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Nibelungengold 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungengold 02 - Das Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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wenn er den Blick zufällig in ihre Richtung wandte. Ihre Chamäleonhaut war eine gute Tarnung, aber mehr als einem flüchtigen Blick hielt sie nicht stand. Und immerhin wußte der Geweihte, daß sie noch irgendwo hier draußen war.
    Andererseits schien ihn die bevorstehende Aufgabe völlig für sich einzunehmen. Er blickte nicht nach links, nicht nach rechts, nur geradewegs in die dunkle Wunde, die als niedriger Tunnel ins Innere des Drachen führte. Zwei freigeschabte Rippen umrahmten die Öffnung wie bleiche Säulen.
    Ein wildes Brüllen ertönte aus der Richtung des Waldrandes. Der Geweihte wirbelte herum. Der Schrecken auf seinen Zügen wollte so gar nicht zu seiner furchterregenden Erscheinung passen, und Geist wurde zum ersten Mal bewußt, wie angespannt er wirklich war.
    Das Brüllen kam näher. Geist mußte sich zusammenreißen, um sich nicht ebenfalls umzudrehen. Jede hastige Bewegung mochte sie verraten.
    Doch die Moosfräulein sind bekannt für ihre kindliche Neugier, und Geist war keine Ausnahme. Schließlich gab sie ihrem angeborenen Vorwitz nach, hob die Schultern vom Heidekraut und drehte ihren Kopf.
    Ein Koloß stürmte vom Waldrand über die Heide. Schwertschwingend stieß er eine Reihe wilder Schreie aus und rannte auf die Krieger am Klippenrand zu.
    Es war Löwenzahn, und sein Gesicht brannte.
    Nicht sein Gesicht! erkannte Geist mit kaltem Schrecken. Sein Bart stand in Flammen, ein lodernder Feuerball, der eine schwarze Spur aus Rauch hinter sich herzog. Für die Krieger mußte es aussehen, als sei der Feuergott selbst vom Himmel herabgestiegen.
    Der Schmerz mußte grauenvoll sein, aber gleichzeitig schien er Löwenzahn anzutreiben, stürzte ihn in einen Berserkerzorn, dem keiner der zwanzig Drachenkrieger entrinnen konnte.
    Die ersten ließen von der Seilwinde ab und liefen dem Riesen mit zögernden Schritten entgegen. Auf halbem Weg zwischen Wald und Klippe trafen sie aufeinander. Löwenzahns Schreie wurden immer grauenvoller, er fällte die beiden ersten Gegner mit einem einzigen Schlag und riß die Klinge empor, um sich den nächsten entgegenzustellen. Einer brach zusammen, bevor er den Koloß überhaupt erreichte; ein Pfeilschaft mit schwarzen Rabenfedern ragte aus seiner Kehle.
    Löwenzahn nutzte die Atempause, um die Flammen vor seiner Brust mit dem Umhang des Toten zu löschen. Sein Gesicht rauchte, und sein Kinn war von Blasen entstellt, doch er schien die Schmerzen nicht mehr zu spüren. Immer mehr Krieger warfen sich ihm nun entgegen, einige wurden von Pfeilen gefällt, doch viele kamen bis zu ihm durch. Ein wildes Gerangel aus blitzenden Schwertern, blutigen Leibern und dem Schreien der Verwundeten nahm seinen Anfang, immer wieder übertönt von Löwenzahns Gebrüll.
    Am Waldrand erkannte Geist eine Gestalt mit wallendem grauem Haar, die einen Langbogen in Händen hielt. Pfeil um Pfeil sandte sie zu Löwenzahns Unterstützung über die Heide. Ein finsteres Lächeln spielte um Mütterchens Lippen, als sie feststellte, daß ihre Zielsicherheit in den vergangenen Jahren kaum nachgelassen hatte.
    Und noch jemanden entdeckte das Moosfräulein. Ein finsterer Krieger, ganz in Schwarz gekleidet, mit flatterndem Umhang und einem Kragen aus Rabenfedern, pirschte in weitem Bogen um die Kämpfenden herum und näherte sich der Seilwinde. Hagen von Tronje zog das verletzte Bein noch stärker nach als vor wenigen Stunden, als sie den dreien im Wald begegnet war. Mit verbissener Miene näherte er sich seinem Ziel. Auch die letzten Drachenkrieger hatten ihren Platz an der Klippe verlassen und waren dem wütenden Löwenzahn entgegengestürmt. Die Winde war unbewacht.
    In all der Aufregung hatte Geist fast vergessen, in welcher Gefahr sie selbst sich befand. Als sie nun hastig zurück zum Drachen schaute, wurde ihr der Blick von den Beinen des Geweihten versperrt. Er hatte Horn und Bluteimer am Kadaver zurückgelassen und stand nur noch einen Schritt vor ihr, starrte kalt zu ihr herab. Im gleichen Moment schossen seine Hände vor, die Finger zu Klauen gekrümmt.
    Geist wälzte sich blitzschnell herum, um seinem Griff zu entgehen. Flink wollte sie auf die Beine springen und die Flucht ergreifen, doch der Geweihte entwickelte eine unerhörte Schnelligkeit und Kraft. Seine Hände packten das nackte Mädchen am linken Arm. Ein seltsames Kribbeln durchfuhr sie, wo seine Finger sie berührten. Ein bestimmter Teil ihrer selbst schien etwas in ihm zu erkennen, seine Gleichartigkeit zu begreifen, die

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