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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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geweckte Kraft zur Überwindung des Bösen bereichert. Der Mensch, welcher sagt: ‹Ich will mich dem Bösen ergeben, weil ich dadurch bereichert werde›, wird nie innerlich reicher werden, er geht zugrunde. Das Böse stellt die Freiheit des Menschen auf die Probe ...»
    Und nun noch ein Zitat (wieder aus Berdjajew), da es uns dem Himmel einen Schritt näher bringt.
    «Die Kirche ist nicht das Reich Gottes. Die Kirche ist eine geschichtliche Erscheinung und hat in der Geschichte gewirkt. Sie bedeutet nicht die Umwandlung der Welt, das Erscheinen einer neuen Welt und einer neuen Erde. Das Reich Gottes ist eine Umgestaltung der Welt, nicht nur die des einzelnen Menschen, sondern auch die der Gesellschaft und des ganzen Kosmos, und das ist das Ende dieser Welt, der Welt des Unrechts und der Häßlichkeit, es ist der Anfang einer neuen Welt, einer Welt des Rechts und der Schönheit. Wenn Dostojewski sagt, die Schönheit würde die Welt erretten, so hat er die Umgestaltung der Welt und das Kommen des Reiches Gottes im Sinn, und dies ist die eschatologische Hoffnung ...»
    Nur für mich selbst sprechend muß ich sagen: wenn ich je irgendwelche Hoffnungen, eschatologische oder andere, gehegt habe, so hat Dostojewski sie zerstört. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, daß er die durch meine westliche Erziehung erzeugten kulturellen Aspirationen «zunichte machte». Mein asiatischer Teil, mit einem Wort, der Mongole in mir, ist davon unberührt geblieben und wird es immer sein. Diese meine mongolische Seite hat nichts mit Kultur und Persönlichkeit zu tun, sie stellt das Wurzelwerk dar, dessen Saft bis zu einem zeitlosen Vorfahrenast des Stammbaums zurückfließt. In dieses unergründliche Reservoir haben sich alle chaotischen Elemente meiner eigenen Natur und meines amerikanischen Erbes ergossen, so wie der Ozean die Flüsse verschluckt, die in ihn einmünden. Sonderbarerweise habe ich als Amerikaner Dostojewski oder vielmehr seine Charaktere und die Probleme, die sie quälen, besser verstanden, als wenn ich Europäer gewesen wäre. Die englische Sprache, scheint mir, eignet sich besser zur Wiedergabe der Schriften Dostojewskis (wenn man ihn in einer Übersetzung lesen muß) als Französisch, Deutsch, Italienisch oder jede andere nichtslawische Sprache. Und das amerikanische Leben, vom Gangstermilieu bis zu den Intellektuellen hinauf, hat paradoxerweise erschreckende Ähnlichkeiten mit Dostojewskis vielseitigem russischem Alltagsleben. Welche besseren Beweisgründe kann man dafür anführen als die Weltstadt New York, in deren aus allen möglichen Bestandteilen gemischtem Boden jede leichtfertige, gemeine und verrückte Idee emporsprießt wie Unkraut? Man braucht nur an den dortigen Winter zu denken, sich vorzustellen, was es bedeutet, wenn man hungrig, einsam und verzweifelt in dem Labyrinth monotoner Straßen umherirrt, an den monotonen Häusern entlang, in denen monotone Menschen mit monotonen Gedanken wohnen. Alles monoton und gleichzeitig grenzenlos!
    Obgleich Millionen unter uns nie Dostojewski gelesen haben, ja selbst mit dem Namen nichts anzufangen wüßten, wenn sie ihn hörten, so kommen sie doch, tatsächlich Millionen, direkt aus Dostojewski, führen hier in Amerika dasselbe unheimliche «Tollhäuslerleben» wie Dostojewskis Gestalten in dem Rußland seiner Phantasie. Wenn man noch gestern annehmen konnte, sie hätten eine menschliche Existenz, so wird morgen ihre Welt einen Charakter und Konturen haben, die verhexter anmuten als irgendeine Schöpfung von Hieronymus Bosch. Heute bewegen sie sich Ellbogen an Ellbogen neben uns und setzen anscheinend durch ihre vorsintflutliche Erscheinung niemanden in Erstaunen. Einige üben in der Tat ihren Beruf weiter aus - predigen das Evangelium, kleiden Leichname zur Beerdigung an, versorgen die Irren -, als wenn nichts von Bedeutung passiert wäre. Sie haben nicht die leiseste Ahnung, daß «der Mensch nicht mehr das ist, was er vorher war».
2
    Wie aufregend still und öde ist es doch an einem Wintermorgen auf den Straßen, wenn eiserne Brückenträger bis in den Boden hinein gefroren sind und die Milch in der Flasche hochsteigt wie ein Pilzstengel. Ein Polartag, meine ich, an dem das dümmste Tier nicht wagen würde, die Nase aus seinem Loch zu stecken. Es wäre undenkbar, an einem solchen Tag einen Fremden anzureden und ihn um ein Almosen zu bitten. In dieser beißenden, nagenden Kälte, wenn der eisige Wind durch die düsteren Schluchten der Straßen pfeift,

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