Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)

Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)

Titel: Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tate Hallaway
Vom Netzwerk:
herzhaft und rollte dabei ihre rosa Zunge bis zum Anschlag aus, bevor ihr Maul wieder zuschnappte.
    »Das sagst du so«, entgegnete ich und kraulte sie noch einmal ausgiebig hinter den Ohren, »aber ich wette, du würdest nicht mal eine Woche durchhalten!«
    Sie schnaubte, sprang von der Toilette und tappte auf leisen Pfoten zur Tür hinaus. Ich wusste, wohin sie wollte: in die Küche. Ich fütterte sie, dann schlang ich brav eine Schüssel Vollkornflakes hinunter, während Barney mit aufmerksamem Blick über mich wachte. Danach trank ich hastig ein paar Schlucke Kaffee und verbrannte mir fast die Zunge. Den restlichen Kaffee schüttete ich in eine Thermoskanne, die ich in meinem Rucksack verstaute. Dann kontrollierte ich noch einmal seinen Inhalt: Kleenex, schwarzer Lippenstift, Wasserflasche, Fahrradschloss und die neueste Ausgabe des Mountain Astrologer , die ich in der Mittagspause lesen wollte.
    Ich tastete den Rand des Segeltuchsacks ab, bis ich das Geheimfach fand. Nachdem ich es geöffnet hatte, zählte ich die zweitausend Dollar nach, die ich immer bei mir hatte. Es war zwar nicht annähernd genug, falls ich wieder einmal Hals über Kopf flüchten musste, aber es war ein besserer Start in ein neues Leben als der, den ich zuletzt gehabt hatte. Ich versteckte die Scheine wieder in dem Fach.
    Barney miaute. Ich strich ihr über den Kopf. »Ich nehme dich natürlich mit, wenn ich abhauen muss, versprochen.«
    Sie machte einen Buckel, streckte sich und marschierte zu ihrem sonnigen Plätzchen zwischen den Kräutern, die ich im Turmzimmer neben der Küche zog. Ich stellte meine Schüssel zu den anderen schmutzigen Sachen im Spülbecken und nahm mir vor, den Abwasch möglichst bald hinter mich zu bringen.
    Bevor ich das Geheimfach schloss, nahm ich vorsichtig Jasmines Gebetskette heraus. Jasmine und ich waren zusammen aufs College gegangen. Ich hatte sie dazu überredet, dem Zirkel beizutreten, obwohl sie immer gesagt hatte, dass ihr der handwerkliche Aspekt unseres »Handwerks« viel besser gefalle als der magische. Die Gebetskette war der Beweis dafür. Sie war ein echtes Kunstwerk. Jasmine hatte sie aus Silberdraht angefertigt, auf den sie Perlen aus Perlmutt und kleine Amethyststeine in Dreiergruppen aufgezogen hatte.
    »Der Kreis ist geöffnet, aber ungebrochen«, flüsterte ich. Mit diesen Worten hatten wir unsere Rituale immer beendet. Doch in diesem Fall trafen sie nicht zu. Als die Agenten des Vatikans Jasmine angegriffen hatten, war eine der silbernen Ösen kaputtgegangen, und der Kreis war gebrochen .
    Ich verstaute die Kette bedrückt wieder in dem Geheimfach. Es war noch etwas anderes darin versteckt, aber das wollte ich mir nicht ansehen: ein blutbeschmiertes Kruzifix. Ich – oder besser gesagt: die Göttin – hatte es einem toten Vatikan-Agenten abgenommen.
    Erschaudernd sah ich auf meine Uhr. Ich war wieder einmal reichlich spät dran. Aber ich durfte mich nicht verspäten. Nie wieder.
    Ich wohne im oberen Stockwerk eines alten, knarzenden viktorianischen Hauses. Nachdem ich meine Tür abgeschlossen hatte, lief ich die Treppe hinunter. Das Treppenhaus und der schmale Korridor im Erdgeschoss waren die einzigen gemeinschaftlich genutzten Bereiche des Hauses, das nur einen Kilometer vom Campus entfernt lag und schon unzählige Studenten beherbergt hatte. Dies zeigte sich nirgends deutlicher als in diesem Aufgang. Die stark strapazierten Holzstufen waren mittlerweile von einer dunklen Patina überzogen. Der Läufer auf der Treppe, der irgendwann in seinem Leben vielleicht einmal rot gewesen war, hatte einen stumpfen Braunton angenommen. Die Scheibe des Fensters am Treppenabsatz hatte einen Sprung.
    Aber trotz der schlechten Behandlung war das prächtige alte Haus in einem guten Zustand. Ein Kronleuchter mit Tulpengläsern hing an einer dicken Messingkette unter der stuckverzierten Decke. Das Geländer hatte, auch wenn es etwas schäbig und verkratzt aussah, noch alle Spindeln und verlief in einem schwungvollen Bogen bis nach unten. Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt, das ein wenig matt geworden war.
    Ich nahm mein Mountainbike, das im Flur an der Wand lehnte, und verließ das Haus. Es war Ende Mai, und es gab endlich die ersten warmen Tage. Die Zweige der Bäume waren mit hellgrünen Knospen besetzt. Farne und Akeleien kamen unter Laub und Mulch hervor und kämpften sich ans Licht. Die Luft war zwar noch ein wenig frisch, aber der See glitzerte im Sonnenschein, und die Möwen kreisten

Weitere Kostenlose Bücher