Nexus
dich. Hier, rauch noch eine.»
Sie wollte sich nicht wieder hinsetzen. Sie fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen, auf und ab.
«Nun, was glaubst du lieber?» begann ich. «Entweder liebt Mona mich so, daß sie mich Tag und Nacht anlügt, oder sie liebt dich so, daß sie nicht den Mut hat, mir das zu sagen, oder du liebst sie so sehr, daß du sie nicht unglücklich sehen kannst. Oder - laß mich zuerst diese Frage stellen - weißt du überhaupt, was Liebe ist? Sag mir, hast du je einen Mann geliebt? Ich weiß, du hattest einmal einen Hund, den du liebtest, das hast du mir wenigstens erzählt, und du liebst auch Bäume, wie ich weiß. Ich weiß auch, du hast mehr Liebe als Haß in dir - aber — weißt du überhaupt, was Liebe ist? Wenn du zwei Menschen kennenlernst, die sich wahnsinnig lieben, würde deine Zuneigung zu einem von ihnen diese Liebe vermehren oder sie zerstören? Ich will es anders ausdrücken. Vielleicht wird es dann klarer. Wenn du dich nur als Gegenstand des Mitleids ansähest und jemand würde dir wirkliche Zuneigung, echte Liebe zeigen, würde es dir dann etwas ausmachen, ob diese Person ein er oder eine sie, verheiratet oder unverheiratet wäre? Ich meine, würdest du, könntest du dich allein damit begnügen, diese Liebe entgegenzunehmen? Oder würdest du sie ausschließlich für dich selbst beanspruchen?»
Pause. Lastende Pause.
«Und warum glaubst du», fuhr ich fort, «du seiest der Liebe würdig? Oder sogar, daß dich jemand liebt? Oder, wenn du das glaubst, wieso dann auch, daß du fähig bist, diese Liebe zu erwidern? Nun setz dich doch , warum läufst du denn immer hin und her? Die Unterhaltung könnte sehr interessant werden. Wir könnten sogar an ein Ziel kommen, auf die Wahrheit stoßen. Ich bin bereit, den Versuch zu unternehmen.» Sie sah mich sonderbar und verwundert an. «Du sagst, Mona glaubt , ich liebe komplizierte Wesen. Ich sage dir ganz offen und ehrlich, das stimmt nicht. Nimm dich zum Beispiel, du bist eine sehr einfache Natur - ganz aus einem Stück, nicht wahr? In dir selbst beschlossen, wie man so schön sagt. Du bist so vollständig eins mit dir und der ganzen weiten Welt, daß du, um es ganz genau zu wissen, dich zur Beobachtung in ein Irrenhaus begibst. Bin ich zu hart? Tu dir keinen Zwang an, lach nur spöttisch, wenn du willst. Wenn man die Dinge auf den Kopf stellt, gewinnen sie ein sonderbares Aussehen. Überdies bist du nicht aus eigenem Entschluß zur Beobachtung gegangen, nicht wahr? Das ist nur wieder so eine Erfindung von Mona. Ich habe natürlich sofort nach dem Köder geschnappt und ihn mit Angel und Blinker hinuntergeschluckt - weil ich eure Freundschaft nicht zerstören wollte. Jetzt, da du durch meine Bemühungen heraus bist, willst du mir deine Dankbarkeit zeigen. Nicht wahr? Du möchtest mich nicht unglücklich sehen, besonders wenn ich mit einer zusammenlebe, die dir lieb und teuer ist.»
Sie kicherte nun, obwohl sie sehr aufgebracht war.
«Wenn du mich gefragt hättest, ob ich eifersüchtig auf dich bin, würde ich, so ungern ich es zugebe, ja gesagt haben. Ich schäme mich nicht, es zu gestehen: ich fühle mich erniedrigt, wenn ich daran denke, daß eine wie du mich eifersüchtig machen kann. Du bist kaum der Typ, den ich mir als Nebenbuhler gesucht hätte. Ich mag Morphoditen ebensowenig wie Leute mit Daumen, die sich nach rückwärts drehen lassen. Ich habe Vorurteile, hürgerliche , wenn du willst. Ich habe nie einen Hund geliebt, aber auch nie einen gehaßt. Ich habe Tröpfe kennengelernt, die unterhaltsam, gescheit, talentiert und gute Zeitvertreiber waren, aber ich muß sagen, ich möchte nicht mit ihnen leben . Ich spreche hier nicht von Moral, sondern von Vorliebe und Abneigung.
Gewisse Dinge gehen mir auf die Nerven. Um es milde auszudrücken, es ist höchst bedauerlich, daß meine Frau sich so stark zu dir hingezogen fühlt. Das klingt lächerlich, nicht wahr? Fast literarisch. Es ist eine Affenschande, will ich sagen, daß sie sich nicht einen richtigen Mann ausgesucht hat, wenn sie mich hintergehen muß, selbst wenn es einer wäre, den ich verachte. Aber dich . . . verdammte Scheiße ... dagegen bin ich vollständig wehrlos. Es schaudert mich, wenn ich nur daran denke, jemand könnte zu mir sagen: Stimmt etwas nicht mit dir? Weil mit einem Mann etwas nicht in Ordnung sein muß - so nimmt man wenigstens an -, wenn eine Frau sich in eine Geschlechtsgenossin verliebt. Ich habe mich nach Kräften bemüht, zu entdecken, was mit mir
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