Nick Stone - 04 - Eingekreist
auf dich, und ich muss zusehen, dass ich … nun …«
»Dass du dein Zeug in Ordnung bringst?«
Wir lächelten beide. »Richtig! Erst muss ich mein
Zeug in Ordnung bringen.«
Monica öffnete die Schiebetür mit einem herzlichen
Lächeln für Kelly. »Wir müssen fahren, Schatz.«
Kelly betrachtete mich mit einem Gesichtsausdruck,
den ich nicht deuten konnte, und ich fürchtete einen schrecklichen Augenblick lang, sie werde in Tränen
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ausbrechen. »Kann ich mit Dr. Hughes reden?«
Ich musterte sie ehrlich besorgt. »Weshalb? Wie
kommst du darauf?«
Auf ihrem Gesicht erschien ein breites Grinsen. »Na ja, mein Dad hat sich eben von meinem anderen Dad
scheiden lassen. Das muss ausdiskutiert werden.«
Das brachte auch Monica zum Lachen. »Du hast zu
oft Ricki Lake gesehen, Schatz!«
Kelly lächelte mir zu, als ich ausstieg und die
Schiebetür schloss, und Monica fuhr davon.
Josh, der seiner Schwester nachsah, sprach durchs
Fahrerfenster mit mir, als ich zu dem Dodge zurückkam.
»Der Shuttlebus zum Bahnhof fährt vor dem
Ankunftsgebäude ab.«
Ich nickte, hob grüßend die Hand und wollte zum
Aufzug gehen, aber er hatte noch etwas hinzuzufügen.
»Hör zu, Mann, vielleicht bist du doch nicht so
emotional verkümmert, wie ich dachte. Trotzdem musst du deinen Scheiß endlich in Ordnung bringen, damit wir nicht mehr damit belästigt werden. Du musst dein
Leben in den Griff kriegen, Mann, dir ’ne Religion
suchen, irgendwas.«
Ich nickte nochmals, als er zwei Wagen hinter dem
Voyager davonfuhr, und lehnte mich nachdenklich an
einen Betonpfeiler, während ein weiterer Jet im
Landeanflug über mich hinwegdonnerte.
Kelly war durch ihre schrecklichen Erlebnisse
verstört, und mein Verhalten hatte alles noch
verschlimmert. Aber ich würde sie nicht einfach Josh überlassen und mich nicht mehr um sie kümmern. Das
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wäre der einfachste Ausweg gewesen. Sie brauchte nicht nur zwei Elternteile, sondern hatte auch zwei verdient, selbst wenn sie geschieden waren. Ich hoffte, dass es Kelly half, wenn ich für sie da war, auch wenn ich nur sporadisch Zeit für sie hatte. Außerdem wollte ich für sie da sein.
Das war also mein Plan. Sobald ich mein »Zeug« in
Ordnung gebracht hatte, würde ich zurückkommen und
eine förmliche Vereinbarung mit Josh treffen. Wir
würden meine Besuchsrechte regeln und ein System
finden, das Kelly gab, was sie am meisten brauchte: ein geregeltes Leben und die Gewissheit, dass die Menschen um sie herum für sie da waren.
Aber es würde nicht leicht sein, mein »Zeug« in
Ordnung zu bringen. Wollte ich sicherstellen, dass ich, Kelly und sogar Josh und seine Kinder jetzt und in
Zukunft nicht mehr befürchten mussten, Zielpersonen zu sein, waren zwei Hindernisse zu überwinden.
George und der Jasager.
Der Schlüssel zur langfristigen Lösung dieses
Problems lag bei George. Er konnte die Meute
zurückrufen. Und Verbindung mit ihm aufnehmen
konnte ich über Carrie. Was ich dann tun würde, war mir rätselhaft, denn George würde verdammt sauer sein.
Das waren ganz neue Überlegungen, mit denen ich mich noch gar nicht befasst hatte.
Als Erstes musste ich nach Marblehead, und die
beiden Züge, die ich nehmen würde, würden mich bis
morgen früh um sechs dort hinbringen. Carrie oder ihre Mutter müssten eigentlich leicht zu finden sein. Das 582
Nest war nicht allzu groß.
Was das kurzfristige Problem des Jasagers betraf,
musste es für den Fall, dass Sundance und Laufschuhe schon unterwegs waren, rasch gelöst werden. Ich hatte weiter meine falsche Identität und die angeblichen
Tonbandmitschnitte, von denen ich George erzählen
würde, und Kelly war in Sicherheit. Der Gepäckschein war drei Monate lang gültig und hinter einem
Münztelefon auf dem Bahnhof Waterloo Station
versteckt. Ich würde ihn vor Ablauf der
Aufbewahrungszeit holen und meine Tasche anderswo
unterstellen müssen.
Unter keinen Umständen würde ich ihn schon jetzt
anrufen. Dieser Anruf wäre zurückverfolgt worden.
Anrufen konnte ich morgen vom Bahnhof Boston South
aus. Oder vielleicht würde ich anrufen, während ich in Washington auf dem Bahnhof Union Station auf den
Anschlusszug nach Norden wartete.
Dann dachte ich: Wozu willst du überhaupt nach
England zurück? Was wartet dort außer einer
Sporttasche auf dich?
Ich begann zu fantasieren und malte mir aus, dass
George mir vielleicht sogar einen amerikanischen Pass besorgen würde, wenn ich meine Karten
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