Nicht schon wieder Liebe
sinken zu lassen. Herrgott noch mal, Davis, reg dich ab! Du solltest vielleicht mal versuchen, den Idiotenquotienten hier nicht künstlich in die Höhe zu treiben. »Es tut mir Leid, ich hätte mich wohl besser erst einmal vorstellen sollen.« Mit hoch erhobenem Kopf und einem verstohlenen Ziehen an ihrem eleganten Wollblazer, mit dem sie sich daran erinnern wollte, dass sie es immerhin ganz schön weit gebracht hatte, trat sie erneut an den Tresen. »Ich bin Veronica Davis. Ich wollte nur kurz hereinschauen, um zu sehen, wie der Laden läuft.«
Cooper Blackstock erstarrte. Oder zumindest glaubte sie, dass er das tat, doch der Augenblick kam und ging so schnell, dass sie sich fragte, ob sie sich das vielleicht nur eingebildet hatte, denn im nächsten Moment schien er wieder vollkommen entspannt, sein Lächeln genauso lässig und charmant, wie es noch eine Sekunde zuvor gewesen war. Sie stieß einen müden Seufzer aus. Es war ein sehr langer und anstrengender Tag gewesen, und die Erschöpfung ließ sie offensichtlich Dinge sehen, die gar nicht existierten.
»Sie wollen wissen, wie der Laden läuft?«, verlangte Coop kühl zu wissen. »Okay, ich werd’s Ihnen sagen, Lady - im Moment nicht so berauschend. Aber jetzt, wo ich Sie im Visier habe, geht’s wieder bergauf. Hier!« Er warf ihr irgendetwas zu, und sie hob unwillkürlich die Hand, um es aus der Luft zu fangen, bevor es sie ins Gesicht traf. »Binden Sie sich die da um«, wies er sie an. »Und dann machen Sie sich an die Arbeit. Wir haben zu wenig Personal.«
Sie blickte entgeistert auf die weiße Schürze in ihrer Hand, dann ließ sie sie so abrupt fallen, als wäre sie eine Kakerlake, und hob mit einem Ruck den Kopf, um Coop entsetzt anzustarren. »Ich serviere keine Drinks!«
»Hören Sie zu, Prinzessin, ich habe eine Kellnerin, die sich krankgemeldet hat, und eine andere, die gerade eben fristlos gekündigt hat. Wenn Sie wollen, dass das Tonk zumacht und die Einnahmen einer Nacht verliert, okay, dann ist das ganz allein Ihre Entscheidung. Aber erwarten Sie nicht von mir, dass ich mir hier den Buckel krumm schufte, während Sie zu vornehm dazu sind, sich Ihre lilienweißen Hände schmutzig zu machen und ein paar Gläser zu schleppen.«
Sie funkelte ihn böse an, doch er zuckte lediglich mit seinen muskulösen Schultern und griff nach dem Bierkrug, den ihm ein Gast am Ende der Theke zum Nachfüllen hinhielt. Er stellte den Krug in die Spüle, nahm einen sauberen und hielt ihn schräg unter einen Zapfhahn. Veronica beobachtete das Spiel seiner Muskeln an den Unterarmen unter den hochgeschobenen Ärmeln seines buttercremefarbenen Pullovers, als er den Bierstrom aus dem Zapfhahn regulierte und den Krug füllte, und starrte finster auf seine grobknochigen Handgelenke und die schiere Größe seiner derben, schwieligen Hände.
Wer war dieser Kerl mit dem Körper eines Farmers und dem Blick eines Kriegers, dass er sich einbildete, er könnte ihr vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatte? Was gab ihm das Recht, ihr mit der Schließung der Bar zu drohen? Genau genommen war sie hier die Inhaberin, und das machte sie zu seiner Chefin. Wenn hier irgend jemand Befehle erteilen sollte, dann ja wohl sie.
Aber sie war einfach zu erschöpft und mitgenommen, um sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen. Besonders mit jemandem, der ganz so aussah, als würde er einen ordentlichen Kampf genießen, je gemeiner und schmutziger, desto besser. Ganz zu schweigen davon, dass auch er einfach kündigen könnte wie Rosetta - und das wäre nun wirklich das Sahnehäubchen auf ihrem Kuchen, das ihr zu ihrem Glück gerade noch gefehlt hätte.
Und trotzdem hinderte sie das nicht daran, sich über sein Verhalten zu ärgern. Er kannte sie doch überhaupt nicht. Er hatte ja nicht die geringste Ahnung, wie hart sie gearbeitet hatte, um von hier wegzukommen; also, wie konnte er es wagen, sie anzusehen, als ob sie sich zu fein für ehrliche Arbeit wäre?
Wenn sie klug war, würde sie jetzt einfach auf dem Absatz kehrtmachen und gehen, so wie sie es schon längst hätte tun sollen, und zum Henker mit der Bar! Sollte der verdammte Laden doch vor die Hunde gehen, das war ihr doch wirklich schnurzegal!
Außer ... außer dass die Honky Tonk Bar das Erbe ihrer Nichte Lizzy war, nun da Crystal nicht mehr da war.
Tot. Ein jäher Schmerz durchzuckte Veronica, schnitt wie ein Messer in ihr Herz. Ihre Schwester war im vergangenen Monat ermordet aufgefunden worden, und Lizzys Vater, Eddie
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