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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Schurken sind ein zu allem entschlossener Haufe. Ihr seht aus wie ein mutiger junger Mann, Sir. Doch sprecht selbst für Euch.»
    «Ich glaube», sagte ich nervös, da Newton ganz wie mein Vater klang, der stets das Schlechteste von mir erwartet hatte und für gewöhnlich nicht enttäuscht worden war, «ich sollte Euch etwas über meinen Werdegang sagen, Sir. Ich habe ein Oxford-Examen. Und ich habe die Rechtsschule besucht.»
    «Gut, gut», sagte Newton ungeduldig. «Eine flinke Feder werdet Ihr wohl brauchen. Diese Strolc he sind gewandte Geschichtenerzähler und liefern so üppige Aussagen, dass man wohl das Gefühl bekommen kann, drei Hände zu brauchen.
    Doch die Bescheidenheit beiseite, Sir. Wie steht's um Eure sonstigen Fähigkeiten?»
    Ich durchforstete mein Hirn nach einer Antwort. Welche sonstigen Fähigkeiten besaß ich? Und da ich um Worte verlegen war und mich nicht weiter zu empfehlen wusste, begann ich Grimassen zu ziehen, den Kopf zu schütteln, die Achseln zu zucken und zu schwitzen wie im Dampfbad.
    «Sprecht, Sir», insis tierte Newton. «Habt Ihr nicht einen Mann mit dem Rapier verwundet?»
    «Doch, Sir», stammelte ich, zornig auf meinen Bruder, weil er ihm diese peinliche Tatsache verraten hatte. Denn woher sonst konnte er es haben?
    «Ausgezeichnet.» Newton klopfte einmal auf den Tisch, als zählte er Punkte. «Und ein wackerer Schütze, wie ich sehe.»
    Angesichts meiner Verblüffung setzte er hinzu: «Ist das kein Pulverfleck, dort auf Eurer rechten Hand?»
    «Doch, Sir. Und Ihr habt Recht. Ich weiß den Karabiner und die Pistole einigermaßen zu gebrauchen.»
    «Aber ich wette, mit der Pistole seid Ihr besser.»
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    «Habt Ihr das auch von meinem Bruder?»
    «Nein, Mister Ellis. Das sagt mir Eure eigene Hand. Ein Karabiner hätte seine Spuren auf Hand und Gesicht hinterlassen.
    Eine Pistole dagegen nur auf dem Handrücken, was mich zu der Vermutung brachte, dass Ihr die Pistole öfter benutzt habt.»
    «Oh, das ist ein hübscher Trick, Sir. Ihr habt mich ausgetrumpft.»
    «Ich habe noch andere auf Lager. Wir werden zweifellos manch Etablissement besuchen müssen, wo uns Eure offenkundige Neigung zu den Damen von großem Nutzen sein wird. Frauen erzählen einem jungen Mann oft Dinge, die sie meinen betagteren Ohren vorenthalten würden. Ich vertraue darauf, dass Eure Neigung zu jener dunkelhaarigen Frau, mit der Ihr vor kurzem zusammen wart, solch strategische Operationen zur Beschaffung von Informationen zulassen würde. Vielleicht war es ja die Magd, die Euch das Wacholderbier brachte.»
    «Oh, Ihr sprecht von Pam», rief ich, nun wahrhaft verblüfft, denn ich hatte in der Tat am selben Morgen beim Frühstück in meinem gewohnten Wirtshaus eine braunhaarige Schankmagd umarmt. «Woher wisst Ihr, dass sie dunkelhaarig war? Und dass ich Wacholderbier getrunken habe?»
    «Aufgrund des langen, dunklen Haars, das Euer schmuckes Ventre d'or-Wams ziert», erklärte Newton. «Es kündet so eindeutig von ihrer Haarfarbe wie Eure Sprache von Eurer engen Bekanntschaft mit dem Spieltisch. Auch das wird nützlich sein. Genau wie ein Mann, der einem guten Trunk nicht abgeneigt ist. Wenn ich mich nicht täusche, Sir, ist das da Rotwein auf Euren Manschetten. Ihr habt gestern Abend wohl eine ganz hübsche Menge davon getrunken, weshalb Euch heute Morgen ein wenig übel war. Und Ihr Wacholderbier für den Magen brauchtet. Der Duft des aromatischen Öls im Bier liegt unverkennbar in Eurem Atem.»
    Ich hörte mich verblüfft nach Luft schnappen, weil er so viel
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    über mich wusste, als könnte er in meinen Kopf blicken und meine Gedanken lesen.
    «Ihr stellt mich wie den größten Wüstling hin, der je zum Galgen geschleift wurde», protestierte ich. «Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin sprachlos.»
    «Nicht doch, Mr. Ellis», sagte Newton. «Nehmt es nicht so persönlich. Wir werden durch einigen Schmutz waten müssen, Ihr und ich. Die Belange der Münze erfordern es, dass ich einen Mann zur Seite habe, welcher sich in London auskennt. Da Ihr ein solcher Mann seid und um Euch nicht länger schmoren zu lassen: Die Stellung ist Euer, wenn Ihr sie wollt. Der Lohn ist nicht hoch. Zunächst nur sechzig Pfund im Jahr. Was mir gar nicht recht ist, denn ich muss gestehen, ich bin in großer Sorge, dass die rechte Sorte Mann die Stellung nicht wird haben wollen und ich Schande auf mich lade, da ich, mangels des so dringend nötigen Gehilfen, meine Amtspflichten nicht erfüllen kann. Aus diesem

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