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Nicht ohne Beruf (German Edition)

Nicht ohne Beruf (German Edition)

Titel: Nicht ohne Beruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Derado
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Bauerngut, ums sich mal satt zu essen.
    Zum Muttertag, der gerade erst von Amer ika übernommen worden war, kam für Mama ein Päckchen mit frischen Tulpen von meinen Schwestern.
    In der Zeit machte Mama auch mit mir zwei Wochen Ferien bei Tante Lina und i hrem Mann Alwin. Sie hatten eine kleine Tochter, Herta, die damals gerade anfing zu sprechen. Bei unserer Ankunft sagte sie immer ‚Emil’. Keiner konnte sich einen Reim darauf machen, bis sie auf mich zeigte. Ihr fiel es schwer, Leni zu sagen, und so nannte sie mich Emil. Alles lachte.
    Am Abend, als wir alle gemütlich beisa mmen saßen, gab es noch mal Kuchen zum Abschluss. Wir daheim hatten kaum das tägliche Brot. Welch ein Unterschied, hier gab es keine Sorgen ums Essen. Es war wie im Schlaraffenland. Ich genoss diese Zeit und fraß mich durch.
    Beeren, Stachelbeeren, die nur so über den Zaun hingen, blieben nicht verschont. Eine nach der anderen verschwand im Mund. Man sollte kein Wasser darauf trinken! Das gab Bauchpiepen, und nicht zu knapp.
    Auch ein Zentnersack mit Zucker lockte. Eine Tasse stand immer dabei. Auch da konnte ich nicht Maß halten: Magenübe rsäuerung! Oder Übersüßung?
     
    Viele andere Neuigkeiten gab es auf dem Bauernhof: Wie ein Kälbchen zur Welt kommt, konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Die arme brüllende Kuh wurde in die Scheune gebracht. Ich wurde ins Haus geschickt. Aber meine Neugierde hatte die Oberhand. An einer Fensterscheibe drückte ich mir die Nase platt, um alles mitzubekommen, was mit der armen Kuh geschah. Eine Tortur! Seile wurden um ihren mächtigen Leib geschnürt. Doch so ganz verstand ich das Treiben ja doch nicht, bis plötzlich ein Kälbchen da lag.
     
    Es gab auch ein Spinett von Alwins Bruder, der Lehrer war. Das lockte, meine Finger über die Tasten tanzen zu lassen.
    Onkel Alwin starb wenig später an Speis eröhren-Krebs. Vermutlich ist Dorchen deshalb in Roda geblieben, um die Tante mit dem Hof nicht mit fremden Leuten allein zu lassen. Außerdem war ihr bewusst, dass zu Hause Schmalhans Küchenmeister war.
    Dort im Ort fand sie auch ihre große Li ebe. Alfred, ihr Zukünftiger in Uniform, hatte sich für 12 Jahre beim stehenden Heer verpflichtet. Sein Standort war Leipzig, wohin Dora auch bald zog. Heiraten durften sie aber erst, als Alfred 27 Jahre alt war. Das war Bedingung beim Heer. Aber dann auch nicht einen Tag später! Da konnte ihr ältester Sohn schon Blumen streuen!
     
    Gretel war von der Tante zurück nach Freiberg gekommen und stieg ins Berufsleben ein. Sie arbeitete in einem Delikatessengeschäft und hatte dort auch Quartier.
    So war ich allein mit Mama. Unser Vater ging schon seit langer Zeit eigene Wege. In die neue Wohnung war er nicht mit eingezogen, sondern zu einer anderen Frau. Sorgen musste er dennoch für uns, für Mama und mich. Um aber zu unserem Recht zu kommen, das war aufreibend.
    F reitags, am Lohntag, machten Mama und ich uns auf den Weg, Vaters Rückkehr von der Arbeit vor dem Haus, in dem er lebte, nicht zu verpassen, um das uns zustehende Geld in Empfang zu nehmen. Sonst hätten wir nie etwas davon abbekommen.
    Der Tag verlief nun ohne meine Schwe stern mit Schulaufgaben, englischen Vokabeln lernen. Beim Rechnen war meine Mama ganz Ohr. Sie war, wie sie mir sagte, Klassenerste gewesen. Aber um die Jahrhundertwende (1900) war nicht die Zeit, um als Mädchen einen Beruf zu erlernen, außer Hauswirtschaft. So blieben die Frauen von den Männern abhängig, auf Gedeih und Verderb.
    Das sollte mir mal nicht passieren!
     
    Wir hatten einen sehr netten Klassen- und Zeichenlehrer, der manchmal nachmittags in Wahlkursen Zeichnen lehrte. Mir mac hte das große Freude. Wir zeichneten Stillleben. Die Kohlezeichnungen wurden mit einer speziellen Lösung fixiert.
    Für Sport war ich begeistert. Dieser Lehrer spielte mit uns Völkerball auf dem Schulhof. Im Sommer gingen wir im Rahmen der Turnstunde ins öffentliche Schwimmbad, im Winter ins Hallenbad in einer still gelegten, umgebauten Gas-Anstalt. Zwei große Tanks waren die Schwimmbecken. Selbstverständlich hatten Weiblein und Männlein getrennte Hallen. Extra abgeteilte Duschräume und Holzkübel für Fußbäder gab es. Zu den Umkleideräumen führte eine Treppe nach oben.
    Auch außerhalb der Schulstunden ging ich dort noch zum Baden.
    Sonntags hatte ich eine andere Beschäftigung, eine lohnende. Fleißig ging ich singen im Kirchenchor der Nikolaikirche, einer im Mittelalter erbauten spätgotischen Kirche. Eigentlich

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