecken geblieben.
    »Otto, sieh nur!« Valerie klatschte in die Hände und schob sich eine Strähne ihres dunkelblonden Haares hinters Ohr. »Ist die Pension nicht entzückend?«
    Das mittelgroße, zweistöckige Haus mit den hübschen roten Fensterläden, das den Namen ›Enzianhof‹ trug, war tatsächlich bezaubernd – das musste Morell, ungern aber doch, zugeben. Es lag etwas abseits vom hektischen, touristenüberfluteten Ortskern

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