Nicht ganz sauber
anbieten.
So kam es, dass ich fünf Tage später abgehetzt im Flieger saß. Ich kam nämlich erst um fünf vor zwölf zum Flughafen. Erstens war ich spät dran, und zweitens war es wirklich elf Uhr fünfundfünzig, als mein Mann mit quietschenden Reifen am Terminal des Frankfurter Flughafens vorfuhr. Mein Flug nach Warschau ging um zwölf Uhr fünfunddreißig. Der Grund für meine Verspätung: Ich hatte zu lange geputzt. Das war so: An diesem Vormittag putzte ich bei der Familie Kaiser in Frankfurt-Sachsenhausen. Eigentlich wollte ich am liebsten den Vormittag freinehmen, um mich in Ruhe auf meine erste richtige »Geschäftsreise« vorzubereiten. Aber Frau Kaiser machte mir einen Strich durch die Rechnung:
»Aber Justyna, das ist mir gar nicht recht. Ich brauche Sie unbedingt. Nach dem Urlaub ist so viel zu bügeln. Sie können ja meinetwegen früher anfangen.«
Mein Arbeitsbeginn bei den Kaisers ist in der Regel zwischen sieben und sieben Uhr dreißig. Länger als drei Stunden habe ich dort noch nie gearbeitet. Noch früher anzufangen hätte ich nur schwerlich hinbekommen, da ich ja auch noch meine Sachen für meinen Trip nach Polen packen musste. Also bat ich meinen Mann, der an diesem Tag Spätdienst hatte, mich in der Früh zu den Kaisers zu fahren und dann, gegen zehn Uhr dreißig, dort wieder abzuholen und zum Flughafen zu bringen.
Das Arbeitspensum, das mich an diesem Morgen jedoch erwartete, hatte ich unterschätzt. Ich hatte das Gefühl, der zu bügelnde Haufen Wäsche wäre der einer ganzen deutschen Kleinstadt. Also putzte und bügelte ich an diesem Tag um mein Leben. Ich hatte immer nur meinen Abflug vor Augen, und vielleicht beflügelte mich dieser zusätzliche Druck mit ausreichend Energie. Trotzdem benötigte ich statt drei nahezu vier Stunden. Von zehn Uhr dreißig an schickte mir mein Mann, der in seinem Auto vor der Tür der Kaisers saß, SMS, die immer ungeduldiger klangen, je mehr ich mich verspätete.
Die erste SMS:
»Bin da.«
Die zweite SMS:
»Kommst du?«
Die dritte SMS:
»Hallo??«
Die vierte SMS:
»Wer von uns beiden muss denn zum Flughafen …?«
Gegen elf Uhr dreißig kam ich endlich aus dem Haus gestürzt und schwang mich auf den Beifahrersitz des Autos. Auf der Fahrt zum Flughafen richtete ich meine vom Putzen zerzauste Frisur und schminkte mich. Bereitete mich vor auf mein großes Abenteuer.
Alles ging gut. Und ich erreichte gerade das Gate, als die Passagiere anfingen, in die am Finger wartende Maschine einzusteigen.
Ich war so aufgeregt. Und hatte überhaupt keinen Plan. Mir ging durch den Kopf, wie meine Landsleute auf mich reagieren könnten. Aber auch, wie schön es war, eine solche Würdigung in meiner Heimat zu erfahren. Wenn es denn eine werden würde …
Über den Ablauf meiner Reise hatte ich nur ein paar kleine Anhaltspunkte. Ein Chauffeur würde auf mich am Flughafen warten und mich dann gleich ins Studio fahren für eine Vorbesprechung und die anschließende Masken- und Kostümprobe. So zumindest stand es auf dem Fax, das mir der Verlag hatte zukommen lassen. Die Sendung würde am nächsten Morgen stattfinden. Und 24 Stunden später säße ich dann bereits wieder im Flieger nach Frankfurt. Ich konnte mir aus zwei Gründen keine zweite Nacht in Warschau leisten. Zum einen hatte ich panische Angst davor, wie sich mein Auftritt dort gestalten würde, und nahm an, dass ich wahrscheinlich danach nur noch nach Hause wollte. Und zum anderen hatte ich am darauffolgenden Tag drei Putzstellen hintereinander. Ein 12-Stunden-Tag bei Stammkunden, auf den ich finanziell nie und nimmer verzichten konnte.
Das Brötchen, das ich von der freundlichen Stewardess serviert bekam, blieb unangetastet. Die Hälfte meines Mineralwassers landete auf meinem Tischchen. So nervös war ich. Ich kam mir vor wie ein kleines, dummes Mädchen, das mit einem Mal in die böse, weite Welt hinausgestoßen wurde. Ich besann mich darauf, dass ich schon viel größere Berge in meinem Leben erklommen hatte, angefangen von meinem Ausflug ins Ungewisse, nach Deutschland, vor über zwölf Jahren. Nun flog ich zurück in mein Heimatland, das sich irgendwie so gar nicht mehr wie Heimat anfühlte.
Je weniger ich Zeit hatte, über mein bevorstehendes Abenteuer nachzudenken, desto gelassener wurde ich. Und viel Zeit hatte ich den Rest des Tages ohnehin nicht. Gott sei Dank.
Nach der Landung wurde ich von einem freundlichen Mann meines
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