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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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ausnützen. Glauben Sie mir. Ich weiß, wovon ich spreche. Sie dürfen sich nicht zu billig verkaufen. Sie müssen Geld machen, solange Sie noch berühmt sind. Wenn Sie wünschen, nehme ich das selbst in die Hand…«
    »Nach der Vorstellung, bitte«, fleht Topol ihn an. »Jetzt muß ich mich für meinen Auftritt fertigmachen.«
    Er wendet sich ab und versucht ein paar Worte mit Danny Kaye zu wechseln, der in eine Ecke des andern Garderobenflügels geflüchtet ist und angstvoll die Szenerie beobachtet. Gerade als Topol sich zu ihm durchgeschlagen hat, wird die Türe aufgestoßen und eine Gruppe von Touristen, die von einem Reisebüro in Tel-Aviv betreut werden, ergießt sich in den Raum. Sie schwingen Prospekte, in denen ganz deutlich steht: »Donnerstag: Spaziergang durch den Hyde Park, Besuch im Parlament und in der Garderobe von Chaim Topol, gemütliches Beisammensein mit dem Schauspieler nach Schluß der Vorstellung, gemeinsames Abendessen.« Der Fotograf, der die Gruppe begleitet, schickt sich an, die denkwürdige Begegnung im Bild festzuhalten. Während er Topol auffordert, einem der ihn Umringenden mit freundlichem Lächeln die Hand zu schütteln, ertönt das zweite Klingelsignal, welches anzeigt, daß der Vorhang in zehn Minuten aufgehen wird.
     
    »DOPPELZIMMER MIT BAD UND ZWEI TICKETS FÜR 27.JULI
    GRUSS DR FRIEDMANN«,
     
    lautet der Text des Telegramms aus Haifa, das dem Schauspieler soeben eingehändigt wird.
    Gleich darauf erscheint der Garderobier, der von einem Schwarzhändler vor dem Theater die dritte Karte für Billitzers Schwester erworben hat. Topol zahlt, da Billitzer sich in der fremden Währung nicht auskennt. Billitzer verspricht, den Betrag morgen zu retournieren, oder, noch besser, ihn aus Tel-Aviv zu überweisen. Unterdessen bestellt Topol das von Dr. Friedmann gewünschte Doppelzimmer mit Bad und versucht gleichzeitig, der hartnäckig an seiner Seite verbleibenden Frau Wexler etwas klarzumachen:
    »Es geht nicht, Madame. Wirklich nicht. Alle Schauspieler sind für die Laufzeit des Stückes fix engagiert. Die Theaterleitung kann Ihretwegen nicht kontraktbrüchig werden…«
    Die Sache ist die, daß Frau Wexler die Rolle der Heiratsvermittlerin übernehmen möchte. Sie hat in Polen große schauspielerische Erfahrung gesammelt, von der sie leider in Israel bisher noch keinen Gebrauch machen konnte, da sie nicht Hebräisch spricht. Sie spricht auch nicht Englisch, aber das kann man ja lernen, was zahlen die hier?
    Topol verteilt Autogramme an einen Trupp englischer Pfadfinder und lehnt mit der andern Hand das Angebot einer jüdischen Delegation aus Birmingham ab, die ihn zum Gemeindevorsteher ernennen will, vorausgesetzt, daß er den führenden Tanz- und Gesangspart in ihrer Weihnachtspantomime übernimmt. Gestern haben sie einen ähnlichen Vorschlag dem Bischof von Liverpool gemacht, der jedoch wegen Arbeitsüberlastung ablehnen mußte. Also darf Topol sie jetzt unter gar keinen Umständen enttäuschen.
    Topol enttäuscht sie und wird im gleichen Augenblick von einer blonden Flugzeug-Stewardess umarmt, die morgen mit sämtlichen Besatzungsmitgliedern den ›Fiddler‹ sehen will.
    Neun Karten, womöglich Mitte.
    Topol sitzt vor dem Spiegel und schmiert sich schwarze Tusche unter die Augen, um älter auszusehen. Eine überflüssige Maßnahme. Er schaut viel älter aus, als er ahnt. Der Buffetbesitzer Avigdor steht hinter ihm und zeigt ihm, wo noch etwas Schwarz hingehört.
     
    Drittes Klingelzeichen. Zweites Kabel von Dr. Friedmann: »EILSENDET ZWEI ROUNDTRIP TICKETS TOURISTENKLASSE FÜR 27. JULI.«
     
    Ein würdig aussehender Herr in Cut und Zylinder versucht an Topol heranzukommen, der ihm aber schon von weitem in hebräischer Sprache zuruft, daß es für heute wirklich keine Karten mehr gibt, Ehrenwort. Der würdig aussehende Herr wendet sich achselzuckend ab, weil er kein Wort verstanden hat. Er ist der Lord Mayor von London.
    »Kommen Sie morgen zu mir ins Hotel«, ruft Topol hinter ihm her, immer noch hebräisch. Seine Stimme klingt heiser.
    »Er sollte besser auf sich aufpassen«, flüstert Billitzer seiner Schwester ins Ohr und läßt eine Mentholtablette in Topols Mund gleiten. »Übrigens – wie hoch ist Ihre Gage? Angeblich 10 000 Dollar pro Abend. Stimmt das?«
    Letztes Signal.
    Bald darauf durchflutet Topols männlicher Baßbariton das Haus: »Tradition, Tradition…« Die Vorstellung hat begonnen. Das als kühl verschrieene englische Publikum tobt vor Begeisterung,

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