Nicht ohne Beruf (German Edition)
Zeitz. Auch ihr Vater war Bürgermeister gewesen.
Mit Großvater Heinrich Mütze verheiratet, bekam sie acht Kinder, fünf Mädchen und drei Jungs.
Eine Tante war mit einem Gutsbesitzer in Roda verheiratet, wo sich meine Schwestern in schlechten Zeiten immer durchfutterten.
D ie Jungs mussten damals ein Handwerk erlernen, die Mädchen Hauswirtschaft.
Onkel Kurt, der Älteste, hatte eine Sattlerei in der Nähe von Freiberg. Paul, dessen Frau sich einen anderen Mann angelacht hatte, brachte seine beiden Kinder bei den Großeltern unter. Der Sohn, Gerhard ist im 2. Weltkrieg gefallen.
Das Nesthäkchen, Onkel Hugo, war beim Hantieren mit einem Schießeisen, Flinte oder Pistole, tödlich verunglückt. Großmutter sei, wie Mama mir erzählte, u ntröstlich gewesen. Später musste sie noch ein Kind zu Grabe tragen: Meine Mama.
Arme Mütter!
Mama hatte eine sehr schöne Kindheit in einer intakten Familie mit viel Freiheit in der Natur. Die Großen mussten natürlich auf die Kleineren aufpassen oder sie im Handwagen durch die Gegend fahren. Nicht immer lief alles ohne Blessuren ab, wovon eine große Narbe an Mamas Bein Zeugnis ablegte: Beim Herumtollen kam sie in die Sense, als ihr großer Bruder Gras mähte. Davon durfte ihr Vater nichts erfahren, so spielte Liberte allein Samariter.
Sehr bald hatte Großvater dann sein Grundstück und die Mühle verkauft. Wer konnte denn ahnen, dass das Geld, ursprünglich Goldmark, so bald durch die Inflation aufgefressen wurde. Ich höre noch meine Großmutter: ‚Ach, wenn wir wenigstens unsere Arbeit noch hätten!’
Den Seitenflügel des Gebäudes bewohnten sie noch.
Für seine Enkelkinder hatte Großvater je ein Sparbuch angelegt. Auch davon blieb nichts übrig. 1938, fuhr ich zu jener Sparkasse nach Tharant, um das Buch einziehen zu lassen. Die verbliebenen Einlagen deckten nicht einmal die Fahrtkosten.
Schlimme Zeiten
Nach der sechsten Klasse Grundschule ging ich nach bestandener Aufnahmepr üfung in die Sprachklasse. Die schloss nach der 10. Klasse mit der Mittleren Reife ab, sofern man nicht nach den acht schulpflichtigen Jahren abging.
Nach dem Krieg war vieles anders gewo rden, das auch Vorteile für ärmere Leute brachte. Das Schulgeld war weggefallen. Das öffnete Türen zu vielen Berufen, die früher undenkbar waren.
Da das Geld immer knapper wurde, mussten wir noch einmal umziehen, wieder näher zum Stadtkern. Lange ging ich mit meiner Mama Wohnungen besichtigen. Es war keine gute Lage, die wir uns nach der Inflation noch leisten konnten, abgewohnte Häuser oder zu steile Straßen.
Dann, ich weiß nicht, was meine Mutter an der Wohnung gut fand, in der 3. Etage. Sie bekam ja so schon schlecht Luft in Folge ihres Herzklappenfehlers, den sie sich wohl im Krieg durch Gelenkrheum atismus zugezogen hatte. Die Etagenwohnungen zeigten noch Reste der alten Zeit, aber unsere war, sie durfte ja nicht teuer sein, die Mansarde.
Im Sommer war es sehr heiß, dafür im Winter kaum zu beheizen. Kohlen, Br iketts waren teuer, und die bis in den 3. Stock zu transportieren, blieb meiner jugendlichen Kraft überlassen.
Die Stadt hatte Wärmestuben eingerichtet, in einem Schulraum mit Zentralheizung. So gingen wir, Mama und ich, auch dort hin, um zu Hause Kohlen zu sp aren.
Wir hatten uns in der neuen Wohnung eingerichtet. Vormittags drückten wir drei Schwestern die Schulbank. Am Nachmi ttag fanden die beiden größeren eine Beschäftigung, um ein paar Pfennige zu verdienen.
Gretel ging zu einer Familie, deren Töc hterchen zu betreuen. Obwohl der Mann in der Stadt ein Friseurgeschäft betrieb, fertigte seine Frau Heimarbeiten an, Posamenten, wie meine Mama zuvor einmal.
Dorchen hatte sich ein Putzmacherg eschäft ausgewählt, wo sie mit Nadel und Faden zu tun hatte und wo mit ihrer Hilfe mancher Hut entstand. - Ich wollte auch gern etwas tun, das Geld einbrachte.
Als ich noch zu klein dazu war, blieb mir nach den Schularbeiten viel Freizeit zum Spielen auf den Spielplätzen in der Nähe. Mit Puppenwagen traf ich mich mit anderen Kindern auf dem mit Kastanien bewachsenen großen Platz an der Stadtmauer vor Schloss Freudenstein. Es war während der Pestzeit zwischen 1566 und 1579 erbaut worden. Dort war auch das Wohnhaus des berühmten Orgelbauers Silbermann.
Doch als ich größer wurde, suchte ich nach Quellen zum Geldverdienen, um mir auch einige kleine Wünsche erfüllen zu können , um ein bisschen Taschengeld zu haben. Ich hatte
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