Nibelungen 03 - Die Flammenfrau
Felsen gibt es keine Frau, die ihre Brust opfert, um Euch zu verwandeln, Pyros.«
»Ich schätzte von jeher Eure Klugheit, Priesterin der Nacht«, erwiderte Pyros spöttisch. »Aber leider mangelt es Euch nur allzuoft an der nötigen Phantasie. Erinnert Euch! Die Wasserhöhle liegt nicht weit von den Felsen entfernt, auf die Antana niederfiel.«
»Erna? Nein!« Lursa riß die Augen auf und ließ sich auf die Samtkissen fallen. »Das habt Ihr nicht getan!«
»Was läßt Euch daran zweifeln?« Pyros ließ sich sanft neben ihr auf das Kissen gleiten. Sie roch den unverwechselbaren Duft seiner Haut. Mit Tränen in den Augen schaute sie ihn an. »Ihr habt ihm Euren Tod geschenkt?«
»Im Tausch gegen seine magischen Kräfte.«
»Ihr seid wahnsinnig.«
Pyros lachte. »Noch nicht ganz! Aber meine Schöne…« Er lächelte und strich mit dem Finger sanft über ihr Kinn. »…habt Ihr das nicht immer gewußt?«
Lursa sah die glänzend dunklen Augen. An diesen Augen würde sie es zuerst erkennen. Wenn Pyros wirklich mit Erna den Handel um den Tod eingegangen war, würde er genau wie Erna mit der Zeit verrückt werden. Sein Geist würde sich verwirren! Jedes Kind wußte, daß nur ein Narr versuchen würde, das Wissen der Jahrhunderte in einem Leben zu erfahren. Und wenn sein Leib verfallen würde, dann wäre Pyros gezwungen, in der Wasserhöhle zu bleiben, ein finsterer Geist, der für ewige Zeiten gefangen war, genau wie Erna.
»Ihr wißt, daß es Euch in den Wahnsinn treiben wird.« Lursa schaute zwischen dem Kleinen in ihrem Arm und dem Mann hin und her. Eine Träne lief über ihre Wange. Pyros wischte sie zärtlich fort. »Pyros, verzeiht mir.« Sie drehte den Kopf und schmiegte ihn in seine Hand.
»Ihr wolltet ihren Tod, Lursa«, flüsterte er. Es war wie ein Peitschenhieb, den er ihr gab. »Sie war nicht schuldig! Hört Ihr? Sie war nicht schuldig!« Seine Stimme war dunkel und voller Schmerz. »Ihr seid gewöhnlich, Jägerin, denn das einzig wahre Gefühl, welches Ihr kennt, ist Neid.«
Lursa wich ein Stück zurück. Einen Lidschlag lang glaubte sie, eine Träne in seinen Augen zu sehen, doch es war zu wenig Licht in diesem Raum.
»Ich mußte sie retten, Lursa.«
»Nur mit Antanas Hilfe werde ich meinen Vater befreien können«, sagte er nachdenklich und nahm seine Hand schließlich ganz fort. Wieder fiel sein Blick auf die stumpfen Kristalle. »Ihr habt die Freiheit meines Herzens verraten, für etwas, das Euch ohnehin niemals gehören konnte.« Er schaute auf. »Ich bin gekommen, um meinen Sohn zu holen, Lursa. Das ist alles, was ich noch von Euch will. Antana wird ihn erziehen, wenn sie wieder völlig gesund ist. Er muß ein Magier des Feuers sein, bevor ich dem Wahnsinn verfalle!«
»Nein!« Lursa sprang mit dem Kind in dem Arm auf die Füße. Voller Entsetzen schaute sie ihn an. »Dieses Kind ist alles, was ich habe, Ihr könnt es mir nicht nehmen.«
»Warum nicht? Es ist mein Sohn, und Ihr seid meine Dienerin.« Langsam stand Pyros auf und kam einen Schritt auf sie zu. Lursa wandte sich um und stürzte zum Ausgang, doch der Magier war schneller. Noch bevor sie die Tür hätte erreichen können, stand er schon wieder vor ihr.
»Ihr wißt, daß es zwecklos ist«, sagte er ruhig, als hätte er sich überhaupt nicht bewegt. »Gebt ihn her!« Er streckte ihr die Arme entgegen, wie einem Kind, mit dem man Mitleid hatte.
»Niemals!« zischte Lursa und fühlte, wie der Kampfgeist in ihr erwachte. Der Magier würde um seinen Sohn streiten müssen. Gehetzt schaute sie sich um, es gab keinen zweiten Weg aus diesem Raum. Sie saß in der Falle, solange der Magier ihr den Weg versperrte.
»Lursa!« Seine Stimme war leise und so sanft, daß es sie schmerzte. »Bitte!«
»Nein, niemals!« Er durfte sie nicht bezaubern, wenn sie schwach wurde und ihre Sehnsucht nach dem Mann unerträglich würde, dann war sie ihm hoffnungslos ausgeliefert. Sie mußte verhindern, daß er mit ihrer Leidenschaft spielte. Fieberhaft suchte sie nach einer Möglichkeit. Ihr Blick fiel auf die graue Asche im Kamin. Es war viel zu kalt in diesem Raum. Dann lächelte sie. Natürlich, das Feuer war ihre Rettung! Sie schaute auf und blickte dem Magier in die Augen.
»Wagt es nicht, mir nahe zu kommen«, flüsterte sie. »Ihr werdet Euren Sohn sonst nicht lebendig wiedersehen.«
Pyros lehnte sich gelassen an den Türrahmen. »Wollt Ihr ihn vielleicht mit dem Samtkissen ersticken, wenn ich ihn hole?« Er schüttelte den Kopf. »Dazu seid
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