Nicht mein Märchen (spezieller Festtags-Preis) (German Edition)
Catering-Wagens.
„Was hättest du gerne?“ fragte Jason.
„Ich hab keinen Hunger, wirklich.“
Kyra verdrehte die Augen.
Wir setzten uns in ein paar Stoff-Stühle und ich band mir die Haare hoch. Die Luft fühlte sich kalt auf meiner verschwitzten Haut an. Eklig, dachte ich bei mir.
Jason lehnte sich vor, sein Blick fixiert auf meinen Oberarm. Mein Hemdärmel hatte sich hochgerollt und den unteren Teil meiner Narbe dort freigelegt. Ich zog den Ärmel komplett hoch um sie ihm zu zeigen. „Die hier sieht am schlimmsten aus,“ meinte ich. „Ich hatte zwei OPs an der Stelle.“
Ich grub die Post aus meiner Handtasche und winkte damit Kyra zu. „Sieht nach ner Reihe von Kollegen-Prospekten aus.“ rief ich ihr zu.
„Deine Eltern gehen ja recht subtil vor,“ sagte Jason. „Lass mal sehen, Kanada, Alaska, Äußere Mongolei. Da soll es ja sehr schön sein um diese Jahreszeit.“
Kyra kam zu uns und schnappte sich den Stapel Umschläge. „Colorado College, UT, UCLA. Du bist so‘n blöder Lügner. Oh, der hier ist für dich.“ Sie reichte mir einen der Briefe zurück. Der Umschlag war klein, aber dick.
Er war wirklich an mich adressiert, mit einem gelben Nachsende-Sticker, der Brief war von Loyola. „Mein Finanzhilfe-Paket,“ sagte ich. Ich wollte dort schon anrufen um danach zu fragen.
Jason sah sich um. „Willst es hier öffnen oder hättest du lieber etwas Privatsphäre?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ändert ja nichts daran, was drin ist, oder?“ Ich riss den Umschlag auf und entfaltete die erste Seite. Ich las den Brief einmal, zweimal.
„Und?“ fragte Jason.
„Ich hab eins.“
„Ein Stipendium?“
„Ja, ein volles.“ Ich lächelte ihn an.
„Super, also wirst du definitiv diesen Herbst anfangen?“
„Sieht so aus, ja. Ich muss anfangen, mir ne Bleibe dort zu suchen.“
„Gibt ne Menge günstige Immobilien mit Flut- und Hurricaneschäden dort,“ witzelte die Frau drüben beim Catering-Wagen. Sie starrte mich an, als wäre ich gerade vom Mars runtergebeamt worden.
„Danke…“ sagte ich.
Jason verzog das Gesicht und zog entschuldigend die Arme hoch. „Ich brauch mal ne Klimaanlage,“ meinte er und stand auf.
Laut seinem Plan musste er in den nächsten Minuten die nächste Szene drehen, aber ich folgte ihm trotzdem. Er wollte einfach nur von dieser Frau weg, und um ehrlich zu sein, ich auch.
Am nächsten Tag kam ich nach Hause und fand die Tür des Apartments ein Spalt weit geöffnet vor. Jemand – Kyra vermutete ich – weinte im Innern. „Warte mal,“ hörte ich Jason sagen, „geht’s hier um mich oder dich? Bist du sicher, dass deine Streits mit Nate nichts damit zu tun haben?“
Ich linste durch den Spalt und sah, wie er neben Kyra saß, die gerade wirklich weinte, und seinen Arm um sie gelegt hatte. „Ich versteh’s einfach nicht,“ sagte sie.
„Verstehst was nicht?“
„Du hast nicht mal ihre Narben gesehen?“
„Okay, weißt du was? Jede Gesellschaft in der es normal ist zu sagen ‘Oh Gott, sie hat Narben von Schusswunden. Wie, was meinst du ihr Freund hat die noch nicht gesehen?‘ ist ziemlich kaputt, okay? Krank.“
„Ich dachte das wäre was Ernstes mit euch.“
„Es ist ernst. Du verbindest hier unterschiedliche Konzepte.“
„Scheint nicht so ernst zu sein wie du denkst.“
„Vielleicht solltest du dich um deinen eigenen Kram kümmern. Wir sollten uns über Nate unterhalten und darüber was immer er heute gesagt hat, das dich dazu gebracht hat dich eine Stunde im Badezimmer einzuschließen.“
„Aber ihr seid schon sieben Monate zusammen.“
„Ja. Und?“
„Hast du keine Angst, dass sie dich langsam abserviert?“
„Leute sind halt unterschiedlich. Überlass ihre Entscheidungen mal ihr. Das geht nur sie und mich was an.“
„Du hast dich verändert.“
„Vielleicht. Nicht unbedingt. Ich war nie so wie… Nate , zum Beispiel. Der Typ is widerlich.“
„Ist er nicht.“
„Doch, ist er. Ich mein ja nur.“
„Du hast noch überhaupt nichts mit Chloe angestellt? Gar nichts?“
„Kyra. Ich liebe sie, viel mehr als Nate dich liebt. Mehr als du verstehen kannst, okay? Das wird ziemlich deutlich, durch das Zeug was du von dir gibst.“
„Das wird nicht dazu ausreichen, dass sie bei dir bleibt.“
„Nichts wird reichen. Hier geht es nicht um Kontrolle.“
Kyra sah zur Tür herüber. Sie verdrehte ihren Hals um ihrerseits durch den Türspalt sehen zu können. „Chloe?“
Mein Gesicht brannte. Ich stieß
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