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Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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antwortete nicht, sondern sah fest in ihre grünblauen Augen.
    »Also gut«, seufzte Amke unter seinem beschwörenden Blick. Ein kecker Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. »Ich hoffe doch sehr, du wirst mein Versprechen nicht zu unritterlichen Taten mißbrauchen.«
    Siegfried lächelte und erwiderte zweideutig: »Ich bin noch kein Ritter, edle Frau.«
    »Und ich noch keine Frau«, sagte Amke in demselben neckischen Ton, als Siegfried ihr aufs Pferd half.
    Er band den Spieß wieder auf Graufells Rücken, stieg vor Amke in den Sattel und riet ihr, sich an ihm festzuhalten. Er genoß ihre Nähe, die Berührung ihrer Hände und ihres Leibes, den er mit jedem Schritt Graufells an seinem Rücken spürte.

Kapitel 6  
    as ist das?« fragte Amke in einer Mischung aus Verwunderung und Ehrfurcht, als ihr Blick auf einen langgestreckten Felsen fiel. Auf seiner ganzen beeindruckenden Länge von Wald gesäumt, lag er wie ein erschlagener Lindwurm im warmen Sonnenlicht und schimmerte seltsam bläulich, als sei er nicht aus Stein, sondern aus Eisen.
    »Unser Ziel«, antwortete Siegfried unbestimmt und ritt an dem schlangenartigen Felsen entlang, bis er das größere Ende erreichte: das Schlangenmaul.
    In alten Erzählungen hatte Siegfried gehört, daß sich hier der Eingang zur Höhle befinden sollte. Er mußte Graufell nah an den Fels treiben, bevor er den engen Durchlaß sah. Gebannt starrte er auf den schwarzen Eingang und wartete tatsächlich darauf, daß plötzlich mit erregtem Zischeln eine lange Schlangenzunge hervorzüngelte.
    Als nichts dergleichen geschah, stieg Siegfried ab und half Amke vom hohen Rücken Graufells.
    Sie betrachtete interessiert den Schlangenkopf und meinte: »Hier wollen wir also hinein.«
    »Wir?« Er schüttelte energisch den Kopf. »Davon kann keine Rede sein. Ich gehe hinein, du wartest hier.«
    »Warum?«
    »Weil ich es so bestimme. Erinnere dich an die erste Bedingung, Amke!«
    »Ich meinte, warum du in die Schlangenhöhle willst.«
    »Keine Fragen, das ist die zweite Bedingung«, ermahnte Siegfried seine Begleiterin. »Halte dich daran und…« Er hielt inne. Plötzlich begriff er, daß sie eben die Schlangenhöhle bei ihrem Namen genannt hatte.
    »Du… du weißt, wo wir uns aufhalten?«
    »An der Schlangenhöhle.«
    Er legte die Hände auf ihre Schultern, so fest, daß Amke zusammenzuckte. »Woher weißt du das?« rief er unbeherrscht. »Woher kennst du diesen Ort?«
    Amke schlug seine Hände beiseite. »Ich kenne die Höhle nicht, aber deine Xantener Recken haben erzählt, daß es zur Jagd in den Schlangenwald geht. Als ich einen Diener nach dem seltsamen Namen fragte, erzählte er mir von dem Felsen, nach dem er benannt ist.«
    »Und woher weißt du, daß es dieser Felsen ist?«
    »Ich bin nicht blind, Siegfried!« Sie deutete auf den gewundenen Felsen. »Wenn jemals ein Ort den Namen Schlangenhöhle verdient hat, dann dieser. Der Fels sieht so aus, als sei er wirklich einmal eine lebende Schlange gewesen.« Leiser, fast andächtig fügte sie hinzu: »Eine unheimlich große Schlange!«
    »Ja«, sagte Siegfried gedankenverloren. »Es muß wahrlich ein Riese gewesen sein, der sie versteinerte.«
    »Gibt es eine Geschichte zu diesem Ort?« fragte Anke.
    Siegfried nickte. »In fernen Zeiten, als Xanten noch ein unberührter Flecken und der Heiland noch nicht geboren war, soll die Riesenschlange die ganze Umgegend in Schrecken versetzt haben. Immer wieder überfiel sie Siedlungen. Je mehr Opfer sie verspeiste, desto größer und hungriger wurde sie. Schließlich fiel sie sogar über die Riesen her, die wegen ihrer Kraft und Größe bislang von der Schlange verschont geblieben waren. Sie tötete alle Riesen bis auf einen. Er war der angesehenste, größte und stärkste Riese des Dorfes. Als er von seiner Jagd zurückkehrte, schwor er der Schlange bittere Rache. Er fand sie und kämpfte mit ihr, aber beider Kraft war gleich, und niemals schien es einen Sieger geben zu können. Da kam der Riese auf den rettenden Einfall: Er bewarf die Schlange mit großen Felsen und deckte sie vom Kopf bis zum Schwanz damit zu, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte. So lag sie reglos, viele Jahre lang, und versteinerte.«
    Amke schüttelte sich, während sie auf den Schlangenkopf starrte. Als sähe sie tatsächlich ein Ungeheuer vor sich.
    Siegfried nahm den Spieß und den Packen mit seiner Ausrüstung von Graufell und wickelte eine der Fackeln aus. Dann schüttete er Zunder auf den mit Werg umwickelten und in

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