Nicht von dieser Welt
man schwanger ist. Daher war ich Konstantin sehr dankbar, dass er sich ein paar Tage krankgeschrieben hat – um sich um Ben zu kümmern. Obwohl es ihm selbst ja auch nicht gut ging. Er hat eine Menge Punkte gesammelt in der letzten Zeit. Bis zu dem Tag, an dem er sich „FIFA 12“ bestellt hat.
Mein Mann war offensichtlich der Meinung: Wenn er eh untätig zu Hause ist, kann er doch auch mal dieses Spiel ausprobieren, von dem ihm seine Köche ständig vorschwärmen. Man muss sagen: Die Köche hatten vollkommen recht. Das Spiel ist tatsächlich der Knaller. Für Konstantin. Er war überhaupt nicht mehr davon wegzubewegen. Offensichtlich spielt man online gegen irgendwelche anderen Typen in England oder Brasilien. Und da dies live geschieht und man ganz wahnsinnig wichtige Punkte verliert, wenn man so ein Spiel unterbricht, habe ich in den letzten Tagen einen Satz hassen gelernt: „Mach ich, wenn das Spiel zu Ende ist.“ Mein Leben war plötzlich nach der Dauer eines Online-Fußballspiels getaktet. Das ist nicht schön. Nicht, wenn man nach wir vor krank ist, schwanger dazu, dafür das Kind aber schon wieder fit und unternehmungslustig.
Wenn Konstantin sich dann mal um Ben „gekümmert“ hat, saß der auf seinem Schoß und durfte „Fußball gucken“. Was Ben dummerweise gerne macht. Hinzu kam, dass Konstantin wohl nicht besonders gut in dem Spiel war, immer verbissener wurde und trotz Grippe noch nachts um drei vor der Kiste saß, um endlich auch mal zu gewinnen. Hat er dann natürlich nicht und am nächsten Morgen entsprechend schlechte Laune, bis er endlich wieder vor die Kiste durfte.
Gott sei Dank war Konstantin Dienstag einigermaßen fit und ging abends wieder ins Restaurant. Mittwoch hat er sogar normal gearbeitet. Ich war kurz davor, dies zu nutzen, um die Xbox aus Versehen aus dem Fenster zu schmeißen. Aber stattdessen hatte ich endlich wieder ein Treffen mit Malo. Den ich vermisst habe, auch wenn in der letzten Zeit alles so schwierig war.
So, dann saßen wir also gestern Nachmittag da in meinem „Arbeitszimmer“. Malo und ich. Ben schlief. Es war wie in alten Zeiten. Vanessa erklärt ihrem Lieblingsaußerirdischen heimlich die Welt. Nach ein wenig Vorgeplänkel über die Weltereignisse der Woche, sagt er, dass ihm da noch ein Thema unter den Nägeln brennt. Gerade in der letzten Zeit. Ich bin mir sicher, er kommt auf Occupy-Irgendwas zu sprechen. Denn er hat mal gesagt, dass auf seinem Planeten der Besitz „mehr oder weniger“ gleich verteilt ist. Dann muss ihn die Situation hier ja verwundern. Aber nein, darum geht es nicht. Sondern:
„Was hat es mit diesem ‚Fußball‘ auf sich?“
Ich gehe innerlich in die Knie. Natürlich ist es sympathisch, dass es dieses beknackte Spiel auf Malos Planet nicht gibt. Ein Grund mehr (neben der Besitzverteilung und dem Geruch der Männer), dahin auszuwandern. Aber dass er ausgerechnet jetzt mit dem Thema anfängt!
Nun ja, ich habe mich dann redlich bemüht, ihm zu erklären, warum Millionen Menschen wie geisteskrank mehrfach die Woche zugucken, wie Männer einem Ball hinterherrennen. Ich war nicht sehr überzeugend. Er hat die Begeisterung nicht nachvollziehen können. Punkt für ihn. Er gab aber keine Ruhe und wollte zumindest die Regeln erklärt bekommen.
Leute, ich habe nie verstanden, warum immer so ein Bohei um Frauen und die Abseitsregel gemacht wird. Mein Vater hat sie mir als Kind erklärt, seitdem weiß ich sie. Das ist keine Astrophysik! Dachte ich. Bis ich versucht habe, sie Malo zu erklären. Er hat sie nicht verstanden. Es war rührend. Am Ende saßen wir da mit Bens Schlümpfen und ich habe mehr oder weniger ein komplettes Fußballspiel simuliert. Ich! Na ja. Zumindest haben wir viel gelacht und ich habe das Gefühl, dass es mit Malo und mir wieder gut ist. Freundschaftlich. Im Sinne der Planetenverständigung.
Abends kommt Konstantin etwas früher als sonst nach Hause. Ich habe die Schlümpfe noch nicht weggeräumt. Zweiundzwanzig Schlümpfe, auf jeder Seite eine Hustenbonbonschachtel und eine Murmel in der Mitte.
Konstantin: „Was ist das denn?“
Ich: „Weiß nicht. Von Ben.“
Konstantin (baff und auch etwas stolz): „Ben hat das alleine aufgebaut?“
Konstantin steht da. Ich sehe es in seinem Gesicht rattern. Er ist kurz davor, skeptisch zu werden und weitere Fragen zu stellen. Er würde mir nie im Leben glauben, dass ich das einfach so aufgebaut habe. Also sage ich ganz lieb:
„Schatz, ich geh früh ins Bett! Kannst ja
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