Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
viel mehr als nur rein
mechanische Beobachtung. Eine Meldung, die »Vier Männer steigen aus einem Wagen, zwei Männer tragen Gepäck ins Haus« lautet, ist schön und gut, aber entscheidend ist die Interpretation dieser Ereignisse. Wirkten sie dabei wachsam?
Schienen sie sich gut zu kennen? Waren sie vielleicht Herr und Diener? Diese Leute trafen sich heimlich in einem abgelegenen Haus und brachten ihre Ausrüstung mit. Das erinnerte mich natürlich an PIRA-Treffs in Nordirland. Die Aluminiumboxen sahen so aus, als wären sie schon viel geflogen, aber an ihren Griffen und den übrigen Gepäckstücken hatte ich keine Anhänger einer Fluggesellschaft gesehen. Vielleicht waren die Männer zu einem Treffpunkt gefahren und hatten ihre
Ausrüstung dort übernommen. Aber weshalb? Was hier ablief, hatte jedenfalls nichts mit den Schildkröten zu tun.
Die Sache wurde allmählich kritisch. Lynn und Elizabeth mussten erfahren, dass nun vier Araber, der Amerikaner und Sarah in diesem Haus waren. Vielleicht wurde London aus ihren Absichten schlau; schließlich musste die Zentrale weit mehr wissen, als man mir mitgeteilt hatte. Mit etwas Glück 247
war Elizabeth unterdessen in Northolt eingetroffen, wo sie über meiner ersten Meldung und den Fotos brütete und dabei Tee trank, der so stark war, dass der Löffel darin stand.
Es war 15.48 Uhr, also wurde es Zeit, das Telefon wieder einzuschalten. Meine erste Meldung lag schon ein paar Stunden zurück, sodass jetzt ein Rückruf mit einer Bestätigung und vielleicht sogar mit weiteren Anweisungen fällig war.
Ich holte das Bosch heraus, schaltete es ein und legte es auf den Rand der Mulde, damit ich sehen konnte, wann es ein Netz gefunden hatte. Dann zog ich die Flash Cards aus meinen Jeans, steckte sie in den 3C und machte mich daran, den nächsten Lagebericht zu verschlüsseln. Der Nieselregen gab sich alle Mühe, richtiger Regen zu werden. Ich konnte hören, wie die ersten Tropfen auf das Laub über mir klatschten. Ich hatte meine Meldung knapp zur Hälfte verschlüsselt, als das Telefon anzeigte, dass es eine Nachricht für mich hatte.
Im selben Augenblick hörte ich eine Stimme – eine
amerikanische Männerstimme. Der Amerikaner tauchte am Garagentor auf und sprach mit jemandem hinter sich, den ich nicht sehen konnte. Ich steckte hastig den Psion ein, schaltete mein Telefon aus und steckte es ebenfalls ein. Der Amerikaner kam allein ins Freie und ging auf den Bootsanhänger zu.
Ich beobachtete, wie er den Trailer zur Seite schob, damit die Flügel des Garagentors sich öffnen ließen. Anscheinend wollte er den Explorer in die Garage fahren. Er setzte sich ans Steuer und ließ den Motor an. Sämtliche Vorhänge des Hauses blieben geschlossen, und ich sah nirgends eine Bewegung, die hätte verraten können, dass weitere Personen im Haus waren.
Ich hatte richtig vermutet. Kurze Zeit später war der Geländewagen in der Garage geparkt, der Bootsanhänger stand 248
an seinem früheren Platz, und der Amerikaner war wieder hineingegangen.
Am Haus hatte sich nichts verändert. Die Vorhänge blieben geschlossen. Im Versteck war es jetzt nass und scheußlich. Der Regen war stärker geworden. Ich hörte ihn in den Bäumen, und er tropfte vom Laub des Buschs durch mein Tarnnetz und lief mir über Gesicht und Nacken. Ich wischte einen kleinen Zweig weg, der an meiner Backe klebte. Wie jedes Mal, wenn ich mich in einem Beobachtungsposten befand, hatten die
Elemente sich gegen mich verschworen; ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es in Strömen gießen würde.
Ich holte das Telefon wieder heraus, schützte es mit meinem Oberkörper vor dem Regen, schaltete es ein, gab die PIN-Zahl ein, wählte die Nummer von »Kay’s Sweetshop« und ergänzte sie durch meine Pin: »2442«. Die Nachricht würde genau wie meine Meldung in Fünfergruppen übermittelt werden, die ich mit Hilfe eines Einmalschlüssels in Klartext übersetzen konnte, aber sie war auf ein Endlosband gesprochen, das weiterlaufen würde, bis ich den Empfang der vollständigen Nachricht bestätigte.
Ich hielt das Telefon an mein Ohr gepresst und schaltete dabei den Psion auf Textverarbeitungsmodus um. Während eine Frauenstimme die Fünfergruppe verlas, tippte ich sie auf meiner Tastatur ein. Das war einfacher, als sie mühsam mitzuschreiben.
»Gruppe sechs: 14732. Gruppe sieben: 97641. Gruppe …«
Ich wusste, dass die Übermittlung abgeschlossen war, als die Frauenstimme sagte: »Gruppe sechzehn:
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