Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
Flamel drehte sich um und winkte sie zu sich herüber.
»Ich hasse diese Tore«, murmelte Scatty. »Mir wird immer ganz schlecht davon.«
Auch Scatty sprang durch das Glas und kam neben Flamel wieder auf die Füße. Als sie sich zu den Zwillingen umdrehte, sah sie aus, als müsse sie sich gleich übergeben.
Das Bären-Skelett trottete einfach durch die Ladentür und riss sie dabei aus den Angeln. Die Wölfe und Pumas folgten. Vasen fielen um, Spiegel gingen zu Bruch, und Glasfigürchen zersprangen, als die Bestien durch den Laden trampelten.
Ein mit Schrammen und blauen Flecken übersäter Dee kam hereingerannt und stieß die Tiere beiseite. Ein Puma schnappte nach ihm und er gab ihm eins auf die Schnauze.
»Jetzt hab ich euch!«, rief Dee triumphierend. »Ihr sitzt in der Falle und kommt nicht mehr raus!«
Doch als er ins Hinterzimmer trat, traf ihn wie ein Schlag die Gewissheit, dass seine Feinde ihm wieder einmal entwischt waren. Es dauerte nur einen Herzschlag lang, bis Dee die Lage erfasst hatte: den hohen Spiegel, die beiden Gestalten darin, die herausschauten, die alte Frau, die neben dem Mädchen stand, deren Hand wiederum aufs Glas drückte… Der Junge stand auf der anderen Seite und hielt sich am Spiegelrahmen fest. Dee wusste sofort, worum es sich handelte. »Ein Krafttor«, flüsterte er ehrfürchtig. Immer waren es Spiegel, die als Tore fungierten. Irgendwo am anderen Ende der Kraftlinie musste wieder ein Spiegel stehen.
Die alte Frau nahm das Mädchen und schob sie durchs Glas. Sophie purzelte Flamel vor die Füße und drehte sich sofort wieder um. Ihre Lippen bewegten sich, doch es war nichts zu hören. Josh .
Dee fixierte den Jungen und befahl: »Bleib, wo du bist, Josh.«
Josh wandte sich dem Spiegel zu. Das Bild darin verblasste schnell und war nur noch verschwommen zu erkennen.
»Was ich dir über Flamel gesagt habe, war die Wahrheit«, sagte Dee eindringlich. Er brauchte den Jungen nur noch eine oder zwei Minuten lang abzulenken, dann würde der Spiegel seine Kraft verlieren. »Bleib hier bei mir. Ich kann dich erwecken. Dir Macht verleihen. Du kannst mithelfen, die Welt zu verändern. Sie besser zu machen!«
»Ich weiß nicht…«
Das Angebot war verlockend. So verlockend. Aber Josh wusste, wenn er bei Dee blieb, würde er seine Schwester vollends verlieren. – Wirklich? Wenn Dee seine Kräfte ebenfalls weckte, wären sie einander wieder ebenbürtig. Vielleicht war das auch eine Möglichkeit, sich seiner Schwester wieder anzunähern…?
»Schau doch hin«, sagte Dee und zeigte auf das immer schwächer werdende Bild im Spiegel. »Sie haben dich erneut im Stich gelassen. Du bist ihnen nicht mehr wichtig.«
Im Spiegel blitzte es silbern auf – und mit einem Mal sprang Sophie wieder aus dem Glas heraus und ins Zimmer. »Josh? Beeile dich«, keuchte sie, ohne Dee anzusehen.
»Ich…«, begann er. »Du bist wegen mir zurückgekommen?«
»Natürlich bin ich wegen dir zurückgekommen. Du bist mein Bruder. Wie könnte ich dich je im Stich lassen?«
Sophie griff nach seiner Hand, zog ihn zum Spiegel und dann mit einem Ruck durch das Glas.
Dora gab dem Spiegel einen Schubs, sodass er umkippte und in tausend Stücke zerbarst. »Huch!« Sie drehte sich zu Dee um und nahm ihre dunkle Brille ab, damit er ihre Spiegelaugen sehen konnte. »Du solltest jetzt besser gehen. Du hast ziemlich genau drei Sekunden Zeit.«
Dee schaffte es nicht ganz auf die Straße, bevor der Laden explodierte.
KAPITEL VIERZIG
FILMGESELLSCHAFT SORGT FÜR CHAOS IM BESCHAULICHEN OJAI
Der jüngste der vielen Horrorfilme der Enoch-Studios sorgte gestern in der Innenstadt von Ojai für Verkehrschaos und Panik. Die Spezialeffekte waren für einige Bewohner etwas zu realistisch, und in der Rettungszentrale gingen Notrufe ein von Menschen, die behaupteten, die Toten marschierten durch ihre Straßen.
John Dee, Vorstand der Enoch Films, einer Tochtergesellschaft der Enoch Unternehmensgruppe, entschuldigte sich vielmals für die Verwirrung. Grund dafür seien ein Stromausfall und ein für die Jahreszeit ungewöhnlich dichter Nebel gewesen, der aufgetreten sei, als gerade eine Szene aus dem neuen Film gedreht werden sollte. »Das hatte zur Folge, dass die außergewöhnlichen Effekte außergewöhnlich gruselig wirkten«, erklärte sein Sprecher.
Aufgrund des allgemeinen Chaos fuhr ein betrunkener Autofahrer durch den historischen Libbey-Park-Brunnen und kam in der erst kürzlich renovierten Pergola zum Stehen. Dee
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