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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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hatten. Am Ende wäre sie so doch ein bisschen seine Lenore.
    Isobel blinzelte. Ihre Finger zuckten und zogen sich zurück.
    Diese Hexe hatte ihr nichts zu bieten. Sie konnte Isobel nicht in ihren Bann ziehen, nicht solange sie wusste, dass Varen in ihrer Welt und in Sicherheit war. Und wenn die Verbindung erst einmal unterbrochen war, dann für immer.
    Isobel sah Lilith direkt in die Augen. »Hat dir noch nie jemand gesagt, dass drei einer zu viel sind?«
    Liliths schwarze Augen weiteten sich vor Entsetzen.
    »Es ist zu spät«, flüsterte Isobel, »du kannst nichts mehr tun.« Sie umklammerte das Notizbuch. Es war schließlich immer noch ihr Traum, auch wenn das bedeutete, dass sie mit ihm verschwinden würde, wenn er zu Ende war. Sie kniff die Augen fest zu.
    »Was machst du denn da!«, kreischte eine Stimme, die wie eine Schleiereule klang.
    Zuerst sammelte Isobel die Hitze in ihrer Brust. Von ihren Gedanken geleitet floss sie in ihre Arme und brach dann über dem Notizbuch in Flammen aus.
    Irgendjemand schrie auf. War sie das? Isobel öffnete die Augen. Weiß glühende Hitze hüllte sie ein und verzehrte sie. Sie war dankbar, dass sie den Schmerz nicht spürte. War das vielleicht ein Geschenk ihres Unterbewusstseins? Die weiße Gestalt mit den schwarzen Augen verschwand wie eine Halluzination Das Licht der Straßenlaterne, das durch die Fenster herein schien, wurde heller - oder war es das Spiegelbild des Feuers?
    Isobel blickte an sich herunter und sah, wie die Flammen ihre Arme entlangkrochen. Sie tanzten über das Notizbuch, das sie eng an sich gedrückt hielt. Die Ecken des Papiers rollten sich zusammen und verfärbten sich erst orange, dann braun und schließlich schwarz - sie nahmen alle Farbschattierungen des Herbstes an.
    Alles starb im Herbst.
    Das Buch zwischen ihren Armen zerbröselte zu Asche und fiel zu Boden. Das Feuer verlosch und verlor sich in vollkommener Dunkelheit und die Welt mit ihm.

 
     
    Trost dem Sorgen
     
    Sie kannte diesen Geruch. Es war der etwas zu süße, intensive Duft von Verfall. Von verwelkten Rosen. Sein Aroma war sehr viel stärker, als sie es in Erinnerung hatte. Es war kein übler Geruch, doch in einer so konzentrierten Dosis war er viel zu intensiv. Geradezu bedrückend.
    Isobel versuchte, sich davon abzuwenden, stellte jedoch fest, dass sie sich aus irgendeinem Grund kaum rühren konnte. Ob sie träumte? Noch immer träumte? Oder war sie etwa tot und für immer in einen mit Blumen gefüllten Sarg gesperrt?
    Träumten Tote überhaupt?
    Sie wurde sich eines Drucks auf ihren Schultern und unter ihren Knien bewusst. Schmerz drang plötzlich in ihr Gehirn wie eine böse Erinnerung und durchzog ihren ganzen Körper.
    Als Nächstes spürte sie so etwas wie Bewegung. Sie bewegte sich. Kalte Luft ließ die winzigen Härchen an ihren Armen sich aufstellen. Isobel wollte die Augen öffnen, um zu sehen, wo sie war, wer oder was sie da transportierte - doch gleichzeitig wollte sie das auch nicht. Warum auch, wenn es doch so viel einfacher war wegzudösen, sich wieder in den weichen Kokon des Schlafes einzukuscheln, sich an diesen leeren Ort zwischen Träumen und Realität zu flüchten, wo das Wort Nichts seine wahre Definition fand?
    Sie spürte, wie sich etwas Stoffartiges an ihre Wange drückt und sich unter ihren gekrümmten Fingern zusammenbauschte. Ein flüchtiger Luftzug kitzelte ihre Stirn und ihre Haare und durch ihre geschlossenen Augenlider hindurch spürte sie Licht. Mittlerweile war sie zu weit zu Bewusstsein gekommen, um in den todesähnlichen Abgrund des Schlafes zurückzusinken. Gegen ihren Willen wurde sie sich ihrer selbst, der schier grenzenlosen Schmerzen in ihrem Körper und schließlich des gleichmäßigen Eins-zwei-Rhythmus unter ihr gewahr. Ihre Gedanken durchbrachen das dunkle Moor der Bewusstlosigkeit und sie rührte sich.
    Isobel öffnete die Augen und ihr Blick fiel auf eine schwarze Stoffweste, die so nahe an ihrem Gesicht war, dass sie die Nahtstiche zählen konnte. Eine silberne Kette, die aus einer kleinen Westentasche heraushing, glitzerte im Licht. Isobel stellte fest, dass sie den Stoff eines schwarzen Umhangs umklammert hielt, von dem sie nicht wusste, wem er gehörte. In dem Moment wurde ihr bewusst, dass der Druck, den sie im Rücken und unter den Knien spürte, der Druck von Armen war. Arme, auf denen sie lag. Arme, die sie trugen.
    Der Körper, der sie trug, fühlte sich weder warm noch kalt an, aber irgendwie auch nicht lebendig. Sie

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