Nick Perfect – Bruder per Post
anzuhören, murrte vor sich hin. Ich denke mal, das war okay.
Pa sagte ein paar Dinge, die ich schon wusste: Er und mein Onkel Jean-Pierre hätten Nick und einen zweiten Roboter entworfen und programmiert. Und dann sagte er total interessante Sachen, wie zum Beispiel, dass die Existenz von Nick und dem anderen Prototypen streng geheim sei und dass es in der ganzen Welt nur eine Handvoll Leute gebe, die davon wüssten: Ma, Pa und ich, mein Onkel und seine Freundin und zwei Assistenten, die die Roboter mit zusammengebaut hätten.
» Wie heißt denn der andere Prototyp?«, fragte ich, total aufgeregt, weil ich bei einem streng geheimen Projekt mitmachte.
» Dein Onkel hat ihn Jean-Pierre junior genannt«, erwiderte Pa.
Na, so eine Überraschung… Wieso nennen die Männer in Pas Familie ihre Roboter eigentlich immer nach sich selbst? Es gibt doch Tausende von Namen!
Pa erzählte noch mehr Dinge, die mir neu waren, zum Beispiel, wie der Plan aussah: Die Roboter sollten ein Jahr als adoptierte Söhne bei ihren Gastfamilien verbringen, damit man sah, wie sie aufs Familienleben reagierten und wie die Familien darauf reagierte, dass jetzt ein Roboter dazugehörte.
» Wir werden allen erzählen, Nick sei ein in Frankreich adoptiertes Kind, und wir werden ihn behandeln wie ein Familienmitglied«, sagte Pa. » Und für Jean-Pierre junior in Frankreich gilt das Gleiche.«
In Nicks Innerem surrte ein Ventilator, und es sah aus, als schleiche sich auf die linke Seite seines Gesichts ein Lächeln. Auf Mas Gesicht war allerdings keine Spur eines Lächelns auszumachen.
» Das wird nicht funktionieren«, sagte sie verärgert. » Jeder, der dieses Ding sieht, merkt doch sofort, dass da was nicht stimmt. Dann fliegt alles auf.«
Nicks halbes Lächeln erlosch.
» Da bin ich anderer Meinung, Connie«, sagte Pa. » Schau ihn doch an!« Er warf einen Blick aufNicks wackliges Auge. » Na ja, das lässt sich reparieren. Aber abgesehen davon haben Jean-Pierre und ich alles Menschenmögliche getan, um den Prototypen das Aussehen und die Persönlichkeit von zwölfjährigen Jungen zu geben. Ehrlich gesagt finde ich, dass wir unsere Sache toll gemacht haben, vor allem, wenn man bedenkt, dass Nick und Jean-Pierre jr. die allerersten künstlichen, gentechnisch optimierten, kybernetisch integrierten, bionisch modifizierten Lebensformen sind, die es je gegeben hat.«
Ich sah den Roboter an und fand, dass mein Vater recht hatte. Wenn man mal vom Ventilator und anderen mechanischen Geräuschen absah, und von dem schiefen Lächeln und dem wackligen Auge, hätte man Nick für ein ganz normales Kind halten können.
» Aber wenn jemand erkennt, dass Nick oder Jean-Pierre jr. wirklich künstliche Lebensformen sind«, sagte Pa, » und wenn wir nicht verhindern können, dass er oder sie damit an die Öffentlichkeit geht, dann gehört das eben zur Lernerfahrung mit dazu. Ich finde, es lohnt sich, das Risiko einzugehen.«
» Für dich vielleicht«, murmelte Ma und rieb sich die Stirn. Es sah aus, als bekäme sie Kopfschmerzen.
» Und was passiert, wenn das Jahr vorbei ist?«, fragte ich.
Pa starrte mich an. » In einem Jahr treffen dein Onkel und ich uns in Paris und vergleichen unsere Beobachtungen«, sagte er. » Wenn wir glauben, dass unsere Roboter fürs Familien- und gesellschaftliche Leben bereit sind, werden wir die Welt über unsere Forschung und die beiden Prototypen informieren, in der Annahme, dass wiederum die Welt bereit ist, Roboter in die Strukturen des familiären und gesellschaftlichen Lebens zu integrieren. Ich denke, dass all diese Fragen bis Ende nächsten Jahres beantwortet sein werden.«
» Nick wird aber bei uns wohnen bleiben, wenn das Jahr vorbei ist?«, drängte ich. Ma schüttelte ernst den Kopf. Damit wollte sie wohl stumm ausdrücken, dass man Nick auf jeden Fall zurückschicken sollte.
Pa befahl Nick, seine Hörfunktion abzuschalten.
Der Roboter bestätigte: » Hörschnittstelle deconnecté .« Zumindest behauptete er das. Aber wer weiß, ob er nicht doch heimlich zugehört hat.
» Ben, du musst verstehen«, sagte Pa, der immer noch auf und ab ging, » dass auf sämtlichen Gebieten der Technologie ein Jahr eine sehr lange Zeit ist. In einem Jahr werden Nick und Jean-Pierre jr., oder vielmehr ihre Hardware und Software, veraltet sein. Möglicherweise können wir mit einer Reihe von Updates etwas Zeit gewinnen, aber wahrscheinlicher ist es, dass man sie verschrotten und durch neuere Modelle ersetzen muss.«
» Ihr
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