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Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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entdeckt. Vielleicht würde es einfacher werden als in der Wolfsburg! Doch kaum hatte er diesen Gedanken gefaßt, spürte er, wie etwas seine Füße streifte. Siegfried sprang zurück und schwenkte die Fackel nach unten.
    Die Tiere, die um seine Füße huschten, waren so groß wie eine Männerhand, mit langen Schwänzen. Er sah hinab auf braungraues Fell, kleine Spitzohren und krallenbesetzte Pfoten.
    »Ratten!« stieß er ein wenig erleichtert hervor. Dreißig oder vierzig. Hatten sie ihn für eine lohnende Beute gehalten? Dicht über dem Boden schwenkte er die Fackel. Die Hitze trieb die gefräßigen Nager vier, fünf Schritte zurück. Außerhalb dieses Kreises hockten die Höhlenratten und belauerten Siegfried.
    Während er sich noch über die mögliche Gefährlichkeit der Ratten Gedanken machte, verschwanden sie so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren. Sie bewegten sich so flink, daß Siegfrieds Augen ihnen kaum folgen konnten, und fanden Schlupflöcher, wo der Xantener nur Gestein sah.
    Eine Ratte aber war nicht schnell genug; sie wurde von dem Feind gestellt, der die anderen Nager verjagt hatte.
    Eine Schlange.
    Ihr kräftiger Leib saß zwischen einem kurzen, dünnen Schwanz und einem flachen, dreieckigen Kopf. Sie hatte fast dieselbe braungelbe Färbung wie das Fell der Ratten. Nur am Kopf war das Tier anders gezeichnet: Es sah aus wie ein schiefes Kreuz.
    Eine Kreuzotter, zweifellos.
    Aber mit ihrer Länge von fast zwei Schritten war sie viel größer als jede Kreuzotter, die Siegfried bisher gesehen hatte.
    Blitzschnell bewegte sich die Schlange und stieß vor, den Rachen aufgerissen und die beiden großen, nadelspitzen Giftzähne entblößt. Das Schlangenmaul packte die Ratte, und die Giftzähne bohrten sich in den Leib des Nagers. Die Ratte quiekte wie von Sinnen. Ihr Schwanz peitschte wild herum. So rasch, wie sie das Opfer ergriffen hatte, ließ die Otter auch wieder von ihm ab. Siegfried hatte dieses Verhalten schon bei anderen Ottern beobachtet. Sie warteten darauf, bis die tödliche Wirkung des Giftes eintrat, um ihre Opfer anschließend zu verschlingen. Die Höhlenratte schaffte keine zwei Schritte, bevor sie ermattet zu Boden fiel und in heftigen Zuckungen verendete.
    Die Schlange sperrte erneut ihr Maul weit auf und begann, die Beute in aller Ruhe zu verschlingen, Stück für Stück: Kopf, Vorderleib, Hinterleib und schließlich auch den Schwanz. Siegfried beobachtete, wie die Verdickung im Schlangenleib allmählich in Richtung Schwanz wanderte. Seine Vermutung hatte sich durch den schnellen Tod der Höhlenratte bestätigt: Diese Schlange war nicht nur größer als gewöhnliche Kreuzottern, sondern auch giftiger!
    Reinholds Warnung, als er von der Schlangenhöhle erzählte, klang ihm noch in den Ohren: Mehr Schlangen als je zuvor sollen sich dort tummeln, vor allen Dingen gefährlichere. Schon der Biß einer Kreuzotter von gewöhnlicher Größe konnte einem Mann gefährlich werden. Dieses Riesentier aber würde selbst einen Hünen wie Siegfried töten.
    Siegfried sprang vor und schwang den Spieß, ließ die Stahlspitze hinter dem flachen Kopf in den Schlangenleib fahren. Es war ein kräftiger, gezielter Schlag. Der Kopf mit dem Kreuzmal wurde vom Leib getrennt und rollte quer über den Boden. Der Rest der Schlange wand sich in heftigen Zuckungen. Ein Teil des Rattenschwanzes lugte heraus und fiel in den Todestanz ein, als freue sich der Nager, daß seine Mörderin ihn nicht lange überlebt hatte.
    Siegfried sprang über die verendende Otter und setzte seinen Weg fort, noch vorsichtiger als zuvor. Er leuchtete mit seiner Fackel auf den Boden und in jede größere Spalte, um nicht von einer Schlange angefallen zu werden. Schlangen liebten die Wärme, wie er wußte. Man fand sie vornehmlich an sonnigen Plätzen. Aber in einer düsteren Höhle? Andererseits war es hier drin ziemlich warm, wärmer, als er vermutet hatte.
    Erst als Siegfrieds Wachsamkeit ein wenig nachließ, griffen die Schlangen an. Als hätten sie nur auf diesen Augenblick gewartet…
    Die erste mußte über ihm in einer Felsnische gelauert haben. Sie fiel auf seine rechte Schulter und riß den Rachen auf.
    Er sah die drohenden Zähne – und stieß zu.
    Die Spießspitze drang in den gedrungenen Leib ein und riß das Tier von seiner Schulter. Mit einer heftigen Bewegung schleuderte er es zur Seite. Es gab ein häßliches, lautes Geräusch, als es gegen eine dicke, aus dem Boden ragende Felsnadel prallte. Etwas stieß gegen seinen

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