Nicht ohne meinen Mops
ein schönes Teil, denke ich.
Rolf wühlt derweil in einem der Säcke und zieht das noch bezogene Bettzeug heraus. Er schüttelt Decke und Kissen auf, streift das Laken über die am Boden liegende Matratze. »So, und nun ab ins Bettchen, Stündchen schlafen.«
Ich salutiere. »Jawoll, Herr General.«
Die Jungs lachen und schließen sachte die Tür. Das Leben ist schön, denke ich, als ich mich auf die Matratze plumpsen lasse. Die Scharniere zwischen meinen Knochen quietschen und Muskeln, die ich heute Morgen definitiv noch nicht hatte, machen sich bemerkbar. Kaum habe ich mich ausgestreckt und einen Blick auf die Jugendstildame im Fenster geworfen, fallen mir auch schon die Augen zu.
»Oh ja, ja, ooooh, jaaaaa!« Das orgiastische Stöhnen einer Frau weckt mich. Wo bin ich? Durch die Fenster fällt das fahle Licht einer Straßenlaterne. Meine Jugendstilfreundin im Fenster ist erblasst. Mein neues Zimmer! Ich versuche, meine Muskeln und Knochen zu sortieren und mich von der Matratze hochzurappeln. Welcher der Jungs hat die Frechheit, gleich am ersten Abend schamlos zu poppen?
»Oh je, oh, neee.« Ich bin innerhalb weniger Stunden um 60 Jahre gealtert. Aber die Wut und das Entsetzen über die männlichen Sexualtriebe verleihen mir Kraft. Im Schneckentempo bewege ich mich auf die Tür zu. Licht kann ich keines machen, die Nachttischlampe steckt noch in irgendeinem Karton. Ich folge der Helligkeit, die unter dem Türschlitz hindurch scheint.
»Ich will genau das, was sie hatte«, ruft eine ältere Frauenstimme, als ich in den Flur trete. ›Harry & Sally‹ flimmern über den Flachbildschirm! Meine Jungs sitzen nebeneinander auf der schwarzen Ledercouch. Earls Kissen liegt direkt vor dem Sofa. Der Mops fiept im Schlaf. Ein Stück Pommespappschale liegt unter seinem Kinn.
»Ah, die Prinzessin ist erwacht«, ruft Rolf, als er mich bemerkt. Chris klopft einladend auf den freien Platz neben sich. Gähnend lasse ich mich zwischen die Jungs fallen.
»Und, gut geschlafen? Du weißt ja, der erste Traum in einem neuen Bett …« Chris zwinkert mir zu.
»… ich hatte gerade eine Vision«, sage ich, zwinkere zurück und springe gleich wieder auf. Du liebe Güte – erst mal Zähne putzen, ich kann doch nicht mit dem Geruch von totem Hamster zwischen den Zähnen den ersten gemeinsamen WG-Abend verbringen! Okay, die Jungs riechen auch nicht nach Veilchen, aber Männerschweiß ist … sexy. Mundgeruch? Geht gar nicht.
Als ich aus der Toilette – pardon: meinem Boudoir – wieder ins Wohnzimmer komme, steht ein drittes Glas auf dem Tisch, in dem sich harzig riechender Wein räkelt. Schwerer Wein, so dunkel, dass der Schein der Teelichter, die auf dem Couchtisch drapiert sind, nicht hindurch dringt. Wortlos reicht Rolf mir einen Teller lauwarmer Spaghetti mit Pesto.
»Sorry, die Mikro ist noch nicht installiert«, sagt Chris. Egal. Und wenn die Pasta tiefgefroren wäre, ich habe einen Bärenhunger. Fasziniert schauen die beiden mir zu, wie ich innerhalb von geschätzten 26 Sekunden den Teller leere. Rolf nimmt mir den Teller ab, Chris reicht mir das Weinglas. Ich lehne mich zurück gegen die Kissen. Harry und Sally sind sich einig, dass Männer und Frauen sehr wohl Freunde sein können, ohne sich zu verlieben. So ganz mag ich diese Einstellung nicht teilen, wenn ich die Sahnestückchen rechts und links von mir anschaue. Ich gähne herzhaft.
»Habt ihr auch das Gefühl, dass euer Skelett aus Pudding besteht?«
Rolf lacht. »Nichts auf dem Kasten, diese jungen Frauen. So ein bisschen Möbelschleppen ersetzt doch jedes Workout.«
»Dann hab ich heute den Iron Man gemacht.« Chris stöhnt, als er seine Schultern kreisen lässt. »Wenn das so viele Muskeln gibt, wie es wehtut, muss sich Schwarzenegger warm anziehen.«
»Eben, Rolf. Und ich wache morgen früh auf und bin Lara Croft.« Ich blinzele mit den Augen und, oh Wunder der Schöpfung, Rolf fasst mich an den Schultern, dreht mich leicht zur Seite und beginnt, meinen Nacken zu massieren.
»Oh ja, ooohhhh, jaaaaa.« Komm schon, Meg Ryan, das bisschen Leinwandgestöhne kann ich leicht toppen. Rolfs Finger sind angenehm kühl und finden genau die Stellen, bei deren Berührung sich leichter Schmerz mit wohligem Schaudern abwechselt. Der Mann ist perfekt. Earl macht die kleinen Äuglein auf und beobachtet die Szene. Schwerfällig hebt er den Kopf. Unter seinem Kinn lag noch eine Pommes, die er mit seiner rosa Zunge aufleckt und dann im Maul verschwinden lässt. Der Mops
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