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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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besorgt, frag bei Freunden nach Tom.
    Und ruf dann die Polizei an.
     
    Punkt 1: Ich gehe wie jeden Tag normal zur Arbeit und lasse mir in der Agentur möglichst nichts anmerken. Zum Glück hat die kleine Schlampe sich krankgemeldet, allerdings mit Migräne; wenn ich also früher nach Hause will, muss ich mir eine andere Ausrede einfallen lassen, so viel Migräne auf einmal wäre unglaubwürdig. Johannes gehe ich wie allen anderen Menschen auch so weit wie möglich aus dem Weg. Und mache so früh wie möglich Feierabend.
     
    Punkt 2: Gegen acht Uhr abends telefoniere ich mit Johannes. Ich frage ihn, ob er weiß, wo Tom sein könnte.
     
    Punkt 3: Kurz nach 21 Uhr rufe ich die Polizei an und melde meinen Mann als vermisst. Den Beamten sage ich, ich hätte ihn nicht mehr gesehen, seit er gestern Morgen zur Arbeit gegangen ist. Die Polizei erklärt, dass sie in solchen Fällen wenig machen kann, jeder erwachsene Mensch darf seinen Aufenthaltsort frei wählen. Sie leitet nur bei Kindern und Jugendlichen eine Fahndung ein oder wenn Gefahr für Leib und Leben besteht, jemand zum Beispiel Selbstmordabsichten hegt oder dringend Medikamente braucht. Trotzdem kommt spät noch eine Streife vorbei. Ich bitte die Beamten ins Haus, und während die Beamtin mir Fragen stellt, sieht ihr Kollege sich wie selbstverständlich im Wohnzimmer um.
    Die Polizistin zieht Block und Stift aus ihrer Jackentasche hervor.
    »Sie haben Ihren Mann also wann zum letzten Mal gesehen?«, fragt sie.
    »Gestern Morgen.«
    »Seither haben Sie nichts von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Ihre Ehe war glücklich?«
    Und prompt gerate ich ins Stammeln. »Ja. Normal. Weiß nicht. Wieso?« Was soll ich auf die Frage antworten? Mal mehr, mal weniger. In ihren letzten dreißig Sekunden war sie es.
    »Hat Ihr Mann vielleicht nebenher was am Laufen, eine Geliebte, ein Verhältnis?«
    Ihr Partner mischt sich ein und zeigt plötzlich eine ungeahnte Begeisterung: »Ja, oder verkehrte er in Homosexuellenkreisen, stand er auf ausgefallene Sexualpraktiken –«
    »Henning!«, ruft ihn seine Kollegin zur Ordnung.
    »Was? Denk an den Architekten neulich, der in dem Domina-Studio erstickt ist. Kann doch sein.«
    »Es reicht! Die Frau hat genug Sorgen.«
    »’tschuldigung.« Beleidigt setzt Henning seine Besichtigungstour durch unser Wohnzimmer fort.
    »Also, irgendwelche Auswärtsspiele?«, hakt die Polizistin nach.
    »Ja, er hatte mal eine Affäre. Aber das ist längst vorbei«, beteure ich.
    »Seit wann?«
    »Oh, schon seit Montag!«
    Henning lacht bitter: »Seit Montag? Und da ist schon alles vergeben und vergessen? Was für ein Glückspilz! Meine Alte lässt mich nicht mehr ran, seit ich Silvester vor drei Jahren mal ihrer Schwester an den Hintern gefasst habe!«
    »Henning!!!«
    Scheint so, als stünde Henning nicht nur zu Hause unter dem Pantoffel. »Ja, ja«, mault er, und während seine Kollegin mit den Fragen fortfährt, inspiziert er weiter unsere Wohnzimmereinrichtung.
    »Die Sache ist also noch frisch. Wissen Sie, wie die andere Person heißt?«
    »Yvonne. Yvonne Mahlkorn.«
    Ihr männlicher Kollege ist beim Bücherregal angekommen, er zieht einen der Bildbände über Oldtimer hervor, um darin zu blättern. »Hey, ich kenne Ihren Mann«, sagt er plötzlich, »der war das mit dem Tanklaster neulich, stimmt’s?«
    Ich nicke, woraufhin der Polizistin vor Überraschung der Stift aus der Hand fällt: »Was, der mit dem Oldtimer unten an der Ampel, das war Ihr Mann? Da war er schon mal so gut wie tot.«
    Ihr Kollege schiebt den Bildband zurück ins Regal: »Ich glaube, wir hören uns doch mal ein bisschen um.«

52
    »Maryam, Maryam, die ziehen das ganze Haus auf links.«
    »Wer ist die?«
    »Weiß nicht. Polizei.«
    »Haben sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    »Ich glaub, ja.«
    »Scheiße, was hast du denen gestern erzählt? Du solltest nur deinen Mann als vermisst melden. Halt, sag nichts, solange sie noch daneben sitzen.«
    Ich frag mich selbst, was ich mal wieder falsch gemacht habe. Sie haben morgens um sechs geklingelt und mich vom Sofa geholt; sonst hätte ich sogar fast mal ein paar Stunden am Stück geschlafen.
    Als ich die Tür geöffnet habe, hat mir eine Kriminalbeamtin ein Formular unter die Nase gehalten, sie hat mir freundlich einen guten Morgen gewünscht und erklärt, es gebe den Anfangsverdacht auf ein Tötungsdelikt und sie würden sich nur ein wenig umsehen. Die Untertreibung des Jahrtausends! Seither durchforstet ein halbes Dutzend Beamte

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