Nie genug (German Edition)
sitze ich schon in einer Reihe mit den anderen Autorinnen und signiere meine Bücher. Mein Rücken tut weh, und auch mein Handgelenk macht mir wieder Probleme, doch es wäre wohl noch schlimmer, wenn ich nicht Sams Bandage tragen würde.
Sam. Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu ihm ab, und ich kann nicht anders, als innerlich zu grinsen und einen kleinen Freudentanz aufzuführen. Eigentlich müsste ich sauer sein, doch ich kann ihm das nicht übel nehmen. Er hat nichts getan, um mich zu blamieren, außer mich sehr originell anzuflirten. Meine Finger jucken, ihm eine Nachricht zu schreiben, doch ich hatte bis jetzt keine ruhige Minute. Allmählich reduziert sich die Schlange der Fans und es sieht so aus, als wäre dieser lange Tag bald beendet.
Inzwischen sehe ich kaum noch hoch, wenn ich meine Bücher signiere, doch in diesem Augenblick muss ich nicht aufschauen, um zu wissen, wer wenige Zentimeter vor mir steht. Eine ältere Dame ist noch vor ihm dran und lässt sich von mir zwei Bücher unterschreiben. Hinter ihm steht niemand mehr. Er hat gewartet, bis ich Zeit habe. Als die Frau mit ihren Bücher Platz macht, baut er sich vor mir auf, und legt mir alle sechs Bücher, die ich ihm gegeben habe, auf den Tisch. Jedes einzelne Taschenbuch weißt deutliche Lesespuren auf. Er hat sie eindeutig alle gelesen. Ich spüre die Blicke der anderen Leute um uns herum. Natürlich warten alle, was jetzt passiert, da Sam vorhin ein kleines Spektakel aus uns gemacht hat.
„Für wen soll ich signieren?“, frage ich sachlich, doch meine Mundwinkel zucken unwillkürlich, was auch Sam nicht entgeht.
„Für Samuel, der eine Schwäche für leidenschaftliche und kurvige Frauen hat.“
Ich sehe Tina ein paar Schritte hinter ihm stehen, die mir aufmunternd den ausgestreckten Daumen entgegenhält.
„Ich hasse dich, Sam“, flüstere ich, während ich seine Bücher signiere.
„Tust du nicht. Du liebst mich.“
„Was macht dich so sicher?“
„Geh mit mir aus, dann sag ich es dir.“
Was kann ich anderes tun, als zuzustimmen? Der Mann bringt mich noch ins Grab.
„Ich kann es nicht glauben, dass du das getan hast.“ Immer noch fassungslos sitze ich mit Sam in einem Restaurant am Fischmarkt.
„Wenn es geholfen hat, dass ich deine Aufmerksamkeit wiederbekomme, dann war es das wert.“ Er reicht über den Tisch und nimmt meine Hand. Wir sind bereits beim Dessert und der Wein ist mir auch schon etwas in den Kopf gestiegen.
„Wie bist du eigentlich hier hingekommen? Du bist doch nicht die ganze Strecke mit dem Motorrad gefahren, oder?“
Sam schüttelt den Kopf.
„Nein. Ich bin mit dem Zug gekommen. Es war eine spontane Eingebung, deswegen hab ich noch nicht mal ein Zimmer. Markus wollte mir eigentlich sein Auto leihen, aber Nadine geht es nicht so gut.“
„Oh. Was ist denn los mit ihr? Ich hab gar nichts von ihr gehört.“ Auch ich habe mich schon ein paar Tage nicht mehr gemeldet.
„Keine Ahnung. Sie ist sehr schlapp und hatte wohl ein paar Krämpfe. Die beiden sind heute Morgen zum Notdienst gefahren.“
„Hast du etwas dagegen, wenn wir sie gleich noch mal anrufen?“
„Natürlich nicht, Em.“ Sam schenkt mir ein warmes Lächeln. „Was sollte ich denn bitte dagegen haben?“
„Ich will nur unseren Abend nicht unterbrechen.“
Ich nehme den letzten Löffel von meiner Mousse au Chocolat und lasse sie mir genüsslich auf der Zunge zergehen.
„Haben wir denn einen gemeinsamen Abend? Oder schickst du mich gleich wieder in die Wüste, beziehungsweise nach Hause?“ Sam sieht mich hoffnungsvoll an. Als ob ich je eine Chance gehabt hätte, ihn loszuwerden.
„Natürlich haben wir das. Auch wenn ich dir zuerst am Liebsten den Hals umgedreht hätte. Was du heute getan hast, hat mir echt viel bedeutet.“
„Erklär mir warum, Emma. Ich will verstehen, wie du tickst.“ Er winkt den Kellner ran, und zieht sein Portemonnaie aus der Hosentasche.
„Du hast Rücksicht auf meine Privatsphäre genommen, und trotzdem deutlich gemacht, dass dir mein Job nicht unangenehm ist.“
Sam lacht.
„Ich würde das jedem erzählen, wenn es für dich okay wäre. Du weißt schon, welchen Job ich habe? Wie kann mir das unangenehm sein? Ich könnte eine Pornodarstellerin als Freundin haben, und niemand würde das merkwürdig finden.“
„Bist du da so sicher?“ Natürlich übertreibt er da etwas, aber ich verstehe, worauf er hinaus will.
„Na gut, meine Mutter hätte
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