Nicht Totzukriegen
ihr Weiber nasse Füß«, mosert der Killer.
Ich versuche die Situation zu bereinigen: »Mein Mann und ich haben uns wieder versöhnt. Alles ist gut. Sie können einfach gehen.«
Doch statt einzupacken und sich aus dem Staub zu machen, lädt der Cousin durch und visiert probehalber schon mal die Schlafzimmertür an: »Ist mir egal, bestellt ist bestellt.« Entschlossen verkündet er: »Ich will die Sach endlich einmal zu Ende bringen.«
Endlich zu Ende …? O mein Gott, was macht man mit einem wahnsinnigen Killer im Schlafzimmer? »Kapieren Sie’s nicht? Es reicht, ich stornier den Auftrag!« Ich versuche, ihm die Pistole wegzunehmen, aber es hat keinen Zweck, er hält sie eisern fest. Mitten im Schlafzimmer stehend kämpfen wir um die Waffe.
»Schatz, wo bist du?«
»Bleib unten!«, keuche ich. Vergeblich. Warum hören Männer nie auf das, was man ihnen sagt? Tom kommt ins Schlafzimmer, er sieht, wie ich mit einem fremden Mann rangle – und was macht er? Stehenbleiben. Glotzen. Hilf mir, verdammt! Doch stattdessen fragt er: »Was ist denn hier los?«
Einen kurzen Moment nur lässt der Cousin locker und ich kann ihm die Waffe aus der Hand reißen, aber es gelingt mir nicht, sie festzuhalten, das Metall ist zu glatt. Wie in Zeitlupe fliegt sie im hohen Bogen durch die Luft, sie fällt und fällt und fällt, ich will sie fangen, aber ich schaffe es nicht, ich bin zu spät. Sie prallt mit dem Handgriff hart auf den Boden, ein Schuss löst sich, vorne schlägt Feuer aus der Mündung. Ich drehe mich erschrocken zu Tom um, was ist mit ihm? Er verdreht die Augen und sackt leblos zusammen, der Schuss hat ihn mittig in die Stirn getroffen, aus der Wunde tritt Blut aus. Ich bin bei ihm, er atmet schon nicht mehr, sein Puls schlägt nur noch ganz schwach. Ich beuge mich über ihn, da tippt der Killer mir auf die Schulter und räuspert sich verlegen: »Ich geh dann mal.« Er verschwindet. Ich bleibe mit Tom allein zurück, halte seine Hand, streichle sie.
Bitte, Tom, steh wieder auf. Ein einziges Mal noch. Es muss doch etwas geben, was ich tun kann! Wie ist es die anderen Male gelaufen? Da bin ich eingeschlafen oder aus dem Zimmer gegangen, und schon war er wieder lebendig. Also drehe ich mich weg, schaue wieder zu ihm hin. Dann verstecke ich mich hinterm Bett und luge über die Decke hinweg zu ihm, ich gehe aus dem Schlafzimmer und kehre wieder zurück: Es hilft alles nichts, er liegt immer noch reglos da. Dieses Mal war es ein Unfall: Wirkt der Zauber wirklich nur, wenn ich ihn selbst getötet habe? Ist doch bekloppt.
Ich setze mich neben ihn, ich warte. Es dauert lange, bis ich mich aufraffen kann, Maryam anzurufen.
»Haddad.«
»Maryam, Maryam, er ist tot!«
»O nee, nicht schon wieder«, stöhnt sie genervt. »Weißt du was? Du wartest fünf Minuten und dann schaust du noch mal nach, vielleicht geht’s ihm dann schon besser. Und falls er tot bleibt, kannst du mich gerne wieder anrufen. Okay?«
»Hab ich schon gemacht. Blumen gießen, Zähne putzen, ich hab alles probiert. Er bleibt tot!«
»Klar.«
»Scheiße, Maryam. Es ist ernst. Halt die Klappe und komm vorbei.«
50
»Fuck! Du hast ihn wirklich umgebracht!«
Maryam steht in unserem Schlafzimmer vor Toms Leiche und hat vor Entsetzen die Hände vors Gesicht geschlagen.
»Ich wollte es nicht. Es war ein Unfall.«
»Keine schlechte Strategie, aber das musst du dem Gericht erzählen, nicht mir. Wo ist die Waffe?«
»Hat er mitgenommen.«
»Wer ist
er
?«
»Der Killer.«
»Killer? Was für’n Killer?«
»Maryam, ich hab –«
»Wo bekommst du einen Killer her? Aus den Gelben Seiten? Nicole?!«
»Nein. Von ’nem Taxifahrer. War Zufall.«
Maryam hebt beschwörend die Hände: »Okay. Das wird zu kompliziert. Was wir brauchen, ist ein großer Sack.«
»Ein Sack? Wozu?«
»Wozu wohl? Um ihn verschwinden zu lassen.«
»Das geht nicht, das können wir nicht machen. Vielleicht steht er wieder auf.«
»Klar. Und George Clooney steht auf Frauen.«
Sie hat recht. Dieses Mal ist alles anders. Tom bleibt tot. Wenn ich will, dass er stirbt, dann lebt er, wenn ich will, dass er lebt, dann stirbt er. Das ist nicht fair, finde ich. Was mache ich nur ohne ihn, wie soll es weitergehen? Ich weiß nichts mehr.
Maryam übernimmt die Initiative, sie beschließt, was zu tun ist. Energisch befiehlt sie: »Du machst jetzt genau, was ich sage. Schlimm genug, dass er tot ist; ich möchte nicht, dass du auch noch den Rest deines Lebens hinter Gittern
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