Nicht von dieser Welt
noch ein bisschen ,FIFA 12‘ spielen, mh?“
Damit war die Diskussion Gott sei Dank beendet.
Pferde stehlen
Veröffentlicht am Montag, 24. Oktober 2011 – 13:13
Ich weiß nicht, wie lange ich schreiben kann. Konstantin hat heute seinen freien Tag. Er sitzt nebenan und spielt dieses beknackte „FIFA 12“. Aber ich muss einfach schreiben. Wegen gestern.
Malo war da. Während Ben schlief und Konstantin im Restaurant war, saßen wir in meinem „Arbeitszimmer“ und plauderten. Erst ganz harmlos. Ein bisschen über die ewigen Streitereien um den Euro, die Malo nicht so ganz versteht. (Ich allerdings auch nicht.) Ein bisschen darüber, dass man endlich mal einen geschnappt hat, der ständig Autos anzündet. Was Malo auch nicht so richtig versteht. (Und ich ja sowieso nicht.)
Also sitzen wir da so ohne Verständnis rum, dann kommt wieder sein mittlerweile sehr vertrautes „Ich habe mal eine Frage …“
Ich hoffe inständig, dass nicht wieder was mit Fußball kommt.
„Hast du mal ein Pferd gestohlen?“
Malo hat schon viele merkwürdige Fragen gestellt, aber die gehört jetzt zur Top Drei. Ich sage ihm, dass ich noch nie ein Pferd auch nur geritten habe, geschweige denn gestohlen. Ich wüsste auch gar nicht, was ich damit soll – es würde ja nicht mal auf unseren Balkon passen. Er nickt verstehend. Er weiß ja auch nicht, aber er beschäftigt sich zur Zeit mit der gegenseitigen Anziehung der Geschlechter auf unserem Planeten und dabei scheint das ja irgendwie eine Rolle zu spielen – das mit den gestohlenen Pferden. Langsam dämmert es bei mir:
„Hast du Kontaktanzeigen gelesen?“
Er nickt. Ich seufze. Der arme Mann. Aber ich bin total bei ihm: Mir war es immer schon ein Rätsel, wie man jemanden „zum Pferdestehlen“ suchen bzw. sich selbst als toller Pferdestehler anpreisen kann. Für mich wäre allein die Formulierung ein Ausschlusskriterium.
Ich erkläre Malo also, dass das nur so eine abgegriffene Redensart ist. Niemand will wirklich Pferde stehlen. Hoffe ich zumindest.
„Aber was ist dann entscheidend bei der Wahl des Partners?“
Was soll man da sagen? Ich plappere etwas von Aussehen, Charakter, Humor und so. Aber letztlich ist es das ja alles nicht. Er nickt verstehend. Versteht aber nicht wirklich. Scheint ihm alles fremd zu sein. Mir wird klar, dass ich immer noch nicht weiß, wie das mit Partnerschaften auf seinem Planeten funktioniert. Die Unterhaltungen zu dem Thema waren schon immer schwierig. Aber da wir ja jetzt wieder einfach nur ganz tolle Kumpels sind (quasi zum Pferdestehlen), dachte ich mir, dass ich einfach mal nachhake:
„Wie geht denn das bei euch? Wir sucht ihr eure Partner aus?“
Er wird unsicher. Sicher sagt er gleich wieder, dass er nicht über seinen Planeten reden darf.
„Wir suchen sie nicht aus. Partner werden … zugeordnet.“
Das ist ungewöhnlich offen. Aber auch verstörend.
„Wie?“, frage ich. „Du kannst nicht selbst entscheiden, wen du … heiratest?“
„Ich muss es nicht selbst entscheiden. Es passt auch so. Ich … Ich darf darüber nicht reden.“
Er wirkt plötzlich unsicher. Sehr unsicher. Aber ich Dummerchen halte nicht den Mund, sondern: „Das heißt, du … ihr … verliebt euch nie?“
Noch während ich die Frage stelle, merke ich, dass sie ein Fehler ist. Er schüttelt den Kopf, aber sein Blick sagt „Doch“. Ich weiß genau, was er meint. ER kennt es, verliebt zu sein. Und mir wird klar: Er ist damit möglicherweise alleine auf seinem Planeten. Was für eine Verantwortung. Für mich! Plötzlich wird mir heiß. Und ich kann nur noch an unseren Kuss denken. Ihn fühlen.
‚Warst mal wieder in bisschen naiv, Vanessa. Das ist alles noch lange nicht durch‘, denke ich. Da passiert es: Die Tür zu meinem Arbeitszimmer öffnet sich. Zu den Hitzewallungen kommt nun auch noch ein gehöriger Schreck. Für den ersten Moment denke ich, Ben hat sich irgendwie aus seinem Gitterbettchen gestürzt, weil er seinen geliebten Malo gehört hat. Aber es ist nicht Ben. Es ist Konstantin. Der zum ersten Mal, seit er das Restaurant besitzt, unangekündigt nachmittags nach Hause kommt. Und sieht, wie seine Frau mit einem fremden Mann in ihrem „Arbeitszimmer“ sitzt. Mit Hitzewallungen.
Konstantins Batterien sind alle. Also an seinem Controller von der Xbox, mit der er gerade „FIFA 12“ spielt. Er will über gestern reden. Ich muss aufhören. Bald mehr.
Eingewöhnung
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. Oktober 2011 – 11:20
Ich sitze
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