Nicht von dieser Welt
hier mit meinem Laptop in der wunderschönen Brezel-Bar, trinke einen sicher sehr gesunden Tee mit frischem Salbei und frischem Ingwer. Ich bin alleine. Am Vormittag! Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren!
Ich habe also quasi Lebensfreude. Was ich mir immer gewünscht habe. Aber eigentlich bin ich total durch den Wind. Nein, nicht wegen meines persönlichen Außerirdischen, der gerade mal wieder meine Welt auf den Kopf stellt (dazu gleich mehr), sondern weil Ben zum ersten Mal alleine in der Kita ist. Also nicht allein, da sind ja noch viele andere Kinder und Andrea, eine wunderbare Erzieherin, die er jetzt schon liebt. Aber trotzdem bin ich aufgewühlt. Seit Montag ist Eingewöhnung. (Mit einwöchiger Verspätung wegen unserer kollektiven Grippe.) Nachdem ich nun zwei Vormittage mit ihm gemeinsam in der Kita war, darf/soll/muss ich heute zum ersten Mal eine Stunde raus. Nein, er hat keine Sturzbäche geheult, als mein Abgang angekündigt wurde. Er hat „Tschü-üs“ gesagt, gewunken und sich wieder der Holzeisenbahn zugewendet.
Damit ich mich jetzt nicht zu sehr damit beschäftige, wieso mich das aufwühlt (und Ben nicht), nun mein Bericht, wie das am Sonntag weiterging. Konstantin stand plötzlich in meinem „Arbeitszimmer“, wo ich versucht habe, meinem Lieblingsaußerirdischen unsere Welt zu erklären. Beziehungsweise gerade feststellen musste, dass er noch immer Gefühle für mich hat. Und ich? Na ja. Erst einmal egal, denn da steht ja nun Konstantin, der von meinen regelmäßigen Treffen mit Malo nichts weiß. Natürlich hatte ich mir schon vor Langem eine Erklärung für einen solchen Fall ausgedacht. Versäumt hatte ich offensichtlich, diese Erklärung ausreichend mit Malo abzusprechen.
Meine erstaunlich souverän vorgebrachte Erklärung ist diese: Malo – den ich dann doch lieber mit seinem Fakenamen „Stefan Müller“ vorstelle – ist ein Fernsehproduzent für Dokus und so, der in Berlin eine neue Firma aufmachen will und eine Beratung braucht. Ein ehemaliger Kollege hat mich ihm empfohlen, weil ich vor einer gefühlten Ewigkeit ja selbst mal in der Branche gearbeitet habe. Und na ja, ich berate diesen mir ansonsten vollkommen fremden Mann nun also. Heute und auch nur heute. An der Stelle soll die Geschichte eigentlich aufhören. Malo alias Stefan spielt brav mit, die Männer schütteln sich die Hände. Konstantin scheint die Erklärung zu schlucken. Malo ist ihm sogar sympathisch.
Aber so ganz verstanden hat Konstantin dann doch nicht. Er fragt mich: „Also du hast die Stelle?“
Ich will gerade das Missverständnis aufklären, dass es nicht um eine Stelle, sondern um eine einmalige Beratung geht, da sagt Malo: „Natürlich! Ich kann mir keine bessere Mitarbeiterin vorstellen!“
Konstantin freut sich total: „Super! Das ist doch mal ’ne gute Nachricht!“
Ich: „Es geht aber gar nicht um eine Stelle! Wie denn auch? Ich bin schwanger!“
Konstantin: „Aber du hast doch noch zwei Monate bis zum Mutterschutz! Außerdem ist Ben jetzt in der Kita. Du hast Zeit.“
Auf einmal ist es also etwas Gutes, dass Ben in die Kita soll. Das war nicht immer so. Für den Sinneswandel gibt es nur einen Grund: Konstantins Existenzängste. Das Geld! Während ich das realisiere, sagt Malo seltsam bestimmend: „Zwei Monate reichen vollkommen für den Aufbau der Produktion.“
Konstantin zu Malo: „Klasse. Und wenn der Laden läuft, kann sie später … Wenn Lolle dann auch in den Kindergarten geht … Vielleicht kann sie dann fest bei Ihnen arbeiten.“
Malo: „Sehr gerne. Wer ist Lolle?“
Seit wir wissen, dass wir diesmal ein Mädchen bekommen, hat Konstantin die fixe Idee, sie „Lolle“ zu nennen. Darauf gehe ich jetzt besser nicht ein, sonst fliegt hier gleich mein Ingwer-Salbei-Tee an die Wand.
Schlimmer war sowieso, dass die beiden Männer meine berufliche Zukunft verhandelten. Ohne mich. Und vor allem: Ohne dass es wirklich eine Fernsehproduktion gibt. Zumindest dachte ich, das wäre ein Problem. Ist es aber nicht. Denn Malo hat, wie wir wissen, unendlich viel selbstgemachtes Geld. Wir suchen seit Sonntag ein Büro. Für seine Firma. Für seine ausgedachte Firma. Wo ich ab dem 1.11. arbeiten werde. Halleluja.
Die Stunde ist um. Ich darf zurück zu Ben!
Namen
Veröffentlicht am Freitag, 28. Oktober 2011 – 15:11
Das Problem bei der Namensvergabe für unser kleines Mädchen ist: Ich habe mich damals schon bei Ben durchgesetzt. Sonst würde der jetzt „Rolf“ heißen. Kein Witz.
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