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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen
Autoren: Claus Vaske
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Nervig, die Veranstaltung.
    Ich sammle meine Brocken Schulfranzösisch zusammen und spreche einen der Künstler an: »Excusez-moi. Quelles sont vos peintures?«
    »Die, wo die Figure uf Zeitungspapier g’malet sin.« Ich bin überrascht: Ein Togolese, der schwäbelt.
    Ich hake nach: »Wieso sprechen Sie so gut … Deutsch?«
    »I wohn seit zweiundzwanzig Joar in d’r Näh von Schduddgard.«
    Ah, okay. Dieser Togolese ist noch mehr Deutscher als Roberto Blanco. Ein bisschen fühle ich mich hinters Licht geführt, aber wer will es dem Galeristen verdenken: Kunst von der Schwäbischen Alb ließe sich wohl deutlich schlechter vermarkten.
    Mein erstes Alibigespräch an diesem Abend, wir haben gerade erst ein paar Worte gewechselt, und schon klingelt das Handy. Meine Hände zittern, vor Aufregung rutscht mir das Gerät fast aus den Fingern. Ist es der Cousin? Ich schaffe es gerade noch, eine der Tasten zu treffen, bevor die Mailbox anspringt, und melde mich atemlos:
    »Ja?«
    »Du kannst den Idioten behalten«, quakt es auf der anderen Seite. Das ist nicht die Stimme des Cousins.
    »Wen?«, frage ich.
    »Wen schon? Deinen Mann, Tom.« Yvonne. »Er hat Schluss gemacht. Mit mir. Montag schon. Dabei hat er gesagt, er liebt mich, und er lässt sich scheiden, und ich bin doch viel jünger und schöner und so.«
    Ich kann kaum glauben, was ich da höre: »Er war Montag bei dir, um Schluss zu machen?«
    »Ja, und ich hab gesagt, wenn er mich abserviert, dann verrate ich alles, dann mach ich ihn fertig. So einfach gebe ich nicht auf.«
    »Du hast ihn erpresst?«
    Ich schließe die Augen und sehe wieder, wie Tom Montagnacht in unser Schlafzimmer gekommen ist. Ja, er war verzweifelt, aber er hatte mich nicht betrogen, er hatte auch kein schlechtes Gewissen, daran lag es nicht. Er wollte zu mir zurück, doch Yvonne ließ ihn nicht. Ich Idiot, ich habe ihm komplett unrecht getan.
    »Ich wollte, dass er bleibt!« Wie sie das sagt, klingt Yvonne sogar ehrlich zerknirscht. Meine Güte, sie weiß nicht, was sie anrichtet!
    »Yvonne, bitte: Wo ist Tom jetzt?«
    »Brav auf dem Weg zu Frauchen. Wie sich das gehört. Viel Spaß mit dem Scheißkerl, du hast gewonnen.«
    Gewonnen? Zu Hause wartet auf ihn der Cousin, den ich angeheuert habe. Wieso habe ich mir nicht die Telefonnummer geben lassen, dann könnte ich den Auftragskiller noch anrufen und die Sache abblasen. Wie viel Zeit habe ich noch?
    Was Togolesen über deutsche Frauen sagen: Sie telefonieren zitternd, dann schreien sie verzweifelt und rennen grußlos weg.
    Tom geht nicht ans Handy, ich kann ihm nur auf die Mailbox sprechen: »Wenn du nach Hause kommst, bitte geh nicht rein. Bleib draußen, warte auf mich. Es ist wichtig!«
    Ich könnte auch über die Taxizentrale versuchen, an den Kastraten in Taxi Nr. 3309 heranzukommen, damit der seinen Cousin anruft, oder ich alarmiere die Polizei, aber wie lange würde das dauern? Würden sie mir glauben? Ich schaffe es auch nicht mehr, Niemeyers nebenan zu erreichen, damit sie vielleicht Tom abfangen, es geht nicht. Denn wie soll ich telefonieren, während ich mit 120 Sachen bei Rot über die Kreuzung rase? Auf dem Innenstadtring kann ich im letzten Moment noch einer Oma mit Rollator ausweichen, an der Steigung hoch nach Hellersheim schalte ich zurück in den dritten Gang und gebe Vollgas. Mit quietschenden Reifen biege ich in unsere Straße ein, da fährt Tom gerade sein Auto in die Garage. Wow, geschafft, damit habe ich den entscheidenden Vorsprung, er ist gerettet! Ich parke vor der Tür und springe raus, jetzt geht es nur noch darum, unbemerkt diesen tödlichen Sachbearbeiter aus dem Haus zu schleusen, und zwar schnell!
    Als ich die Haustür aufschließe, rufe ich so laut ich kann »Ich bin’s!«, damit der Cousin weiß, wer kommt.
    Unten ist kein Killer. Hat er etwa gekniffen, und ich habe völlig umsonst meinen Führerschein riskiert? »Hal-lo!« Ich gehe die Treppe hoch, schiebe vorsichtig die Tür zum Schlafzimmer auf. Da sitzt er seelenruhig auf unserem Bett und schraubt den Schalldämpfer auf die Waffe.
    »Pst!« Ich lege den Finger auf den Mund, damit er leise ist, dann bitte ich ihn flüsternd: »Gehen Sie.«
    »Wieso, der Kerl ist doch noch gar net tot.«
    »Egal. Gehen Sie einfach.«
    »Ja, und des Geld?«
    »Kriegen Sie. Versprochen. Raus jetzt.«
    Tom ist ins Haus gekommen, er sucht mich im Erdgeschoss und ruft nach mir. »Warte! Ich komm gleich runter!«, antworte ich.
    »Immer desselbe. Wenn’s so weit ist, kriegt
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