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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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all das hier verschwinden. Du und alles andere, ihr werdet dorthin zurückkehren, woher ihr gekommen seid.«
    »Und wo wirst du landen, Isobel? Du, die du jetzt mit einem Fuß in jeder der zwei Welten stehst? Willst du dich wirklich entzweireißen lassen? Willst du wirklich für jemanden sterben, der bereits verdammt ist?«
    »Was … was redest du da?«
    »Hat dein maskierter Beschützer etwa vergessen, dein eigenes Schicksal zu erwähnen? Das überrascht mich nicht. Ich vermute, dass er ganz genau abwägt, was er dir erzählt und was nicht. Es würde ihm vermutlich Unannehmlichkeiten bereiten, wenn du in der Lage wärst, zu viele Entscheidungen selbst zu treffen. Aber so muss es nicht enden. Für mich sieht es so aus, als wären wir beide von zwei Männern gegeneinander ausgespielt worden. Warum? Weil wir beide etwas haben, was die jeweils andere will.«
    »Ich werde dir auf keinen Fall das Buch geben.« Isobel machte einen Schritt nach dem anderen, bis ihre Fersen die oberste Treppenstufe erreichten.
    Lilith lachte, ihr Lachen hatte einen sanften, fast melodischen Klang, es hörte sich schwermütig und wunderschön an. »Siehst du denn nicht, dass du mittlerweile von viel größerem Wert bist?«
    »Was?« Isobel begriff nicht, was Lilith ihr sagen wollte.
    »Sowenig dir das auch bewusst sein mag, du selbst bist jetzt ein Bindeglied zwischen den Welten. Dass dein Name in diesem Buch steht, hat dich verwandelt, hat dich zu etwas Wertvollerem gemacht als das Notizbuch eines armen, verlorenen Jungen. Du bist nicht der Weg, um an Macht zu kommen, sondern du selbst bist die Macht. Zusammen könnten wir über alle herrschen. Ich kenne alle Pfade und du, Träumerin, hast: die Fähigkeit, sie zu beschreiten. Und meine Geschichte würde kein Ende brauchen. Wozu auch, wenn wir ewig leben? Wenn ich eins mit dir wäre, hätte ich keinerlei Handhabe mehr über deinen Varen. Er wäre frei und hätte die Möglichkeit, ganz bei dir zu sein, ganz bei uns.«
    Die weiße Frau bewegte sich auf Isobel zu. Der Schleier glitt von ihrem Gesicht, als sie näher kam. Sie war eine perfekte, dunkelhaarige Schönheit mit hohen, königlich anmutenden Wangenknochen. Ihre Haut schimmerte wie Sternenstaub und ihr dichtes, seidiges dunkles Haar umgab sie wie ein Heiligenschein Doch es waren ihre fast überirdisch wirkenden Augen, die Isobel regelrecht lähmten. Zwei unendlich tiefe Quellen schwarzer Tinte, umrahmt von dunklen Wimpern. Sie hielten Isobel gefangen, noch nicht einmal blinzeln konnte sie.
    »Nimm meine Hand«, flüsterte die Geisterfrau und hob erneut ihre weiße Handfläche. »Komm mit mir.«
    Isobel spürte, wie sich ihre eigene Hand nach oben bewegte. Der Sog, der von diesen Augen ausging, war geradezu magnetisch. Eine Kraft, gegen die man nicht ankämpfen und der man sich nicht widersetzen konnte. Sie war so wunderschön. Isobel hielt inne, ihre Finger schwebten dicht über der kalten weißen Hand.
    So musste sie auch Varen gelockt haben.
    Der Gedanke durchzuckte Isobel ganz plötzlich und trieb durch ein tiefes, trübes Meer aus Verwirrung, Zweifeln und Sehnsucht an die Oberfläche. Sie musste wirklich leichtes Spiel gehabt haben, dachte Isobel. Sie hatte ihm genau die gleichen Versprechungen gemacht. Nur dass sie ihm noch mehr versprochen hatte. Sehr viel mehr.
    Wie eine Schlange hatte sie sich in die leeren, höhlenartigen Winkel seines Herzens geschlichen und sich dort eingenistet. Wie eine Hyäne hatte sie ausgenutzt, dass er vollkommen allein war - dass er eine Lenore brauchte.
    Du könntest niemals Lenore sein , hatte Varen zu Isobel gesagt.
    Ihre Gedanken schweiften in die Zukunft. In eine Zukunft, in der sie nicht vorkam. In der aber auch das Wesen, das jetzt vor ihr stand, keinen Platz hatte. Sie stellte sich Varen vor, wie er zu Hause und in Sicherheit war. Wie er an seinem Schreibtisch saß und bei Kerzenschein die Seiten eines neuen Notizbuchs füllte. Seine mit violetter Tinte geschriebenen Gedichte übersäten das leuchtend weiße Papier und ihr Name fand sich oft in diesen in eleganter Handschrift geschriebenen Zeilen wieder. Zusammen mit seinen weichen, zarten Zeichnungen würden diese Zeilen sein Abschiedsgruß an sie sein.
    Würde er überhaupt über sie schreiben? Sie hoffte es. Für immer und ewig würden die Silben, aus denen ihr Name bestand, auf den Flügeln seiner Träume schweben - Träume, die jetzt frei von Ghulen und Dämonen waren, die ihn einst heimgesucht und ihn bis in seine Gedanken hinein verfolgt

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