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Nibelungen 01 - Der Rabengott

Nibelungen 01 - Der Rabengott

Titel: Nibelungen 01 - Der Rabengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Unterschied machte! – und lauschte.
    Jemand fluchte, ein anderer stieß ein gedämpftes »Nun seht euch das an!« hervor. Sie waren noch zu weit entfernt, um Hagen entdeckt haben zu können – wenigstens redete er sich das ein. Allmählich kamen ihre Schritte näher, jetzt viel schneller. Sie rannten an seinem Versteck vorbei, ohne ihn zu bemerken, weil irgend etwas anderes ihre Aufmerksamkeit beanspruchte.
    Er hörte, wie sie stehenblieben, unweit des Ufers.
    »Sind sie tot?« fragte einer.
    »Nein«, erwiderte ein anderer. »Bewußtlos.«
    »Der Hundsfott muß sie niedergeschlagen haben.«
    »Ich seh’ keine Wunden. Aber ihre Gesichter…«
    »Als wäre ihnen der leibhaftige Satan erschienen«, stöhnte jemand.
    Sie haben irgendwen gefunden, dachte Hagen. Und dann durchfuhr ihn die Erkenntnis: Das konnten nur die Wächter sein. Offenbar lagen sie ohne Bewußtsein am Ufer, mußten dort schon gelegen haben, während er mit Nimmermehr sprach.
    »Der Kerl ist ins Wasser gegangen«, sagte einer der Männer. »Er hat sie von hinten überrumpelt und ist dann an Land geschwommen.«
    »Dann kriegen wir ihn nicht mehr.«
    »Was soll’s«, meinte einer ergeben. »Der war sowieso blind. Außerdem liegt das Gold sicher beim Vorsteher.«
    Den Geräuschen nach machten die drei sich an den Bewußtlosen zu schaffen. Ohrfeigen ertönten, dann leises Stöhnen. Wasser klatschte irgendwem ins Gesicht.
    »Sieht aus, als müßten wir sie tragen.«
    »Verfluchter Mist!«
    »Ich hätte den Kerl gern brennen sehen.«
    »Ach, was. Wir hätten ihn doch nur mit rauf zu den Hütten schleppen müssen.«
    »Du bist jetzt wohl auf der Seite von diesem Schweinehund?« fuhr einer auf.
    »Paß auf, was du sagst!«
    Ein schnelles Rascheln ertönte, dann ein dumpfer Schlag.
    »Hört auf, verflucht nochmal!« schrie der dritte Mann.
    Noch mehr Rascheln, unterdrückte Flüche und Beschimpfungen, dann war der Streit geschlichtet.
    »Wir haben keine Zeit für eure Kindereien. Das Wasser steigt immer schneller. Bis zum Abend muß das Dorf geräumt sein.«
    »Die Frauen und Kinder müßten mittlerweile alle an Land sein.«
    »Wenigstens sind dann die Hütten sauber, wenn wir kommen.« Jemand lachte rauh.
    »Hast du deinen Karren schon beladen?«
    »Ich denke gar nicht dran. Ich hab alles unterm Dach verstaut. Das Wasser reicht fast schon bis zur Brücke. Wenn das den Karren mitreißt, dann schwimmt mein Zeug im Fluß. Nee, oben im Haus ist es sicherer, bis dahin steigt das Hochwasser nicht.«
    »Wollen wir hoffen, daß es nicht wieder über die Dächer steigt.«
    »Hört endlich auf mit dem Gerede und packt an! Du bist am stärksten, du kannst Norwin allein tragen. Wir beiden schnappen uns Wibald.«
    Jener, der einen Mann allein tragen sollte, murrte. »Ich hätte Lust, den Dummkopf hier liegen zu lassen. Läßt diesen blinden Bastard einfach entkommen…«
    »Norwins Weib wird dir den Arsch versohlen, wenn du ihren Goldschatz ersaufen läßt.« Der Sprecher kicherte.
    »Fangt ihr jetzt schon wieder an?«
    »Ist ja gut«
    Stöhnen und Keuchen verriet, daß die Ohnmächtigen aufgehoben und davongetragen wurden. Wenig später kehrte Ruhe ein, die Männer waren fort.
    Hagen lag stocksteif in seinem Versteck. Ein einziges Wort hallte wie ein Echo in seinem Kopf wider.
    Hochwasser.
    Warum hatte Nimmermehr ihn nicht gewarnt? Was für ein Spiel spielte sie mit ihm?
    Die Vorstellung, auf der Halbinsel gefangen zu sein, während von allen Seiten das Wasser herankroch, ohne einen Ort zur Flucht – wenigstens nicht für einen Blinden –, jagte ihm eisiges Entsetzen ein.
    Noch einmal überkam ihn die Erkenntnis: Zunderwald versank im Rhein, und Nimmermehr hatte ihm nichts davon gesagt! Sie hatte ihn hier sitzenlassen, allein, auf sich gestellt, während die Menschen in ihre Fluchthütten am Ufer entkamen.
    Mühsam rief er sich zur Ruhe, versuchte, sich allein auf das zu konzentrieren, was er als nächstes tun mußte. Fest stand, daß er ungesehen ins Dorf gelangen mußte. Am besten war, wenn er sich in Geduld übte und noch eine Weile wartete, bis Zunderwald geräumt war.
    Dennoch hatte er keine Wahl. Er mußte abwarten, bis die Leute fort waren. Vielleicht gelang es ihm dann, sich in eines der Häuser vorzutasten und unters Dach zu klettern, dorthin, wo ihn das Wasser nicht erreichen konnte.
    Aber auch dann war er noch nicht in Sicherheit. Wie lange würde er dort oben festsitzen, ganz ohne Nahrung und, schlimmer noch, ohne Gold! In spätestens einer Woche war

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