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Nie genug (German Edition)

Nie genug (German Edition)

Titel: Nie genug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Hinz
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mir gerade eröffnet, dass mein größtes Vorbild, Lauren Heart, auch an der Fragerunde teilnehmen wird. Ihr Dolmetscher steht neben uns und fummelt gerade an seinem Kopfhörer.
    „Du bist gut, Emma. Du gehörst in diese Runde. Stell dein Licht nicht unter den Scheffel.“
    Das höre ich in letzter Zeit öfter. Ich nehme Tina das Sektglas aus der Hand, leere es in einem Zug und gehe dann auf die Bühne. Bevor ich mich in einen der schwarzen Ledersessel setze, gebe ich jeder der anwesenden Damen die Hand, und versuche bei Lauren Heart nicht zu offensichtlich das Fangirl zu geben.
    Der Moderator bringt die Zuschauermenge halbwegs zur Ruhe und beginnt damit, unser Gespräch in Gang zu bringen. Er stellt vorher abgesprochene Fragen an jede Einzelne von uns und lässt schließlich das Publikum zu Wort kommen. Es sind bestimmt drei- bis vierhundert Leute in dem Saal und es ist nicht so einfach, eine Ordnung reinzubekommen, damit auch alle verstehen, was gesprochen wird. Ich bin froh um jede Sekunde, in der der Fokus nicht auf mir liegt. Bisher bin ich von neugierigen Fans verschont geblieben. Kein Wunder, denn Lauren Heart ist natürlich viel interessanter als eine Gemma Lennart. Ich komme mir mit meinem englischen Fakenamen neben ihr ohnehin etwas lächerlich vor.
    Irgendwann bekomme auch ich ein paar Fragen, die ich knapp, aber freundlich beantworte. Ich bin wesentlich besser im Umgang mit Fans übers Internet, als auf solchem Wege. Die anderen Damen in der Runde werden auch in die Mangel genommen und geben mir immer mal wieder einen Moment zum Durchatmen. Ich fühle mich ganz wohl in meinem neuen Kostüm und den schwarzen High Heels, aber dennoch mag ich es nicht, wenn ich so unter Beobachtung stehe.
    Gerade will ich nach meinem Wasserglas greifen, als der Moderator wieder meinen Namen aufruft, und zielstrebig zu einer Person im Publikum geht. Ich muss für einen Moment gegen die Scheinwerfer anblinzeln, um etwas erkennen zu können, aber was ich da sehe, kann ich einfach nicht fassen. Es ist Sam, mein Sam. Und er scheint den festen Vorsatz zu haben, mir ein paar Fragen zu stellen. Jeder Versuch, ihn mit Blicken zu stoppen, ist in dieser Situation aussichtslos.
    „Der erste Mann in der Runde, der eine Frage an Gemma hat“, verkündet der Moderator, damit auch jeder uns Aufmerksamkeit schenkt. Ich möchte im Boden versinken, sterben und mich dann in Luft auflösen. Das wird er büßen.
    „Erstmal möchte ich sagen, dass ich ein großer Fan bin“, fängt er an, als würden wir uns tatsächlich nicht kennen. Ein Raunen geht durch die Menge, als auch der letzten Dame klar wird, was für ein Mann da gerade Fragen stellt.
    „Danke“, reagiere ich höflich und distanziert.
    „Dann ist mir in ihren Romanen ein Muster aufgefallen. Ausnahmslos alle männlichen Protagonisten sind in irgendeiner Weise groß, breitschultrig und nicht ganz hässlich, sowie in den meisten Fällen tätowiert.“
    Oh, Sam. Dafür wirst du bezahlen. Auch wenn du gerade noch so sehr zum Anbeißen aussiehst, in deinem eng anliegenden, schwarzen Hemd und der grauen Anzughose.
    „Das stimmt.“ Ich nicke, und ermutige ihn damit, fortzufahren. Meine zitternden Finger lege ich auf meinen übereinandergeschlagenen Beinen ab.
    „Verzeihen sie mein forsches Vorgehen, aber falls das irgendeinen Aufschluss auf ihren persönlichen Männergeschmack gibt, dann würde ich sie gerne fragen, ob sie heute Abend mit mir ausgehen.“
    Damit hat er sich erfolgreich die Aufmerksamkeit des gesamten Saals, inklusive der Fotografen, gesichert. Oh, Samuel Wagner, ich bringe dich um.
    Ich bin nicht in der Lage, irgendeine Antwort darauf zu geben, und schieße ihm stattdessen nur Giftpfeile mit meinen Blicken zu. Die ersten Frauen aus dem Publikum klatschen und feuern mich an. Sam legt in einer flehenden Geste die Handflächen aneinander und lächelt mir zu.
    Tina tippt mir auf die Schulter.
    „Ich regel das“, flüstert sie mir ins Ohr. Ich sehe nur noch ihre Kehrseite, als sie sich einen Weg durchs Publikum bahnt.
    Die Menge wird unruhig, und die ersten Frauen rufen, dass sie Sam nehmen würden, wenn ich ihn nicht möchte. Gott sei Dank hat der Moderator Mitleid mit mir und sucht sich einen neuen Fan, die dann zum Glück auch keine Fragen an mich hat. Ich beobachte Tina, die sich mit Sam unterhält und ihn dann mit nach draußen nimmt. Sie kommt wenige Momente später mit einem Grinsen im Gesicht wieder rein. Hoffentlich war sie nicht zu hart.
     
    Seit zwei Stunden

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