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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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mich nicht lange aufhalten würde. Das weit größere Problem war, wie ich an das Schloss
    herankommen sollte, ohne dass alle Sensoren verrückt spielten.
    Ich hatte eine klare Vorstellung davon, woraus mein Auftrag bestand. Ich besaß alle vorerst möglichen Informationen über den Gegner und das Objekt, in das ich würde eindringen müssen. Jetzt musste ich mir überlegen, wie der zeitliche Ablauf aussehen sollte. Während ich so dalag und mir das Haar aus der Stirn strich, weil es das Regenwasser in mein Gesicht zu leiten schien, dachte ich über die fünf Phasen meines Einsatzes nach und versuchte, jede genau zu planen.
    Ich sah mir das vorgelagerte Gelände an. Ich stellte mir die möglichen Routen vor, als säße ich ganz bequem vor einem Bildschirm, der mit einer Kamera verbunden war, mit der jemand die verschiedenen Annäherungswege aufnahm.
    Als Nächstes dachte ich über verschiedene Methoden des Eindringens nach. Ich stellte mir vor, wie ich Schlösser zu knacken versuchte und was ich tun würde, falls ich damit nicht weiterkam. Das musste nicht unbedingt funktionieren, aber so 258
    hatte ich wenigstens einen Ausweichplan. Unternehmen dieser Art sind keine Wissenschaft. Spionagefilme erwecken
    vielleicht den Eindruck, dabei werde so perfekt gearbeitet, dass alles mit der Präzision eines Uhrwerks abläuft. Das ist in Wirklichkeit aus dem einfachen Grund nicht der Fall, weil wir alle Menschen sind, die als Menschen Fehler machen – so wusste ich, dass meine eigene Fehlerquote bei etwa vierzig Prozent lag. Berücksichtigt man außerdem, dass die Leute, gegen die man arbeitet, ebenfalls nicht unfehlbar sind, kann es kein Patentrezept für sichere Erfolge geben.
    Schnelligkeit und Beweglichkeit, mit der Menschen sich auf neue Situationen einstellen, sind die einzig wahren Maßstäbe für menschliche Intelligenz. Im Einsatz muss man flexibel wie ein Gummiband sein – und das wird man hauptsächlich durch Planung und Vorbereitung. Kam es dann zur unvermeidlichen Krise, würde ich mit etwas Glück nicht wie ein vom
    Scheinwerferlicht eines Autos geblendetes Kaninchen
    dahocken. Wie hatte Napoleon oder irgendein anderer
    berühmter Feldherr einmal gesagt? »Bleiben dem Gegner nur noch zwei Möglichkeiten, kann man sich darauf verlassen, dass er die dritte wählt.«
    Nach einiger Zeit hatte ich einen brauchbaren Plan –
    zumindest einen, den ich dafür hielt. Ob er etwas taugte, würde sich bald herausstellen. Ich sah auf meine Armbanduhr: 17.32
    Uhr. Also blieben mir noch elf Stunden, um in das Haus einzudringen und Sarah rauszuholen. Aber das war rein zeitlich gedacht; wichtigere Faktoren waren Tag und Nacht.
    Ich konnte mein Versteck nicht schon bei Tageslicht verlassen; alle meine Bewegungen mussten im Schutz der Dunkelheit stattfinden.
    259
    London wollte, dass Sarah vor fünf Uhr aus dem Haus
    entführt wurde. Hell wurde es gegen 5.30 Uhr – im Wald jedoch etwas später. Also musste ich sie mir bis drei Uhr schnappen und aus dem Haus bringen; dann hatte ich ungefähr zwei Stunden Zeit, um bei Dunkelheit aus dieser Gegend zu verschwinden. Sonnenuntergang war kurz nach 19 Uhr, aber ganz finster war es erst eine Stunde später. Folglich blieben mir effektiv sieben Stunden Arbeitszeit. Aber ich konnte nicht ins Haus eindringen, so lange dort noch jemand wach war. Und was würde ich machen, wenn um zwei Uhr morgens noch alle auf den Beinen waren?
    Unterdessen hatte ich meine Gegner bewusst
    entpersonalisiert. Für mich waren sie nur Ziele – nicht anders als das Haus. Von nun an würde ich sie mir nicht mehr als Menschen vorstellen; das durfte ich nicht, denn es konnte mich bei der Durchführung meines Auftrags behindern. Eine Ironie des Schicksals wollte es, dass Sarah mich einmal nach meiner Motivation für meine Arbeit gefragt hatte. Ich hatte ihr erklärt, ich hätte keine Lust, mich allzu gründlich zu analysieren, weil mir das Ergebnis vielleicht nicht sonderlich gefallen würde.
    Mir war bewusst, dass ich einige wirklich schreckliche Dinge getan hatte, aber ich hielt mich trotzdem für keinen allzu schlechten Menschen.
    Die Frage, die mich schon immer mehr beschäftigt hatte, lautete: Warum machte ich diesen Scheiß überhaupt? Ich hatte mein ganzes Leben damit verbracht, in nassen Löchern rumzuhocken. Schon beim Militär hatte ich mich gefragt: Warum eigentlich? Damals hatte ich keine Antwort gewusst; ich wusste auch heute keine. Für Königin und Vaterland? Nö.
    Ich kannte niemanden, den das

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